Die Nacht der Uebergaenge
Lächeln in die wunderschönen Augen
der jungen Frau, die in allen Farben des Regenbogens schimmerten. Ein kurzer
Blick auf ihre linke Wange ließ Cat dann einen leisen, ungehaltenen Ton
ausstoßen.
„Oh, ich hätte besser in die Luft zielen sollen, manchmal bin ich einfach zu
überschwänglich!“, meinte sie mit einem verlegenen Lachen und löste ihre rechte
Hand, um dann mit zarten Bewegungen ihrer Fingerspitzen die Spuren ihres
Lippenstiftes von der Wange zu wischen, die sie in ihrem Überschwang auf der
weichen Haut hinterlassen hatte. Sie dachte keine Sekunde daran, dass es
Nathans Tochter vielleicht unangenehm sein könnte, an diesen Narben berührt zu
werden. Cat hatte zu lange selbst welche getragen, um sie irgendwie längerer
Beachtung zu würdigen.
„Danke, Cat.“
Die etwas überschwängliche Begrüßung von Catalina war mehr, als sich Wendy sich
jemals erhofft hatte. Diesmal stockte ihr Atem vor Freude und es war Rys, der
Cats Handgelenk mit festem Griff packte und sie daran hinderte, den Lippenstift
weiter von Wendys geschundener Wange zu reiben. Sie selbst hätte das niemals
als störend empfunden. Nicht von der zukünftigen Frau ihres Vaters. Eine Devena
tat so was nicht. Rys gab Wendy ein Taschentuch und Nathan zog Cat unauffällig
zurück an seine Seite.
„Denk an deinen Stand, Catalina. du hast eben erst offiziell deinen
Titel bekommen. Niemand hier weiß, dass Awendela meine Tochter ist. Außer den
Kriegern und dem Orakel. Ich wäre dir sehr verbunden, wenn das so bleibt.
Allerdings hat niemand etwas dagegen, wenn du dich mit ihr unterhältst. Das
hier ist aber kein privater Rahmen und ich wäre sehr angetan davon, wenn man
das zumindest diese eine Mal zum Wohle aller bedenkt.“
Rys konnte froh sein, dass er seine Hand behalten durfte, nachdem er sie
unerlaubt angefasst hatte. Sie begrüßte doch nur die Tochter ihres zukünftigen
Mannes, was war daran so schlimm?! So langsam reichte es.
- WIE BITTE?! Nathan Drake ich sollte dir den Hals umdrehen! Hör auf, mir so
belehrend zu kommen! du weißt genau, dass mir diese Umgangsformen schnuppe
sind! Dieses ganze Getue ist zum Kotzen! Und wenn du nicht so ein Geheimnis
darum gemacht hättest, könnte ich mich auch angemessen verhalten, großer
Krieger! Mach nur weiter so und die Gesellschaft hier bekommt wirklich etwas
zum Reden, wenn sich nämlich eine wild gewordene Löwin auf dich stürzt! -,
warf ihm Catalina wütend an den Kopf und hatte wirklich Schwierigkeiten, sich
zu beherrschen.
Sie sah lieber eine Weile lang auf den Boden, bevor sie Awendela mit ihren halb
verwandelten Augen erschreckte.
Wendy nickte ergeben zu den Worten ihres Vaters und wagte nicht, ihm in
die Augen zu sehen. Sie verdankte ihm ihr Leben. Das konnte sie in ihrem Fall
nicht für selbstverständlich und gern geschehen nehmen. Er versuchte wie immer
nur, sie zu schützen. Wer war sie, ihm zu widersprechen?
„Mir tut es auch leid. Ich hätte wissen müssen, dass Nathan nicht offen mit
Euch ...dir... spricht.“ Gern hätte sie Catalinas Hand gedrückt, aber die
Küsse, die die Aufmerksamkeit auf sie gelenkt hatten, waren schon genug der
Zuwendung gewesen.
Cat blickte irritiert auf, als Awendela für ihren Vater in die Bresche
sprang.
„Tu das nicht! Es ist auf keinen Fall deine Schuld! Selbst wenn du ihn kennst
und sein Handeln voraussehen kannst, hätte er mich vorwarnen sollen! Ich möchte
schließlich keinem von euch beiden Schaden zufügen! Nein, das ist gelogen! Ich
würde deinem Vater gerade nur zu gerne an den Hals springen, aber ich werde
mich zurück halten müssen, Patronas tun so etwas nicht!“
Catalina rümpfte pikiert die Nase und starrte die beiden Männer vorwurfsvoll
an. Es passte ihr ganz und gar nicht, wie die Krieger gewisse Dinge handhabten.
“Ich wünschte, sie würden aufhören zu starren! Ich mag mich nicht so
verstellen, wenn ich eigentlich ganz anders reagieren möchte! Bitte… Ich mag
gerade das Ritual hinter mich gebracht haben, aber ich bin bestimmt noch keine
Patrona! Es macht mich wahnsinnig… Ich weiß, ich sollte mehr Respekt zeigen,
aber das fällt schwer. Ich weiß ja nicht, was dein Vater dir überhaupt von mir
erzählt hat, aber ich bin wahrlich nicht das übliche Patrona-Material, dessen
kannst du versichert sein!“
„Ich wollte ihn überraschen. Das ist mir sicher gelungen. Es gelingt mir
immer.“
Ein schmerzlicher Ausdruck trat in Wendys Augen, dann wurde sie allerdings
wieder ernst und demütig.
„Ihr seid die Patrona.
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