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Die Nacht der Uebergaenge

Die Nacht der Uebergaenge

Titel: Die Nacht der Uebergaenge Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: May R. Tanner
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gemeinten Lügen war er des Todes. Zumindest das hatte
Imogen vor ihm gewusst und ihm die rechte Warnung zugesprochen. Hätte sie dies
nicht getan, so hätte sie sich für ihre Hilfe garantiert auch vor den anderen
Devenas verantworten müssen.
     
    Romy sog
scharf den Atem ein, als sich urplötzlich hinter Rys eine weitere Person
materialisierte, die ihn an den Haaren des Oberkopfes packte und einen Dolch
mit blitzender Klinge an seinen entblößten Hals hielt, da sie seinen Kopf weit
zurückgerissen hatte.
„NEIN!“, schrie Romy außer sich, die in dem Griff des Orakels zitterte. Die
nackte Angst überkam sie, die… riesige… Frau hinter Rys könnte ihn ernsthaft
verletzen. Sie war eine unglaubliche Erscheinung in dem mit Strasssteinen
besetzten Abendkleid, das wie eine zweite Haut auf ihrem kurvigen Körper saß.
Die dunklen, lockigen Haare fielen wild auf ihre Schultern, doch es war der
kämpferische Ausdruck in ihren Augen, der Romy am meisten Sorgen bereitete.
    „Es steht
nun einmal die Todesstrafe auf die Beleidigung einer Patrona, verehrte Romana!
Chryses Harpia sollte es als Warrior besser wissen!“, sagte das Orakel mit
schneidender Stimme, die Romy eine Gänsehaut verursachte.

„Er hat nichts getan… Er hat doch gar nichts getan! Das ist alles ein nur ein
schreckliches Missverständnis“, hauchte Romy atemlos, die gerade eine süße
Schwäche in ihre Glieder kriechen fühlte, die sie sich nicht erklären konnte.
Sie verstand nicht, auf welche Art Rys sie hätte beleidigen sollen, wenn sie
ihm doch absolut gleichgültig war. Die letzten Tage war er mehr als
zuvorkommend gewesen. Wenn hier einer sich beleidigend verhalten hatte, dann
doch wohl sie.
    Die große
Frau hinter Rys schnaubte nur verächtlich und der Druck der Klinge wurde
stärker, so dass Romy die Augen weit aufriss und befürchtete, dass gleich sein
Blut fließen würde. Seine Augen waren zugekniffen, als hätte er starke
Schmerzen, was bestimmt auch zutraf, weil das Orakel ihn irgendwie unter
körperlicher Kontrolle hatte. Die Dame war schließlich der mächtigste Vampir in
ihren Reihen und in diesen Augenblicken sah sie auch so aus, selbst wenn ihre
Hülle die einer älteren Dame sein mochte. Romys Nackenhaare stellten sich auf
und ihre Fassungslosigkeit lähmte sie zusätzlich. Sie verstand nicht, was hier
gerade geschah. Woher wusste das Orakel überhaupt, wo sie war und mit wem?
    „Er hat es
gewagt, dir diese unsägliche Phiole auszuhändigen! Das ist Verbrechen genug!“,
erwiderte das Orakel missbilligend und verschränkte die Arme unter Brust, um
den Krieger zu ihren Füßen wie ein armseliges Insekt anzusehen, das sie gleich
mit der Sohle ihres Schuhs zu zertreten beabsichtigte.
    Romy
schluchzte leise auf: „Er wollte mir doch nur helfen! Wie soll ich… Wenn es
noch heute geschehen soll… Es gibt doch niemanden… Muss ich die Ketten wählen?“
Eine Träne löste sich von ihren Wimpern und lief über ihre blasse Wange, weil
ihr das Vertrauen, das sie den Menschen hier entgegengebracht hatte, nun
vollkommen naiv und dumm erschien. Bekky hatte anscheinend Recht behalten.
    „Romana,
liebes Kind! Du bist eine Patrona! Du wählst selbst. Niemand wird dich zwingen.
Außer der Dringlichkeit des Überlebens. Belüg mich bitte nicht. Und belüg dich
nicht selbst!“
Die Bedeutung der sanft geäußerten Worte sank nur langsam in ihr Bewusstsein
ein. Es war einfach ein wenig zu viel für sie, was gerade hier geschah.
    „Bitte, Ihr
dürft ihm nichts tun!“, flehte sie eindringlich und verriet damit hoffentlich
nur, dass sie ein mitfühlendes Herz hatte. Das Orakel würde deswegen doch nicht
annehmen, dass sie Rys Harper völlig unangebrachte Gefühle entgegenbrachte?
Rys’ unterdrücktes Aufstöhnen ließ sie zusammenzucken und dann wurde ihr Körper
von seinen Fesseln freigegeben, so dass sie beinahe das Gleichgewicht verlor.
Sie taumelte vorwärts und sank schließlich vor Rys auf die Knie, die ihr viel
zu schwach geworden waren, um sich selbst auf den Beinen halten zu können. Sie
umfasste sein Gesicht mit beiden Händen und ihr Herz zog sich bei dem gequälten
Ausdruck darin zusammen.
    „Rys, bitte!
Sieh mich an! Bitte, sieh mich an“, flüsterte sie mit sanfter Stimme, in die
sich ein liebevoller Tonfall einschlich, ohne dass es ihr bewusst wurde.
    Die beiden
älteren Frauen tauschten darüber einen verschwörerischen Blick aus, der ihr
vollkommen entging.
Romy hatte vollkommen vergessen, dass sie vom Orakel und einer

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