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Die Nacht der Wölfin

Die Nacht der Wölfin

Titel: Die Nacht der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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einem Ausgang suchte, spürte ich, wie sein Arm sich in meinem Griff veränderte, wie sein Ärmel zerriss, sein Unterarm zuckte und pulsierte. Ich hatte das Ende des Gangs fast erreicht, als ich feststellte, dass es hier keinen Ausgang gab, nur zwei Toilettentüren. Die Tür der Männertoilette öffnete sich, und ein Mann rülpste laut. Ein zweiter Mann lachte. Ich sah mich nach Brandon um in der Hoffnung, seine Wandlung wäre noch in dem Stadium, in dem man sie als Missbildung abtun konnte. Keine Chance – es sei denn, die Gäste waren betrunken genug, jemanden zu übersehen, dessen Gesicht inzwischen aussah, als krümmten sich riesige Maden unter der Haut. Ein Mann kam aus dem Waschraum. Ich drehte Brandon von ihm fort und sah die Tür eines Abstellraums ein paar Meter weiter. Ich schob ihn vor mir her, brach das Schloss auf, öffnete die Tür und stieß ihn ins Innere.
    Dann lehnte ich mich von draußen an die Tür und versuchte mir hektisch eine Lösung einfallen zu lassen. Konnte ich ihn ins Freie bringen? Ja sicher, ich brauchte bloß ein Halsband und eine Leine, die würde ich einem hundertfünfzig Pfund schweren Wolf anlegen und ihn zur Tür führen. Und kein Mensch würde es merken. Ich verfluchte mich. Wie hatte ich es so weit kommen lassen können? Ich hatte ihn doch gehabt. In dem Augenblick, in dem er anbot, mir zu zeigen, wie man einen Menschen tötet, hatte ich ihn gehabt. Ich hätte nur noch Ja zu sagen brauchen. Irgendeinen Typen auszusuchen, der gerade die Bar verließ, und ihm auf die Straße zu folgen. Brandon wäre mir gefolgt, und Clay hätte draußen gewartet. Spiel vorbei. Aber nein, das hatte mir natürlich nicht gereicht. Ich musste wieder einmal ausprobieren, wie weit ich gehen konnte.
    »Scheiße, Scheiße, Scheiße«, murmelte ich vor mich hin.
    Hinter der geschlossenen Tür hervor hörte man ein Schmerzgebrüll, das nicht einmal die Musik von der Halle her übertönen konnte. Zwei Frauen, die den Gang entlangkamen, blieben stehen und starrten.
    »Mein Freund«, sagte ich und versuchte zu lächeln. »Ihm ist furchtbar übel. Schlechter Stoff. Neuer Dealer.«
    Eine der Frauen sah zu der geschlossenen Tür hin. »Vielleicht solltest du ihn doch lieber ins Krankenhaus bringen«, sagte sie, ging dann aber weiter. Rat gegeben, Pflicht getan.
    »Clayton«, flüsterte ich. »Wo steckst du?«
    Ich war nicht überrascht, dass Clay keine Türen aufgebrochen hatte, als Brandon mich in die Ecke trieb. Clay unterschätzte meine Fähigkeit, mich zu verteidigen, nicht. Er würde mir nur zu Hilfe kommen, wenn ich wirklich in Gefahr war. Ich war nicht in Gefahr, aber ich brauchte seine Hilfe. Unglücklicherweise konnte er mich in diesem Gang nicht sehen, wo er sich auch verstecken mochte.
    Aus dem Abstellraum kam ein Krachen. Brandon war mit seiner Wandlung fertig und versuchte herauszukommen. Ich musste ihn aufhalten. Und um ihn aufzuhalten, würde ich ihn höchstwahrscheinlich töten müssen. Konnte ich das tun, ohne eine Szene zu verursachen? Ein weiteres Krachen kam aus dem Raum, gefolgt von dem Geräusch von splitterndem Holz. Dann Stille.
    Ich riss die Tür auf. Kleidungsfetzen bedeckten den Boden. In der südlichen Wand war eine weitere Tür, die zurück in die Lagerhalle führte. In der Mitte der billigen Sperrholztür klaffte ein Loch.
    Ich stürzte zurück in die Halle. Es waren keine Schreie zu hören. Nicht gleich jedenfalls. Die ersten Geräusche, die ich hörte, waren Stimmen, und sie klangen eher verärgert als erschrocken.
    »Was zum –«, »Hast du das –«, »Hey, hör mal –«
    Als ich um die Ecke bog, sah ich eine Spur umgeworfener Stühle und Tische, die in einem unregelmäßigen Halbkreis von der Tür des Abstellraums zur Tanzfläche führte. Leute umkreisten die umgefallenen Tische und sammelten ihre Jacken und Handtaschen und zerbrochenen Gläser auf. Ein Junge, unverkennbar zu jung, um in der Öffentlichkeit Alkohol trinken zu dürfen, saß im Schneidersitz auf dem Boden und hielt seinen gebrochenen Arm fest. Eine Frau stand auf einem Stuhl, zeigte mit ihrem Glas auf die Schneise, die Brandon durch die Leute auf der Tanzfläche gerissen hatte, und verlangte, der Scheißkerl solle für ihren vergossenen Drink zahlen – allem Anschein nach war ihr entgangen, dass der Scheißkerl zwar Reißzähne und einen Pelz, aber keine geeigneten Taschen hatte, in denen er eine Geldbörse hätte mitführen können.
    Ich war noch dabei, mir einen Weg zur Tanzfläche zu bahnen, als Brandon

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