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Die Nacht der Wölfin

Die Nacht der Wölfin

Titel: Die Nacht der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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hatte. »Er ist neu«, hatte ich zu Clay gesagt. Ich hatte es an seinem Geruch gemerkt und war davon ausgegangen, dass Brandon ein geborener Werwolf war, der erst vor kurzem erwachsen geworden war. Aber er war nichts dergleichen. Er war gebissen worden.
    Wieder verweigerte sich mein Hirn dem Gedanken. Brandon war erst vor ein paar Monaten aus dem Gefängnis entkommen. Es dauerte länger, bis sich ein Werwolf von dem Schock der Verwandlung erholte. Oder? War es wirklich unmöglich, dass er sich so schnell daran gewöhnt hatte? Ich musste zugeben, das war es nicht. Meine eigene Genesung war von meiner Weigerung behindert worden, das zu akzeptieren, was mit mir geschehen war. Was, wenn es bei ihm ganz anders gewesen war? Was, wenn jemand ein Werwolf werden wollte, darauf vorbereitet war, es bereitwillig annahm? Das konnte der entscheidende Unterschied sein.
    Aber es gab noch mehr, das nicht ins Bild passte. Was tat Brandon hier? Wenn er ein geborener Werwolf wäre, gäbe es eine Erklärung dafür, dass er über Bear Valley, das Rudel und Stonehaven Bescheid wusste. Aber wie konnte ein neu geschaffener Werwolf all das wissen? Und Brandon wusste es. Er hatte mich mit meinem Namen angeredet. Er hatte über das Rudel gesprochen und gesagt, dass er einiges über mich gehört hatte. Von wem? Einem anderen Werwolf natürlich. Einem erfahrenen Werwolf. Aber Mutts taten so etwas nicht. Sie ließen gebissene Werwölfe nicht am Leben, ganz zu schweigen davon, dass sie ihnen halfen. Es war unmöglich. Nein, verbesserte ich mich. Nicht unmöglich. Nur so unglaublich unwahrscheinlich, dass mein Hirn sich weigerte, die Schlussfolgerung ernst zu nehmen.
    Ich konnte mich jetzt nicht damit befassen. Wir hatten Dringenderes zu tun, als den Gründen und Hintergründen von Brandons Existenz nachzugehen. Die Tatsache, dass er existierte, reichte im Augenblick. Seiner Existenz ein Ende zu machen würde nicht so einfach sein, wie ich geglaubt hatte. Er war nicht einfach ein unvorsichtiger junger Querschläger, sondern etwas viel Gefährlicheres: ein echter Killer. Ich hielt Ausschau nach Clay, um ihn zu warnen. Dann wurde mir klar, dass ich damit nichts erreichen würde. Brandon war ein Killer aus der Menschenwelt. Ich konnte Clay ebenso gut erzählen, dass Brandon geprüfter Bilanzbuchhalter war; es würde die gleiche Wirkung haben. Er würde nicht verstehen.
    Ich sprang von der Bar und schob mich durch die letzten Nachzügler der Menge. In der hinteren Ecke spielte Brandon immer noch mit dem Essen, das gelegentlich zuckte. Die Menge war aus der Halle fast verschwunden und drängte sich jetzt im Gang. Ich ging weiter. Brandon umkreiste seine Beute und sprang dann vor, um zuzupacken. Er hatte die Zähne in den Unterarm des Mannes geschlagen und schüttelte ihn wie ein Kauspielzeug, als er mich bemerkte. Er knurrte unsicher; sein blutvernebeltes Hirn brauchte ein paar Sekunden, um mich zu erkennen.
    Ich blieb stehen. Wir starrten uns an. Ich dachte daran, wie gefährlich es war, ihm entgegenzutreten, so lange er in dieser Gestalt war. Ich rief mir ins Gedächtnis, wie Brandons Augen vor fast sexueller Blutgier geleuchtet hatten, als er über das Töten sprach. Ich malte mir aus, was er mir alles antun konnte, bevor Clay Gelegenheit hatte, mir zu Hilfe zu kommen. Es funktionierte. Furcht begann wie Schweiß von mir zu triefen. Brandon wurde aufmerksam. Er ließ seine Beute los und machte einen Satz auf mich zu. Ich wartete, bis er in der Luft war; dann drehte ich mich um und floh. Natürlich folgte er mir. Flüchtende Beute ist viel unterhaltsamer als die komatöse Sorte.
    Ich schlug einen Bogen zur Rückwand, um Brandon von dem verstopften Ausgang fern zu halten, rannte hinter der Bar vorbei und zu der Treppe, die auf den Balkon hinaufführte. Als ich den Fuß schon auf der untersten Stufe hatte, schwenkte ich zur Seite und stürzte in den Gang, der zu den Waschräumen führte. Clay war dort. Ich rannte an ihm vorbei und bremste ab. Hinter mir tat Brandon das Gleiche; seine Klauen schlitterten über das Linoleum. Er blieb vor Clay stehen. Seine Nüstern blähten sich unsicher. Seine Nase teilte ihm mit, dass Clay ein Werwolf war, und irgendein trübe funktionierender Teil seines Gehirns erkannte, dass dies Anlass zur Besorgnis war. Er knurrte versuchsweise. Clays Fuß schoss nach vorn, erwischte ihn unter der Schnauze und schleuderte ihn auf den Rücken. Brandon rappelte sich auf, drehte sich um und floh. Clay rannte ihm nach. Sie verschwanden

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