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Die Nacht der Wölfin

Die Nacht der Wölfin

Titel: Die Nacht der Wölfin Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Kelley Armstrong
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die Pointe.
    »Rennen?«, wiederholte ich.
    »Wenn du nicht zu müde bist.«
    »Du musst immer noch Dampf ablassen?«
    »Nein, ich will einfach nur rennen. Etwas tun. Etwas mit dir zusammen.«
    Ich zögerte und nickte dann. Wir lagen noch ein paar Minuten dort, bevor wir aufstanden und uns einen geeigneten Platz für die Wandlung suchten.
    Ich ließ mir Zeit, und die Wandlung ging überraschend leicht vonstatten. Danach stand ich auf der Lichtung und streckte mich – drehte den Kopf, zuckte mit den Ohren, streckte die Hinterbeine und bewegte den Schwanz. Ich fühlte mich wundervoll, als hätte ich mich seit Wochen nicht verwandeln können. Ich blinzelte, während meine Augen sich an die Dunkelheit anpassten. Die Luft roch köstlich, und ich atmete gierig ein, füllte meine Lungen damit und atmete schnaubend wieder aus, um zu sehen, wie kleine Ströme von dünnem Nebel aus meinen Nüstern schossen.
    Ich wollte gerade zu unserer Lichtung zurückkehren, als ein Bleigewicht mich in die Seite rammte und fortschleuderte. Ich sah eben noch ein Aufblitzen von goldenem Pelz, dann war ich wieder allein, mit einer Spur von Clays Geruch als einziger Gesellschaft. Ich kam auf die Füße und tat ein paar vorsichtige Schritte. Nichts geschah. Ich legte den Kopf auf die Seite und schnüffelte. Immer noch nichts. Ich tat drei weitere Schritte und wurde wieder gerammt; diesmal flog ich seitwärts in die Büsche und bekam nicht einmal ein Haar meines Angreifers zu sehen.
    Ich wartete, bis ich wieder zu Atem gekommen war, sprang dann auf die Füße und begann zu rennen. Hinter mir schoss Clay wieder auf die Lichtung hinaus und kläffte, als er feststellte, dass die Beute fort war. Ich rannte schneller. Der Erdboden hämmerte hart gegen meine Pfoten, pumpte Adrenalin durch mich hindurch. Büsche rauschten irgendwo hinter mir. Ich bog um eine Ecke, tauchte kopfüber ins Unterholz und ließ mich fallen. Ein goldener Schatten jagte vorbei. Ich sprang auf die Füße und rannte den Weg zurück. Clay brauchte ein paar Sekunden, um zu verstehen, aber bald hörte ich das Hämmern seiner Pfoten hinter mir.
    Als ich das nächste Mal zur Seite sprang, muss ich einen Sekundenbruchteil zu langsam gewesen sein, so dass er meine Hinterbeine oder den Schwanz noch verschwinden sah. Ich hatte mich eben hinter einen Busch gekauert, als zweihundert Pfund Muskelmasse über den Busch sprangen und auf mich niedergingen. Wir balgten uns eine Weile, kläfften und knurrten, schnappten und traten. Ich bekam die Schnauze unter seine Kehle und warf ihn rückwärts um, bevor ich mich selbst aufrappelte. Scharfe Zähne schlossen sich um mein Hinterbein, drehten es unter mir fort und warfen mich wieder um. Clay sprang und stand über mir; die blauen Augen triumphierten. Dann sprang er ohne Vorwarnung davon und rannte wieder in den Wald. Jetzt war ich dran mit Suchen.
    Ich jagte Clay etwa eine halbe Meile weit. Irgendwann bog er von dem Pfad ab und versuchte mich im dichten Unterholz abzuhängen. Der Trick verschaffte ihm sechs Meter Vorsprung, mehr aber auch nicht. Ich rechnete mit der nächsten Finte, als ein kleiner Schatten vor uns über die Lichtung schoss. Kaninchengeruch trieb auf dem Nachtwind zu mir herüber. Clay wurde langsamer, warf sich herum und wechselte jäh die Richtung. Ich wurde schneller, spannte die Muskeln und sprang nach seinem Rücken, aber ich war zu langsam. Er war schon verschwunden.
    Als ich eben das Gleichgewicht wieder gefunden hatte, schnitt ein schrilles Quieken durch den Wald. Innerhalb von Sekunden kam Clay zurückgesprungen, das tote Kaninchen in den Kiefern. Er sah mich an und schüttelte es; seine Augen lieferten mir die Botschaft dazu: Willst du's haben? Blut tropfte auf den Boden. Der Geruch wallte auf und mischte sich mit dem Duft von warmem Fleisch. Ich trat näher und schnüffelte. Mein Magen knurrte. Clay machte tief in der Kehle ein Geräusch, eine Art halbes Knurren, das fast wie Lachen klang, und schnappte das Kaninchen aus meiner Reichweite. »Witzbold«, vermittelte ich mit einem wütenden Blick. Er tat so, als wolle er mir das Kaninchen zuwerfen, ließ es aber nicht los. Mit einem Knurren stürzte ich los. Er tanzte rückwärts, das Kaninchen eben nahe genug, dass der Geruch meine Gedanken erfüllte und meinen Magen reagieren ließ. Ich starrte ihn giftig an und sah dann hinüber zum Wald. Schließlich gab es dort noch mehr, was sich als Abendessen eignete.
    Als ich mich gerade abwandte, warf Clay mir das Kaninchen vor

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