Die Nacht der Uebergaenge
diesem
Schicksalsgeschwafel genauso wenig anfangen konnte wie Romy. Auch für ihn war
diese Soulmate-Sache neu. Beide fürchteten die Zurückweisung des anderen, die
doch aber aufgrund ihres vorherbestimmten ewigen Bundes niemals kommen würde.
„Gern
geschehen“, war alles, was er zur Erwiderung sagen konnte, nachdem sie ihm
dafür gedankt hatte, hergekommen zu sein. Sie hatte ihm nichts vorgespielt, sie
war einfach nur unsicher. Aus verständlichen Gründen, die er vor ihr hätte
erkennen müssen, wenn er sich schon selbst damit brüstete, so allwissend und
klug zu sein.
„Das war
ich dir schuldig. Bekky erfährt sicher nichts von mir. Sie ist deine kleine
Schwester. Du wirst es ihr dann erzählen, wenn der richtige Zeitpunkt da ist.“
Vorsichtig erhob er sich von seinem Platz. Der Stuhl schien genauso erleichtert
zu sein wie er, nicht mehr darauf sitzen zu müssen.
Er musste
sich jetzt nur noch verabschieden, aber das erschien ihm zu simpel. Einem
inneren Impuls folgend, beugte er sich über die Schreibtischplatte vor und gab
Romy zum Abschied einen zärtlichen Kuss auf die zu einem tapferen Lächeln
geschürzten Lippen. Danach sah er ihr tief in die feucht glänzenden, grünen
Augen und schüttelte nachsichtig lächelnd den Kopf, während er sich darum
bemühte, das Grau seiner Augen etwas wärmer werden zu lassen und ein klein
wenig mehr Emotion als sonst darin widerspiegeln zu lassen.
„Ich gehe
jetzt, dann kannst du weiterarbeiten. Du weißt ja, wo du mich finden kannst,
wenn etwas sein sollte. Ich bin immer für dich da.“
Für die
Zukunft würde er mehr Geduld mit ihr aufbringen. Er würde ihr zuhören und sich
öfter für sein unnachgiebiges Verhalten entschuldigen. Das konnte nicht so
schwer sein, ihr Vertrauen zu gewinnen. Er musste sich einfach mehr an Nathan
anpassen. Sich vielleicht hin und wieder einen freundschaftlichen Rat holen,
damit Romy ihre Angst vor ihm verlor und er seine vor ihr.
„Grüß
Bekky von mir, ja?!“
Am liebsten hätte er sie gleich noch mal geküsst. Im vollkommen unpassendsten
Moment. Dieses beständige Verlangen, das sie in ihm auslöste, ließ ihn in ihrer
unmittelbaren Nähe nur noch schwer zu Atem kommen. Jede Faser seines Körpers
verzehrte sich nach ihr und versuchte, ihn dazu zu überreden, ihr zu zeigen,
wie wenig er an ihre Unzulänglichkeiten glaubte. Für ihn war sie schlichtweg
perfekt. Natürlich immer noch unter dem Aspekt, nicht verbal miteinander
kommunizieren zu müssen, aber er hatte fest vor, an sich zu arbeiten und sich
nie wieder einfach so über ihre Zweifel hinweg zusetzen.
Sie hatte ihn gerade ganz schön zum Nachdenken angeregt. Chryses würde ihr in
dieser Beziehung den nächsten, ersten Schritt überlassen. Schließlich war er in
den letzten Tagen tonangebend genug gewesen, was überhaupt nicht gut für sie
beide zu sein schien.
Romy
wurde diesmal wirklich ganz anders. Der Blick, den ihr Rys nach diesem kleinen
Kuss schenkte, den sie nur zu gern vertieft hätte, ging ihr durch und durch.
Ihr Herz klopfte zum Zerspringen und schien ihm regelrecht zuzufliegen. Er
behandelte sie nicht wie etwas Zerbrechliches, er schien zu verstehen, dass sie
den Abstand zu ihm benötigte, um erst einmal mit sich selbst klar zu kommen.
Und mit diesen Gefühlen, die ihr die Brust zu sprengen drohten.
„Komm gut
nach Hause!“, sagte Romy leise, die lieber sitzen blieb, bevor sie dem Impuls
nachgab, sich an seinen Hals zu werfen.
Sie begnügte sich damit, seinem Rücken beinahe sehnsüchtige Blicke hinterher zu
werfen. Sie hatte noch nie einen Mann angeschmachtet, ein weiterer Grund,
unsicher zu sein. Allerdings spürte sie diesmal einen Anflug von Wärme, der die
Unsicherheit wenigstens ansatzweise zum Schmelzen brachte. Romy legte sich
beide Hände über ihre glühenden Wangen und starrte ein bisschen aus der Fassung
gebracht vor sich hin. Rys war über seinen Schatten gesprungen und hatte sie
aufgesucht, einfach um sich bei ihr zu entschuldigen. Sie war ziemlich platt.
Als das
Telefon klingelte, nahm sie ziemlich gedankenverloren den Hörer ab. Zum Glück
war es nur Cat, weil sie sich nicht einmal professionell gemeldet hatte. Sehr
nachlässig von ihr. Dafür stimmte sie dem Vorschlag ihrer zukünftigen Chefin
gerne zu. Training. Das wollte sie in jedem Fall angehen und je schneller, je
besser.
Sie ließ den Laptop herunter fahren und schloss dann den Laden ab. Sie wollte
mit Bekky einen kleinen Bummel durch Möbelhäuser machen. Sie brauchten
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