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Die Nacht der Wölfin

Die Nacht der Wölfin

Titel: Die Nacht der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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Die Rezeptionistin wurde aufmerksam. Sie lächelte und murmelte etwas, das ich nicht verstand. Alles, was sie für die Mühe bekam, war ein unbeeindrucktes Starren und ein abfälliges Zucken mit der Lippe. Als sie in sich zusammensank und wieder zu tippen begann, tat sie mir beinahe Leid. Clay konnte wirklich bezaubernd sein.
    »Todesstrafe?«, fragte ich, als er zu mir herüberkam.
    »Hättest du wohl gern. Es war Blödsinn, Darling. Absoluter Blödsinn, und deswegen habe ich das Mittagessen verpasst.«
    »Du könntest sie verklagen.«
    »Vielleicht tu ich's.« Er ging wieder zur Tür und hielt sie mir auf. »Du hast also Besuch gehabt?«
    »Marsten und LeBlanc.«
    »Was hat Marsten gewollt?«
    »Er hat mir ein Collier angeboten.«
    »Gegen was?«
    »Nichts. Es war einfach typisch Karl. Umgänglich wie immer, wobei er den kleinen Begleitumstand völlig ignoriert hat, dass wir zufällig auf unterschiedlichen Seiten in einem blutigen Kleinkrieg stehen. Und da wir's gerade davon haben, LeBlanc hat damit geprahlt, dass er mich gleich hier im Wartezimmer umbringen könnte. Ich hab ihm das Handgelenk gebrochen. Er war nicht sehr beeindruckt.«
    »Gut. Warum ist er überhaupt mitgekommen?«
    »Um mich anzustieren, glaube ich. Und was er gesehen hat, hat ihn allem Anschein nach auch nicht beeindruckt.«
    Clay schnaubte, und wir gingen hinaus auf den Parkplatz.
    Wir parkten in der Einfahrt von Stonehaven. Jeremy kam uns an der Tür entgegen.
    »Ihr habt das Mittagessen verpasst«, sagte er. »Ist irgendwas schief gegangen?«
    »Nö«, antwortete Clay. »Sie haben mich aufs Polizeirevier geschleift und ausgefragt.«
    »Nachdem wir das mit Cain erledigt hatten«, fügte ich hinzu, bevor Jeremy Gelegenheit hatte, sich über plötzliche stechende Schmerzen in der Brust zu wundern. »Ich hätte dich von der Polizei aus angerufen, aber das Telefon war einfach zu öffentlich. Sie haben uns auf der Straße angehalten, nachdem wir die Leiche losgeworden waren. Es sieht so aus, als hätte Daniel ihnen einen Tipp gegeben, dass Clay irgendwas über den Tod von Mike Braxton wissen könnte. Anscheinend hat er gehofft, sie würden uns hier mit Cains Leiche erwischen oder auf dem Weg zum Entsorgen. Aber da hat er wohl Pech gehabt.«
    »Was meint ihr, wie viel die Polizisten gewusst haben?«
    »Nicht viel«, sagte Clay. »Die Fragen waren alle ziemlich allgemein gehalten. Die fischen im Trüben rum, sonst nichts.«
    »Haben sie das Auto durchsucht?«
    »Schwer zu sagen«, antwortete ich. »Einer von ihnen hat ziemlich ausführlich durchs Fenster gesehen und die Unterseite inspiziert. Er hat so getan, als wäre er ganz allgemein an dem Explorer interessiert – was an Gepäck reinpasst, wie er sich im Gelände macht, lauter solche Fragen. Aber andererseits kann er auf diese Art unauffällig nach Hinweisen gesucht haben.«
    »Einfach wunderbar«, sagte Jeremy kopfschüttelnd. »Kommt rein und esst schnell noch was. Wir müssen los.«
    »Hast du eine Möglichkeit gefunden, Daniel eine Nachricht zu schicken?«, fragte ich.
    Jeremy winkte ab. »Das war kein Problem. Ich habe sie ihm schon geschickt.«
    »Hat er geantwortet?«
    »Ja, aber mit dem, was wir als Nächstes machen, hat das nichts zu tun. Beeilt euch. Wir haben nicht viel Zeit.«
    »Wohin gehen wir denn?«, fragte Clay, aber Jeremy war schon wieder im Haus verschwunden.
    Keine Stunde später saßen wir zu fünft im Explorer. Es war das erste Mal, dass das Rudel nicht mehrere Fahrzeuge brauchte, wenn es sich gemeinsam auf den Weg machte. Es waren nur noch fünf von uns übrig. Natürlich hatte ich das auch vorher schon gewusst, aber wirklich klar geworden war es mir erst, als wir zu fünft in einem Auto den Highway entlangfuhren. Fünf Überlebende. Vier Männer und eine Frau, die sich nicht einmal sicher war, ob sie sich noch zu der Gruppe zählte. Wenn ich ging, würde es dann noch ein Rudel geben? Konnte man zwei Väter und zwei Söhne noch als Rudel bezeichnen? Ich schüttelte den Gedanken ab. Mit mir oder ohne mich – das Rudel würde überleben. Es hatte das bisher immer getan. Im Übrigen gab es keinen zwingenden Grund für mich, jetzt oder in der näheren Zukunft meine Unabhängigkeit zu erklären. Ich hatte vor, nach Toronto zurückzukehren, wenn dies alles überstanden war – aber wie Jeremy gesagt hatte, es bestand keine Notwendigkeit, überstürzte Entscheidungen über meinen Status im Hinblick auf das Rudel zu treffen.
    Wir fuhren zum Flughafen, um uns mit Jimmy Koenig zu

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