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Die Nacht der Wölfin

Die Nacht der Wölfin

Titel: Die Nacht der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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aufzustöbern. Er schloss die Tür hinter sich. Dann stand er zwei weitere Minuten lang da und sah mir beim Lesen zu. Als ich es nicht mehr aushielt, faltete ich die Zeitung geräuschvoll zusammen und warf sie zur Seite.
    »Okay, du hast den Mann nicht umgebracht«, sagte ich. »Diesmal warst du unschuldig. Aber wenn du jetzt erwartest, dass ich mich entschuldige, weil ich geglaubt habe, dass du in der Lage dazu wärst –«
    »Das tu ich nicht.«
    Ich warf ihm einen Blick zu.
    Clay fuhr fort: »Ich erwarte nicht, dass du dich dafür entschuldigst, dass du geglaubt hast, ich könnte es tun. Natürlich könnte ich. Wenn der Typ uns rennen sähe oder die Wandlung mitbekäme oder uns bedrohte, würde ich ihn töten. Aber ich hätte es dir gesagt. Das ist es, was mich ärgert. Dass du glaubst, ich würde hinter deinem Rücken handeln, die Beweisstücke verstecken und dann lügen.«
    »Nein, du würdest gar nicht auf die Idee kommen, dass ich vielleicht nicht wissen will, dass du's getan hast. Der Gedanke, es mir zu ersparen, würde dir gar nicht in den Kopf kommen.«
    »Es dir ersparen?« Clay stieß ein raues Lachen aus. »Du weißt, was ich bin, Elena. Wenn ich etwas anderes vorgäbe, würdest du mir vorwerfen, ich versuchte dich zu täuschen. Ich will nicht, dass du zu mir zurückkommst, weil du glaubst, ich hätte mich geändert. Ich will, dass du zurückkommst, weil du akzeptierst, was ich bin. Wenn ich mich ändern könnte, glaubst du nicht, dass ich es inzwischen für dich getan hätte? Ich will dich zurückhaben. Nicht für eine Nacht oder ein paar Wochen oder auch ein paar Monate. Ich will dich für immer zurückhaben. Ich bin unglücklich, wenn du nicht hier bist –«
    »Du bist unglücklich, weil du etwas nicht hast, was du willst. Nicht weil du mich willst.«
    »Herrgott noch mal!« Clays Faust schoss nach vorn und schleuderte einen Stiftköcher aus Messing vom Schreibtisch. »Du hörst nicht zu! Du willst nicht zuhören und du willst nicht verstehen. Du weißt, dass ich dich liebe, dass ich dich will. Verdammt, Elena, wenn ich einfach eine Partnerin wollte, irgendeine Partnerin, glaubst du, ich hätte zehn Jahre lang versucht, dich zurückzubekommen? Warum habe ich nicht einfach aufgegeben und mir eine andere gesucht?«
    »Weil du stur bist.«
    »Oh, nein. Ich bin nicht stur. Du bist es, die einfach nicht daran vorbeikann, was ich getan habe, ganz gleich wie sehr –«
    »Ich will nicht drüber reden.«
    »Natürlich nicht. Gott verhüte, dass irgendeine Tatsache deinen Überzeugungen in den Weg gerät.«
    Clay drehte sich um, ging mit langen Schritten aus dem Zimmer und schlug die Tür hinter sich zu.
    Nachdem er gegangen war, beschloss ich im Arbeitszimmer zu bleiben – oder mich dort zu verkriechen, je nach Interpretation. Ich studierte die Büchersammlung auf den Regalbrettern. Sie hatte sich im vergangenen Jahr nicht sehr verändert. Tatsächlich hatte sie sich im vergangenen Jahrzehnt nicht sehr verändert. Eine zusammengewürfelte Sammlung von Literatur und Nachschlagewerken füllte die Regale, von denen nur einige wenige Clay gehörten. Er kaufte jedes Buch und jede Zeitschrift, die mit seinem Fachgebiet zu tun hatte, und warf sie weg, sobald er das letzte Wort gelesen hatte. Er hatte kein fotografisches Gedächtnis, nur eine etwas unheimliche Fähigkeit, alles, was er las, in sich aufzunehmen, so dass es für ihn sinnlos war, Geschriebenes in irgendeiner Form aufzubewahren. Der allergrößte Teil der Bücher gehörte Jeremy. Mehr als die Hälfte von ihnen war nicht einmal in englischer Sprache verfasst – eine Erinnerung an Jeremys frühere Laufbahn als Übersetzer.
    Jeremy war nicht immer in der Lage gewesen, seine Adoptivfamilie mit Sportautos und antiken Himmelbetten zu beschenken. Als Clay nach Stonehaven gekommen war, hatte Jeremy Mühe gehabt, die Heizkostenrechnung zu bezahlen, eine Situation, die zur Gänze auf den Lebensstil seines Vaters und dessen strikte Weigerung zurückging, sich die Hände mit irgendetwas schmutzig zu machen, bei dem die Gefahr bestand, dass es eventuell ein Einkommen abwerfen könnte. Jeremy hatte seine gesamten Zwanziger über als Übersetzer gearbeitet, eine ideale Tätigkeit für einen Menschen mit einer Begabung für Fremdsprachen und einer Neigung zur Zurückgezogenheit. Später veränderte sich die finanzielle Situation in Stonehaven drastisch zum Besseren, was auf zwei ganz unterschiedliche Umstände zurückging: Malcolm Danvers' Tod und der Beginn von

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