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Die Nacht der Wölfe

Die Nacht der Wölfe

Titel: Die Nacht der Wölfe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Christopher Ross
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Verfolgern und dem tödlichen Sturz aber auf wundersame Weise entkommen war und sich schwerverletzt aus der Gefahrenzone geschleppt hatte. Eine vage Hoffnung nur, denn selbst wenn das Abenteuer auf wahren Erlebnissen basierte, war es doch nur eine Geschichte, und der Autor hatte wahrscheinlich sein Möglichstes getan, um sie besonders spannend klingen zu lassen. Gut möglich, dass der verletzte Fallensteller in Wirklichkeit gar nicht überlebt hatte.
    Und doch …
    Sie kehrte in den Schlafbereich zurück. »Dolly!«, rief sie mit gedämpfter Stimme. »Dolly! Wach auf! Ich muss dir was Wichtiges sagen!« Ihre Freundin regte sich widerwillig. »Es könnte sein, dass Alex noch am Leben ist!«
    Dolly öffnete die Augen und blickte sie ungläubig an. »Wie bitte?«
    »Es könnte sein, dass Alex noch am Leben ist. Ich weiß, du denkst jetzt sicher, ich hätte den Verstand verloren, aber es könnte doch sein, Dolly!« Sie wurde immer aufgeregter. »Was, wenn er tatsächlich überlebt hat und sich irgendwo versteckt hält, weil er nicht mehr klar denken kann oder schwer verletzt ist und sich nicht von mir helfen lassen will? Was dann, Dolly? Stell dir vor, er lebt den Rest seines Lebens, und wenn es nur ein paar Monate sein sollten, in irgendeinem Indianerdorf, und ich wohne in unserer Blockhütte, nur ein paar Tagesreisen von ihm entfernt … Das wäre doch furchtbar, Dolly!«
    Ihre Freundin war inzwischen endgültig wach geworden und stützte sich auf einen Ellbogen. In ihren Augen stand Unglauben. »Und wie kommst du so plötzlich darauf? Du hast doch selbst gesagt, dass ihn selbst ein Wunder nicht mehr zurückholen kann.« Sie rieb sich den Schlaf aus den Augen. »Ich weiß, wie weh es tut, seinen Mann zu verlieren, Clarissa. Du weißt, wie ich gelitten habe, und obwohl ich seine Leiche gesehen hatte, wollte ich noch Tage später nicht glauben, dass er wirklich tot war. Wenn du so denkst, machst du alles nur noch schlimmer, dann gibt es irgendwann ein böses Erwachen, und du leidest noch viel mehr. Sei vernünftig, Clarissa! Zwei Indianer haben dir gesagt, dass er nicht mehr am Leben sein kann, und die können besser Spuren lesen als jeder andere, das hast du mir selbst gesagt. Wie soll er denn einen solchen Sturz überlebt haben? Mit einer Kopfwunde, selbst wenn es nur ein Streifschuss war? Von seinem Tumor ganz zu schweigen. Und wer weiß, was er sich während des Sturzes alles gebrochen hat?« Sie schüttelte mitfühlend den Kopf. »Er ist tot, Clarissa. Versuch, dich damit abzufinden. Auch wenn du ihn über alles geliebt hast, wirst du eines Tages darüber hinwegkommen.« Sie seufzte. »Und jetzt leg dich wieder hin und schlaf noch ein bisschen.«
    Clarissa ließ sich nicht beirren. »Wenn ich du wäre, würde ich wahrscheinlich auch so denken, aber ich hab da eine Geschichte gelesen …« Sie erzählte von dem Fallensteller, der einen Grizzly-Angriff überlebt hatte und sich heimlich davonstahl, um seinem Sohn nicht zur Last zu fallen. »Damals dachte auch jeder, er könnte den Angriff unmöglich überlebt haben, aber er überlebte schwer verletzt und fing irgendwo ein neues Leben an. Dass Alex den Sturz überlebt und sich irgendwie aus der Felsspalte befreien konnte, ist genauso unwahrscheinlich, und doch ist es möglich, Dolly. Es gibt Wunder …«
    »Du liest zu viele Räubergeschichten«, fiel Dolly ihr ins Wort. »In den Heften steht auch, dass es Buffalo Bill mit zehn Indianern gleichzeitig aufnahm und irgendein Cowboy allein mit tausend Rindern nach Norden zog.«
    »Aber meine Geschichte ist wahr!«
    »Klar … und ich war mit Buffalo Bill verheiratet.«
    Clarissa war viel zu sehr in Gedanken, um auf den Scherz einzugehen. »Bevor ich bei Doktor Candleberry war, habe ich auch nicht mehr an ein Wunder geglaubt, aber seitdem ich von dem Tumor weiß …« Sie seufzte leise. »Ich gebe zu, Dolly, es ist wirklich nur eine vage Hoffnung, vielleicht auch nur die verrückte Idee einer Frau, die nicht wahrhaben will, dass sie ihren Mann verloren hat. Aber es könnte doch sein …« Sie ließ des Satz unvollendet und blickte nachdenklich in das blasse Mondlicht, das durch das Fenster hereinfiel und sich auf ihren Nachtlagern ausbreitete. Die nächtliche Begegnung mit den Wölfen kam ihr in den Sinn, wie Bones dem Nordstern gefolgt war, als wollte er sie auffordern, ihr zu folgen. »Wenn er überlebt hat, ist er vielleicht nach Norden gegangen. Irgendwo in die Wildnis, wo ihn niemand finden kann.«
    »Nach Norden?«

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