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Die Nacht der Uebergaenge

Die Nacht der Uebergaenge

Titel: Die Nacht der Uebergaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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nicht, dass dies in etwa genau der Vorstellung entsprach, die sie
von ihm hatte. Wenn auch nicht aus rein negativen Empfindungen.
    „Versuch,
mich zu treffen. Und keine Sorge, falls es klappen sollte. Ich bin hart im
Nehmen.“
     
    Diesen
Teil hatte sie gefürchtet, eine weitere Einschätzung, bei der ihre
Unzulänglichkeiten zu Tage treten würden. Sie runzelte leicht die Stirn, als er
ihr vorführte, wie gut er mit dem Dolch zurechtkam. Das war so herablassend,
dass sich ein kleiner heißer Ball in ihrem Magen formte, der wenig mit der
Sehnsucht nach ihm zu tun hatte. Sie spürte einen Anflug von Wut, wie es ihr
nur sehr selten passierte.
    “Es ist
völlig unangebracht, mich darauf hinzuweisen, Damon! Ich weiß selbst, wo meine
Grenzen sind! Vielleicht würde dir ja Meditation helfen, deine Aggressionen
abzubauen?“, gab Nico spitz zurück, die langsam ihre Zurückhaltung diesem
Großmaul gegenüber vergaß.
Sie war schließlich nicht sein Fußabtreter. Nico umfasste den Dolch mit
entschlossener Miene mit der rechten Hand, weil er ihn ihr so hingehalten
hatte.
    “Du wirst
sicher nichts einstecken sondern deinen Spaß daran haben, mir bei meinen
kläglichen Versuchen zuzusehen!“
Er sollte ja nicht denken, dass sie ihn nicht durchschaute, dazu bedurfte es
nicht einmal einer Vision.
    Seine
Aufforderung, auf ihn einzustechen, machte ihr dennoch zu schaffen. Gewalt war
für sie die letzte Möglichkeit, einen Konflikt zu lösen. Sie war vernünftig
genug einzusehen, dass weder Ghouls noch Alburas ihr zuhören würden. Aber Damon
war kein Feind, er war sogar jemand, den sie mochte. Immer noch. Sie musste an
Romy und Cat denken. Sie musste eben alle persönlichen Bedenken ablegen. Cat
hatte Romy auch aufgefordert, sich nicht zurück zu halten. Es ging um eine sehr
wichtige Sache und sie hatte ja schon bewiesen, dass sie es im Fall des Falles
konnte.
    Ohne
Vorwarnung wechselte sie den Dolch von der rechten in die linke Hand und machte
einen Ausfallschritt nach vorne, wie Mélusina ihr das beigebracht hatte, und
ließ die Klinge quer über seinen Bauch ziehen, so dass ihn nur ein schnelles
Zurückzucken vor einem Treffer rettete, aber sein T-Shirt hatte nun ein
Luftloch, weil das Messer unheimlich scharf war.
Nico tänzelte sofort zurück, weil sie ihrem Gegner keinen Angriffspunkt bieten
durfte. Zuschlagen und zurückweichen, weil sie der schwächere Gegner war. Ihr
Schutzgeist war da sehr gewissenhaft in ihrem Unterricht gewesen, da war Nico
gerade mal zwölf gewesen und noch viel mehr eine halbe Portion als heute. Es
hatte ihr niemals Spaß gemacht, so dass sie heute auch nicht triumphierte, als
Damon ihr einen dermaßen ungläubigen Blick zuwarf, dass sie beinahe aufgelacht
hätte.
    Er stieß
wieder eines dieser ungehaltenen Schnauben aus, die Nico an ein übel gelauntes
Rindvieh erinnerten. Das war ganz sicher ihre erste und einzige Chance gewesen,
ihn zu überraschen. Er hatte nicht gewusst, dass sie Linkshänderin war. Wie
auch? Er hatte sich kaum die Mühe gemacht, etwas über sie zu erfahren. Eine
Entschuldigung sparte sie sich, da nicht wirklich etwas passiert war und er es
ja so gewollt hatte.
     
    Damon
blinzelte irritiert. Mit Widerworten hatte er nicht gerechnet. Nicht von der
süßen, kleinen Nico. Sie nahm ihm mit entschlossener Miene den Dolch ab und er
ertappte sich dabei, sie in diesem Augenblick wieder ganz offen für ihren Mut
zu bewundern. Doch als sie ihm auf den Kopf zusagte, er würde nur ihren Spaß
mit ihr haben wollen, kehrte das bei weitem entschlossenere Gefühl der
Überlegenheit in ihm auf den Siedepunkt zurück. Er würde sich nicht vorführen
lassen.
    Nicht
von einem kleinen, geistersehenden ... „MÄDCHEN!“
    Sie hatte
ihn eiskalt erwischt. Schockiert darüber, dass sie es tatsächlich so schnell
geschafft hatte, ihn mit dem Messer zu schneiden und sei es nur in den Stoff
seines Shirts, machte ihn schier sprachlos. Mit großen Augen starrte er auf sie
herunter, sekundenlang in dieser zurückweichenden Stellung verharrend, bei der er
sinnlos den nicht vorhandenen, jedoch höchst durchtrainierten Bauch einzog, der
innerhalb des gezogenen Schlitz sichtbar wurde.
Nico wich sofort und höchst angriffslustig vor ihm zurück. Damon kniff
ärgerlich die Augen zusammen. Na schön, sie hatte es ja so gewollt.
     
    Die
nächsten beiden Angriffe waren schon von Anfang an zum Scheitern verurteilt
gewesen, weil er es praktisch vorahnen konnte, wenn sie einen Durchbruch
versuchte. Seine

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