Die Nacht der Wölfin
bemessene Schnüffelpause. Die neugierige Frau hatte sich in ihr Zimmer zurückgezogen. Zwei Leute kamen aus einer Tür weiter hinten, ignorierten die junge Frau aber vollkommen, die solche Schwierigkeiten hatte, die auf ihrem Zettel notierte Zimmernummer zu finden. Die Leute sind nachsichtig, wenn es um die intellektuellen Fähigkeiten von Blondinen geht.
Als ich am Ende angekommen war, fing ich den Geruch des Werwolfs auf; die Spur führte nicht in ein Zimmer, sondern ins Foyer. Sie war sehr deutlich, was darauf hinwies, dass er mehr als einmal hier vorbeigekommen war. Also doch ein Zimmer im ersten Stock, das nur durch das Foyer zu erreichen war. Wer weiß, vielleicht mochte er es, wenn die Morgensonne auf ein leeres Grundstück schien. Ich trabte über den Parkplatz zurück. Clay kam hinter dem Gebäude hervor, bevor ich nach ihm suchen musste.
»Oben«, sagte ich.
»Na siehst du. Niemand hat je behauptet, Mutts hätten Gehirne.« Ich warf die Quittung ins Gebüsch, und wir gingen zur Eingangstür hinüber. Als wir das Foyer betraten, legte Clay mir den Arm um die Taille und begann sich über ein völlig fiktives Abendessen in einem Restaurant in der Stadt zu beschweren. Während er schwatzte, bemerkte ich die Treppe links neben der Theke und steuerte uns beide auf sie zu; zugleich nickte ich verständnisvoll, während er sich darüber ausließ, dass wir zwanzig Minuten auf die Rechnung hatten warten müssen. Die Revue wäre gar nicht nötig gewesen; der Angestellte hinter der Theke sah nicht einmal auf, als wir an ihm vorbeigingen.
Oben endete die Fährte an der dritten Tür auf der linken Seite. Clay griff nach dem Knauf, drehte ihn und brach das Schloss mit einem gedämpften Schnappgeräusch auf. Während ich Ausschau nach möglicherweise auftauchenden Motelgästen hielt, wartete Clay einen Augenblick darauf, ob jemand im Inneren auf das Geräusch reagieren würde. Als er nichts hörte, stieß er die Tür vorsichtig auf. Die Vorhänge waren zugezogen, und das Zimmer war dunkel. Weiter hinten im Gang öffnete sich eine andere Tür. Ich stieß Clay vorwärts, und wir schlüpften ins Zimmer.
Clay sah als Erstes ins Bad, um sich zu vergewissern, dass der Mutt fort war, und zog dann eine Quartermünze aus der Tasche. »Kopf, wir warten auf ihn. Zahl, wir suchen nach ihm.«
»Wir sollten bleiben«, sagte ich. »Uns währenddessen umsehen, Hinweise sammeln.«
Clay verdrehte die Augen.
»Okay, schön«, sagte ich. »Dann wirf das verdammte Ding eben.« Kopf lag oben. Ich streckte ihm die Zunge heraus. Seine Hand schoss nach vorn, aber ich zog sie noch rechtzeitig zurück.
»Nächstes Mal schaffst du's nicht mehr«, sagte er und sah sich im Zimmer um. »Also, was erwartest du hier zu finden?«
»Irgendwas, das erklärt, warum innerhalb von einer Woche zwei Mutts in Bear Valley aufgetaucht sind. Gibt dir das eigentlich überhaupt nicht zu denken?«
»Natürlich tut es das. Aber meine Neugier kann warten. Dafür habe ich noch genug Zeit, wenn der Mutt tot ist. Ich lasse dem Dreckskerl nicht die Zeit, sich dich oder die anderen vorzunehmen, während ich rauszufinden versuche, was er hier verloren hat.«
»Du glaubst, ich schinde Zeit?«
»Nein, ich glaube, du versuchst deine Zeit vernünftig einzuteilen. Das ist okay. Ich meine damit nur, erwarte nicht von mir, dass ich mit Begeisterung Schubladen durchwühle, während sich der Mutt da draußen auf unseren Straßen herumtreibt.«
»Dann geh eben auf den Balkon und halt Wache oder irgend so was, während ich suche.«
Clay tat selbstverständlich nichts dergleichen. Er half mir beim Suchen, nachdem er klargestellt hatte, dass er lieber etwas anderes getan hätte. Ich auch, aber das hieß nicht, dass ich eine günstige Gelegenheit vorbeigehen ließ. Außerdem – den Müll dieses Mutts durchzusehen gab meinen Händen und Gedanken etwas zu tun und ließ mir keine Zeit, darüber nachzudenken, warum wir überhaupt hinter ihm her waren.
Clay fing im Bad an. Es dauerte keine zehn Minuten, da rief er zu mir ins Zimmer: »Also, das ist einfach eine Sensation. Der Typ verwendet Hotelshampoo und Hotelseife. Die Kurspülung hat er nicht angerührt. Hier ist ein Bic-Rasierer, aber weit und breit keine Zahnbürste, keine Zahncreme und kein Mundwasser. Wir suchen also nach einem Typen mit gespaltenen Haarspitzen und Mundgeruch. Hilft dir das weiter?«
Ich biss die Zähne zusammen und antwortete nicht. Die Wände waren einfach zu dünn für einen Streit. Außerdem hatte
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