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Die Nacht der Uebergaenge

Die Nacht der Uebergaenge

Titel: Die Nacht der Uebergaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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konnte.
Wenigstens trugen sie beide schon mal dem Anlass ihres Hierseins entsprechende
Klamotten. Doch allein das ärmellose schwarze, enganliegende T-Shirt, das er
trug, hätte ihr locker als Abendkleid gedient und in die dunkelblauen
Trainingshosen hätte sie nie im Leben reingepasst. So viel Muskeln konnte ein
kleiner Spatz wie Nico nicht einmal mit bestem Willen antrainieren. Ein
Oberschenkel von ihm war doppelt so breit wie ihr winziger Körper.
    Damon
schnaubte verächtlich, während er sie weiterhin wortlos musterte. Das konnte
nie im Leben etwas werden. Nico hatte Angst vor ihm. Nein, nicht direkt Angst,
aber sie war wesentlich schüchterner als gestern Nacht gegenüber Aubrey oder
der Nacht, in der sie...
Weiter kam er nicht. Zimt strömte in die Spitze seiner arrogant empor gereckten
Nase und brachte ihn aus dem Konzept. Verdammt!
Und ihre Augen. Ihre wunderschönen, braunen Augen, mit denen sie erwartungsvoll
zu ihm aufsah.
    Nicht
auszuhalten!
    Sie
machte ihn schon wieder so schwach wie in seinen Träumen und das war schlimmer
als in der Noctis Transitus, da er sich in keinem Fall eine Blöße geben durfte.
Damon wandte sich abrupt von ihr ab. Er war nicht mehr fähig, den unmittelbaren
Kontakt zu ihr aufrechtzuerhalten. Er brauchte Ablenkung. Sonst würde das mit
dem Training niemals etwas werden. Hoffentlich war ihr klar, dass er das nur
aufgrund eines Befehls tat.
    „Fangen
wir mit etwas an, das du schon kannst.“
Aus seinem Mund klang das so, als hätte er schon immer einen Plan gehabt, was
die Gestaltung ihres Trainings anging. Dabei war ihm beim Anblick der
ausgestellten Waffen nur die Szene mit dem Albura eingefallen, den Nico mit
einem gezielten Stoß zur Strecke gebracht hatte. Vielleicht wurde er die dummen
Gedanken, die ihr galten, los, wenn er ihr die Gelegenheit gab, ordentlich auf
ihn einzuhacken.
     
    Es fiel
Nico nicht leicht, einfach ruhig vor ihm stehen zu bleiben und sich seine
Musterung gefallen zu lassen. Sie konnte förmlich seine Gedanken lesen. Sie sah
es ja selbst, dass sie gegen seine massige Gestalt wie ein hilfloser Zwerg
wirken musste. Und dabei war er der schmächtigste der Krieger. Ihr Herz pochte
heftig gegen ihre Brust, weil sie nicht anders konnte, als sich daran zu
erinnern, wie sie in seinen Armen gelegen hatte. Da hatte sie keine Sekunde
Angst vor seiner Stärke gehabt, sie hatte ihm blind vertraut, dass er ihr
niemals wehtun würde.
    Damon
schien zu einem endgültigen (vernichtenden) Urteil bezüglich ihrer Person gekommen
zu sein, als er sich heftig von ihr wegdrehte, als ob allein ihr Anblick ihn
schon anöden würde. Diese Art der Ablehnung war ziemlich schwer zu ertragen.
Sie versuchte doch, sich völlig normal ihm gegenüber zu verhalten, sie konnte
auch nichts dafür, dass das Orakel ausgerechnet ihn für diese Aufgabe gewählt
hatte.
    Sollte
sie ihm anbieten, dass sie jemand anderes fragen könnte, ihr zu helfen?
Das wäre dann ihre Schuld und nicht seine, falls es dem Orakel zu Ohren kommen
würde. Aber sie selbst sollte eigentlich nicht noch einmal riskieren, etwas zu
tun, was das Orakel gegen sie aufbringen könnte, wo die Dame bisher so geduldig
mit ihr gewesen war.
     
    An der
Wand mit den Waffen, die von den Kriegern beim Training benutzt wurden, griff
Damon nach einem Dolch, dessen Griff Nico mit ihren schmalen kleinen Händen gut
würde halten können. Diesen warf er zur Angabe und zur klaren Abgrenzung seines
Talents gegenüber ihrem nicht vorhandenen in die Luft und fing ihn geschickt,
ohne sich dabei zu schneiden, an der Klingenseite auf, nachdem die Waffe sich
in der Höhe ein paar Mal überschlagen hatte. In einer weiteren, fließenden
Bewegung streckte er Nico den Dolch entgegen.
    „Nimm
ihn! Damit dürftest du momentan den größten Erfolg verbuchen, was deine
Selbstverteidigung angeht. Wir können natürlich auch mit den Grundlagen
anfangen und weiterhin meditieren, aber damit machen wir dich wohl kaum fit für
den Platz in der Quadruga .“
Allein die Art, wie er das Wort, das ihren zukünftigen Platz und Rang
bezeichnete, aussprach, war schlichtweg abscheulich. Er gab ihr mit jeder Silbe
vollkommen absichtlich das Gefühl, niemals zu genügen und ohne ihn
aufgeschmissen zu sein. Sie würde niemals so sein wie Catalina, Romana oder
Awendela. Es sei denn, er würde dafür sorgen.
    „Komm schon,
Nicolasa!“ Damon schenkte ihr ein provokantes Lächeln. „ Nimm den Dolch und
stell dir vor, ich wäre dein schlimmster Alptraum!“
Er wusste ja

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