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Die Nacht der Uebergaenge

Die Nacht der Uebergaenge

Titel: Die Nacht der Uebergaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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weibliche Besitzerstolz über das schöne Kleid war in sich
zusammengefallen. Sie war sonst auch nicht so auf ihr Äußeres fixiert, dass sie
sich schämte, dieser Schwäche erlegen zu sein und wenn auch nur für ein paar
Tage. Catalina hatte befohlen, dass sie Farbe brauchte, weil sie als Priesterin
ja schon in Weiß gehen würde.
Es war ein Traum aus Organza, das Oberteil mit den schmalen Trägern leuchtend
gelb, dann ging der Stoff langsam in ein warmes Orange über bis es um den Saum
herum zu einem feurigen Fuchsia wurde. Es war wunderbar luftig und die
ausladenden Stoffbahnen verführten geradezu, es am Saum anzuheben und
übermütige Pirouetten zu drehen.
Dazu trug sie römisch anmutenden Sandaletten mit etwas Absatz, deren goldene
Bänder um ihre Unterschenkel gewickelt waren. Nico hatte die ganze Woche geübt,
auf ihnen zu laufen, weil das ihre ersten hohen Schuhe waren, obwohl Catalinas
Absätze an den silbernen Abendschuhen wohl eher diese Bezeichnung verdienten.
Sie lief darauf, als wären sie das bequemste Schuhwerk auf der Welt. Beneidenswert.
    Nico lächelte verlegen auf ihre manikürten Fußnägel herunter,
die denselben Farbton trugen wie das Fuchsia an ihrem Kleid. Das sah ziemlich
ungewohnt und dekadent aus. Ihre Fingernägel an den Händen waren nur mit
Klarlack betont, weil alles andere nach Cats Meinung einfach zu viel gewesen
wäre.
    „Wunderschön!“, seufzte Cat zufrieden auf, als sie den Reißverschluss
des Kleides selbst zugezogen hatte und drehte Nico an den Schultern zu sich
herum.
    „Eine Sache fehlt noch!“, meinte sie lachend, weil Nico
ziemlich skeptisch dreinblickte.
Es war niedlich, dass sie sich Gedanken um Geld machte, aber Cat war schon vor
langer Zeit darüber hinweg gekommen, sich an fremdem Kapital bedienen zu
müssen. Sie wollte einfach ihren Dank zeigen, indem sie dem Mädchen ein paar
Geschenke machte. Ohne Nico hätte sie die letzten Tage nicht so gut gemeistert,
sie verdiente eine kleine Aufmerksamkeit.
    Cat nahm das goldene mit Brillanten besetzte Kruzifix aus der
Schatulle und legte es Nico an einer feinen goldenen Kette um den schlanken
Hals, um dann ein paar Strähnen ihres offenen Haares zurecht zu zupfen. Mit den
Naturlocken sah es offen einfach eine Spur besser aus. Sie selbst hatte die
Haare hoch gesteckt, um den Schmuck besser zur Geltung zu bringen. Außerdem war
sie ja schon älter und nicht der mädchenhafte Typ wie Nico. Diese würde immer
ein wenig wie ein kleines Mädchen in die Welt blicken. Das wünschte sie ihr
jedenfalls, es gab genug Menschen in dieser Gesellschaft, die auf sie aufpassen
konnten, damit sie sich diesen Zug so lange wie möglich bewahren konnte.
    „Danke, es ist wunderschön!“, sagte Nico leise und fuhr
ergriffen über das im Licht funkelnde Schmuckstück.
Cat beugte sich vor und schmiegte ihre Wange kurz an die weiche Haut des
Mädchens, weil sie schon Lippenstift trug und keinen Abdruck hinterlassen
wollte.
    „Ich danke dir ! Und ja nicht weinen! Du trägst
Mascara!“, sagte sie scherzhaft und lachte laut heraus, als Nico hilflos mit
den Wimpern klimperte, um die aufsteigenden Tränen zu vertreiben.
Diesen Augenaufschlag sollte sie mal bei einigen der männlichen Gäste
ausprobieren…
     
    Romy hatte indessen die meiste Zeit dazu genutzt, sich auf
dem Bett auszustrecken und sich auszuruhen. Das würde hilfreicher sein als
jedes Make-up, das man ihr ins Gesicht schmieren konnte. Es war das erste Mal,
seit sie mit ihrer Schwester zusammen wohnte, dass sie deren Gesellschaft
rigoros abgelehnt hatte. Sie konnte nicht auch noch auf ihre wahnwitzigen
Zweifel eingehen, auch wenn sie größtes Verständnis dafür hatte.
    Sie musste den Abend irgendwie heil überstehen. Außerdem
hatte sie zum ersten Mal Blut getrunken und wollte in keinem Fall, dass Bekky
davon erfuhr, bevor die Sache bei ihr nicht perfekt gelaufen war.
Sie durfte den mächtigen Immaculates nicht vor den Kopf stoßen, die sollten
schließlich später ihrer kleinen Schwester helfen, sie musste sich wohl selbst
helfen. Jetzt war sie also offiziell eine Devena. Jemand, der Macht in diesen
Kreisen besaß, allerdings kam es ihr vor, als hätte sie ein stumpfes Schwert in
die Hand gedrückt bekommen.
Was wurde von ihr erwartet, außer dass sie sich gleich da unten zum Affen
machte?
    „Verehrte Devena? Es wird Zeit, darf ich Ihnen beim Ankleiden helfend zur Hand
gehen? Der ehrenwerte Krieger Manasses wartet draußen auf Sie, um Sie dann nach
unten zu begleiten…“,

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