Die Nacht der Wölfin
wurde, keuchte und nach Atem zu ringen begann, zu verängstigt, um seine Kräfte vernünftig einzuteilen. Mir ging allmählich ebenfalls die Luft aus. Aber der Geruch hielt mich bei der Stange, der moschusartige, aufreizende Duft, der meinen Magen knurren ließ.
Ich fing Clays Witterung in der Luft auf und jagte den Hirsch auf ihn zu, indem ich mit einem raschen Spurt nach einer Seite ausbrach, was ihn veranlasste, sich nach der anderen zu wenden. Allmählich wurde die Angst des Hirsches zu Panik. Er galoppierte um sein Leben, sprang über umgestürzte Bäume und krachte durchs Unterholz. Die Äste rissen ihm die Haut auf, und der Geruch von Blut sickerte in die Luft. Als wir um eine Ecke bogen, stürzte Clay aus dem Gebüsch und packte den Hirsch an der Schnauze.
Der Bulle kam zum Stehen und schüttelte wild den Kopf, um Clay abzuschütteln. Inzwischen holten wir auf. Ich schoss unter den Bauch des Tiers und grub die Zähne in seine Bauchdecke. Ich schmeckte heißes Blut unter der Fettschicht, und das Wasser begann mir im Maul zusammenzulaufen. Nick griff die Beute von der Seite an, sprang und biss zu und wich zurück, bevor der Hirsch mit Huf oder Geweih in seine Richtung zielen konnte. Clay wurde von einer Seite zur anderen geschleudert, aber er hielt fest. Auch das war ein Vorgehen, das wir aus den Tiefen unserer Erinnerung hervorgeholt hatten: die Beute ins Gesicht zu beißen, damit sie zu sehr damit beschäftigt ist, sich aus der unmittelbarsten Gefahr zu befreien, um sich mit den übrigen Angreifern abzugeben.
Ich hing am Bauch des Hirsches, riss und schlitzte, tanzte auf den Hinterbeinen, um den Hufen aus dem Weg zu gehen. Als ich ein klaffendes Loch gerissen hatte, ließ ich los und verbiss mich an einer anderen Stelle. Eingeweide begannen aus der ersten Wunde zu rutschen, und der Geruch machte mich beinahe rasend. Auch aus den Wunden, die Nick bei seinen Blitzattacken geschlagen hatte, tropfte Blut, und das Fell des Hirsches wurde glitschig und schwer zu fassen. Ich biss fester zu und spürte, wie meine Zähne durch die Haut in die lebenswichtigen Organe drangen. Endlich rutschten die Vorderhufe nach vorn. Clay ließ die Schnauze des Bullen los und grub die Zähne stattdessen in seine Kehle. Der Hirsch schlug auf dem Boden auf.
Nachdem wir die Beute zu Fall gebracht hatten, zog Nick sich zurück und suchte sich einen Platz in der Nähe, wo er sich hinlegte. Clay senkte den Kopf und sah mich an. Seine Schnauze war mit Blut bedeckt. Ich leckte es ab und rieb mich an ihm, spürte die Schauer von Adrenalin, die noch durch ihn hindurchrannen. Unter uns zuckten die Glieder des Hirsches noch, aber die Augen starrten leblos ins Leere. Als wir ihn zu zerreißen begannen, stieg Dampf in die kühle Nachtluft auf. Wir begannen unser Festmahl. Als wir uns satt gefressen hatten, näherte sich Nick und begann seinerseits zu fressen. Clay ging zu einer kleinen Lichtung hinüber und sah sich über die Schulter nach mir um. Ich folgte ihm und ließ mich auf den Boden fallen. Clay kam näher, legte mir eine Pfote in den Nacken und begann meine Schnauze sauber zu lecken. Ich schloss die Augen, während er arbeitete. Nachdem er mir das Blut von Nacken und Schultern geleckt hatte, säuberte ich ihn. Als Nick mit dem Fressen fertig war, rollte er sich neben uns zusammen, und wir schliefen in einem Haufen verschlungener Gliedmaßen und vielfarbigen Fells ein.
Wir hatten nicht lang geschlafen, als Clay aufsprang und Nick und mich dabei abschüttelte. Ich wachte jäh auf, als mein Kopf gegen einen Stein schlug. Ich rappelte mich auf und sah mich nach der Gefahr um. Wir waren allein auf der Lichtung. Es war nun wirklich Nacht geworden, und wir hörten nichts als die nächtlichen Geräusche der Natur, die Rufe der Jäger und die Schreie der Gejagten. Ich knurrte Clay an und wollte mich schon wieder hinlegen, um weiterzuschlafen. Er stieß mich mit der Schnauze in die Rippen und schnupperte demonstrativ in der Luft herum. Ich starrte ihn gereizt an, folgte aber seinem Beispiel. Zunächst roch ich gar nichts. Aber dann sprang der Wind um, und ich wusste, was ihn hatte hochschrecken lassen. Jemand war hier. Ein weiterer Werwolf. Zachary Cain.
Clay war verschwunden, sobald er wusste, dass ich verstanden hatte. Hinter mir war Nick noch damit beschäftigt, die Nebel eines jäh unterbrochenen Schlafs abzuschütteln. Ich sah mich nach ihm um und begann dann zu rennen; ich wusste, er würde mir folgen, selbst wenn er nicht wusste, warum.
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