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Die Nacht der Uebergaenge

Die Nacht der Uebergaenge

Titel: Die Nacht der Uebergaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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schon eine Ewigkeit nichts mehr getrunken, verehrte
Schwester.“ Acantha hatte jeden Gedanken Wendys gelesen und leckte sich mit der
Zunge über ihre dunkel geschminkten Lippen und schließlich mit der Spitze über
Wendys entblößte Halsbeuge. Plötzlich roch es im ganzen Raum nach tropischen
Südfrüchten.
    Wendy wagte nicht einmal mehr zu atmen.
Es war genauso einfach wie damals. Das Kind schien nichts dazu gelernt zu
haben. Wirklich gar nichts. Ihr Vater war auch nicht besser. Er hatte sich
dieser Jägerin zugewandt, als würde das Blut unter Ihresgleichen nichts mehr
bedeuten. Aber gut, sie war nicht nachtragend.
Zumindest dann nicht, wenn sie sich jetzt wenigstens einen winzig kleinen
Genuss zukommen lassen konnte.
„ For she's a jolly good fellow …” Acantha hob den Kopf und präsentierte
Wendy lächelnd ihre verlängerten Fangzähne. „... that nobody can deny !”
Dann bog sie mit einem weiteren Zug an den Haaren Wendys Hals zur Seite, um
zuzubeißen...
    „NEEEINNN!“
    „Mein Gott, Wendy. Alles in Ordnung?!“
Rys Harper stürzte ins Zimmer, obwohl er eben noch hatte anklopfen wollen und
zog eine Waffe aus dem Hosenbund seines Smokings, den er gegen die
Kriegermontur ausgetauscht hatte. Wendys Schrei hatte ihn augenblicklich
alarmiert. Schlimmer noch als der Schrei von Romy vorhin, als sie noch alle
unten gewesen waren.
    Wendy lag halb aufgerichtet auf dem Bett und hielt sich eine
Hand an die Schläfe, als hätte sie Kopfschmerzen. Die hatte sie in der Tat und
sie wunderte sich über den stürmischen Besucher, da sie nicht mehr wusste, was
Traum und was Realität war.
„Rys? Was machst du hier? Ich bin eingeschlafen, oder? Hab ich die Party
verpasst?“
Panik stieg in ihr auf, als sie seinen Blick bemerkte, der sich auf einen
bestimmten Punkt ihres Halses konzentrierte und mit einer hektischen Bewegung
tastete sie ihn ab, doch sie konnte keine Unebenheit spüren. Die Begegnung mit
Acantha war also tatsächlich nichts weiter als ein Traum gewesen. Oder etwa nicht?
Langsam richtete sie sich ganz auf und ging ein paar wackelige Schritte durch
das Zimmer. Ihr war schwindelig und der Mund trocken. Auf dem Tablett, auf dem
Theo ihr das Essen gebracht hatte, stand noch ein halbgefülltes Wasserglas.
Wendy griff danach und leerte es gierig. Unterdessen steckte Rys seine Waffe
zurück und musterte sie eingehend.
    Ja, sie hatte bestimmt nur schlecht geträumt.
    „Wolltest du mich abholen? Das ist nett von dir.“ Sie wandte
sich mit einem leicht gequälten aber nicht unehrlich gemeinten Lächeln zu ihm
um.
    Chryses nickte.
„Ja, meine eigentliche Verpflichtung heute Abend hat sich gerade in Luft
aufgelöst.“, murmelte er dumpf, weil Romy schließlich von Manasses begleitet
wurde. Vom Orakel persönlich angeordnet. Na ja, ihm konnte es recht sein. Beide
Schwestern hatten sich schließlich nicht um seine Gesellschaft gerissen und auf
den Kuss, den Romy ihm in der Bibliothek des Eagle Buildings gegeben hatte,
durfte er rein gar nichts geben. Sie war eben nicht auf der Höhe.
Gesundheitlich vollkommen von der Rolle und anfällig für jede Art von nett
gemeinter Zuwendung und er hatte sie provoziert.
    „Romy geht es aber gut, ja?“, fragte Wendy so selbstverständlich,
dass Chryses nicht einmal verblüfft darauf reagieren konnte.
    „Ja, ich denke schon. Wie es die Umstände eben zulassen.“
Chryses zuckte mit den Schultern und lehnte sich geduldig wartend an den
Türrahmen.
    „Sie ist sehr tapfer.“
Wendy bürstete ihr Haar, bis es endlich tat, was es sollte. Glatt über ihre
Schultern fallen.
    „Sind wir das nicht alle, Wendy?“
Rys reichte ihr seinen Arm, als Wendy sich die Schuhe übergezogen hatte und
bereit war, ihm nach unten zu folgen.
    Sie nickte wortlos. Im Moment fühlte sie sich nicht so und
gleich würde sie Catalina ein zweites Mal gegenüber stehen.
Was würde die Devena sagen? Hatte ihr Vater inzwischen mit ihr gesprochen? Er
war nicht gerade ein Mann vieler Worte.
Als sie aus der Tür trat, warf sie noch einmal einen Blick in das Zimmer, das
nicht ihr gehörte und in dem sie nach diesem Alptraum ganz sicher keinen
weiteren Tag verbringen würde, weil sie sich hier nicht sicher fühlte.
Wieder beschlich sie ein grausames Gefühl der Angst. Neben ihrem Waffengürtel,
der zur Seite gerutscht war, lag etwas Blaues. Mitternachtsblau. Ein kleiner
Beutel. Dreimal durfte Wendy raten, was sich darin befand. Acanthas Hexenwerk.
Ein Garant für böse Träume.
Chryses fragte sie noch einmal, ob

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