Die Nacht der Uebergaenge
entging.
„Dein Arm ist von blauen Flecken übersät, als hätte man mit Eisenstangen auf
dich eingeschlagen…“
Ohne zu fragen, schob er ihre weiße Folklorebluse über dem Bauch nach oben, so
dass Nico keine Möglichkeit hatte, ihn abzuwehren. Er stieß ein leises
Schnauben aus und ließ den Saum der Bluse wieder fallen.
„Blaue
Flecken?!“, echote Nico überrascht und sah selbst noch einmal nach, ob sie
etwas sehen konnte, doch ihre Haut war so blass wie immer.
„Ich sehe nichts… Ich bekomme niemals blaue Flecken… Ich habe… trainiert. Ich
bin leider nicht so gut…“, erklärte Nico dann kleinlaut und blinzelte
angestrengt, um weiteres Fließen von Tränen zu verhindern. Sie war doch nicht
hierhergekommen, um ihm auf die Nerven zu gehen.
"Das
ist merkwürdig! Ich sehe sie genau! Das muss höllisch…“
King umfasste ihren schmalen Unterarm und drückte kurz zu, so dass Nico
schmerzerfüllt zusammen zuckte und überrascht nach Luft schnappte.
„…wehtun!“, schloss er mit einem bedauernden Lächeln, weil er ihr nicht hatte
wehtun wollen. Es ging nur darum, seine Wahrnehmung zu überprüfen, die ihn aber
äußerst selten täuschte, auch wenn er seine Umwelt nicht so wie andere erfassen
konnte.
Nico wusste
nicht, was sie davon halten sollte. King musste über besondere visuelle
Fähigkeiten verfügen, wenn er Dinge sah, die andere nicht sehen konnten.
Vielleicht trug er deshalb eine Sonnenbrille, weil seine Augen hypersensitiv
waren. Aber warum bekam sie für das bloße Auge nicht sichtbare Hämatome? Das
machte doch keinen Sinn.
„Hier…“
King strich mit der Spitze seines Zeigefingers über ihren linken Unterarm.
„...befand sich noch vor kurzem ein Schnitt, sehr fein, wahrscheinlich ein sehr
scharfes Messer. Alles andere sieht blutunterlaufen aus“, erklärte er weiter
und legte den Kopf schief, um ihre traurige Miene zu studieren.
„Ich
hatte die Klinge des Dolches locker gelassen und das Messer schnellte aus
meiner Hand… Ich war unaufmerksam… Es war meine Schuld.“
Nico brach so unvermittelt in Tränen aus, dass es sie selbst überraschte. Es
lag nicht nur an den körperlichen Schmerzen, die sie verspürte, es waren
einfach ein paar sehr harte Tage für sie gewesen.
Sie fand
sich sehr bald von seinen starken Armen umfangen, so dass sie ihr Gesicht an
seiner Schulter verbergen konnte, wo sie den Stoff seines Shirts mit ihren
Tränen durchweichte. Ganz behutsam strich er über ihren bebenden Rücken und
sprach leise Worte in seiner Muttersprache, die sehr beruhigend auf sie wirkten.
„Warum
kann ich nicht jemanden wie dich lieben?!“, brach es beinahe verzweifelt aus
Nico heraus, die gleich darauf einen Schluckauf vor Schreck bekam, weil sie das
eigentlich nicht hatte eingestehen wollen.
King
umfasste sanft mit der Hand ihre glühende Wange und strich ihr zärtlich mit dem
Daumen über die weiche Haut, die von Tränen überströmt war.
„Es tut mir so leid, Nico… Ich dachte, dass die Erfüllung des Schicksals für
uns bedeuten würde, dass uns das Herz leichter wird… Es ist ein Chúndù ,
nicht wahr? Ich würde gerne derjenige sein, der deine Sinne erweckt, Nico, doch
das ist leider nicht möglich… Darf ich mir stattdessen anmaßen, dir ein Bruder
sein zu dürfen? Du kannst immer zu mir kommen, wenn der Kummer zu sehr auf
deinem Herzen lastet.“
Nico
schniefte gerührt, dass er sich nicht einfach verärgert abgewandt hatte.
Außerdem hatte er sie sofort durchschaut.
„Ich hätte gerne einen Bruder wie dich gehabt“, flüsterte Nico leise und
schmiegte sich fest in den sicheren Hafen, den seine Umarmung bot. Sie machte
sich keine Gedanken, dass er ihr Handeln falsch verstehen könnte. Er war wie
sie ein Breed und stand vor der Umwandlung, zwischen ihnen würde es niemals die
Art von Anziehungskraft geben, die sie immer in Damons Nähe überkam, egal wie
sehr sie sich das wünschen würde.
King
hielt sie fest, bis sie sich wirklich ausgeweint hatte, danach machte er Tee
und reichte ihr Taschentücher, bevor er sie nötigte, sich auf den Sitzkissen
lang zu machen, damit er ihre Verletzungen behandeln konnte. Er holte einen
Keramikpott aus dem Kühlschrank, in dem er eine süßlich-minzige Paste
aufbewahrte, die er selbst anrührte.
„Entspann
dich einfach. Ich benutze die Salbe auch immer, wenn ich mich… gestoßen habe.“
Er vermied lieber das Wort Verletzung oder Kampf. Er vertraute ihr, aber nicht
den Chúndù , die sie so auf die Straße ließen. Anstatt das
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