Die Nacht der Wölfin
einmal eine schlagfertige Antwort einfiel. Sein Mund wurde hart, und er schob sich an mir vorbei. Er blieb stehen, den Rücken mir zugewandt, und sah die Frau an. Es dauerte nur eine Sekunde. Ihre Augen wurden rund, sie stolperte rückwärts, und die Tür knallte zu; ich hörte klickend die Schlösser einrasten. Clay hatte kein Wort gesagt. Er hatte einfach ›den Blick‹ eingesetzt – ein Stieren von blanker Bösartigkeit, das Menschen unweigerlich in die Flucht schlug. Ich habe selbst einmal versucht, mir ›den Blick‹ anzueignen. Als ich mir einbildete, ihn perfektioniert zu haben, probierte ich ihn an einem Trottel aus, der mich in einer Bar angemacht hatte. Statt den Typ zu verscheuchen, hatte es ihn erst richtig auf Touren gebracht. Ich habe meine Lektion gelernt. Frauen bringen Bösartigkeit nicht zu Stande.
Inzwischen war Wer-auch-immer wieder von LeBlancs Balkon verschwunden. Der nächste Schritt würde eventuell sein, dass sie herauskamen und sich umsahen, denn Marsten und Cain würden riechen können, dass Clay und ich in LeBlancs Zimmer gewesen waren, und sich vermutlich auch denken können, dass wir noch nicht allzu lang wieder fort sein konnten. Ich zog Clay vorwärts. Als wir den Gehweg entlangglitten, immer dicht an der Hauswand, hoffte ich inständig, dass die Mutts nicht plötzlich herauskommen würden. Nicht, dass wir nicht entkommen konnten. Wir konnten. Aber Clay würde es nicht versuchen. Wenn die drei herauskamen und uns sahen, würde er nicht weglaufen.
Wir schafften es um die Gebäudeecke und schlichen davon, ohne entdeckt worden zu sein. Der Rückweg zum Auto ging schnell vonstatten. Keine zwanzig Minuten später waren wir auf der Straße nach Stonehaven, um Verstärkung zu holen.
Zeitgleich
»Kommt nicht in Frage«, sagte Jeremy, während er von seinem Stuhl aufstand und zum Kamin hinüberging.
Wir waren alle im Arbeitszimmer. Die anderen hatten auf uns gewartet. Clay und ich saßen auf dem Sofa – das heißt, Clay saß auf der Sofakante, bereit, in dem Augenblick loszuschießen, in dem Jeremy sagte, wir dürften uns die Mutts vornehmen. Nick stand neben Clay und trommelte mit den Fingern auf die Lehne, ebenso angespannt, aber auf das Stichwort von Clay wartend. Peter und Antonio saßen auf der anderen Seite des Zimmers. Beide wirkten ärgerlich über die Entwicklungen, aber sie blieben gelassen und erwarteten Jeremys Entscheidung mit der Selbstbeherrschung ihres Alters und ihrer Erfahrung.
»Ich kann kaum glauben, dass ihr überhaupt fragt«, sagte Jeremy. »Ich habe klargestellt, dass ich es nicht wollte, und ihr seid trotzdem losgezogen. Dann ruft Elena an, um uns zu sagen, dass ihr einfach nach Neuigkeiten über gestern Abend sucht, und dann endet ihr irgendwie –«
»Es war keine Absicht«, unterbrach ich. »Wir haben seine Spur gefunden. Wir konnten uns die Gelegenheit nicht einfach entgehen lassen.«
Jeremy warf mir einen Blick zu, der mir dringend empfahl, den Mund zu halten, bevor ich mich um Kopf und Kragen redete. Ich hielt ihn.
Jeremy kehrte zu seinem Stuhl zurück, setzte sich aber nicht hin. »Heute Nacht sucht niemand nach diesen dreien. Wir sind nach gestern Abend alle müde und erschüttert, vor allem ihr beide. Wenn ich Elena nicht geglaubt hätte, als sie angerufen hat, wäre ich heute Nachmittag in die Stadt gefahren und hätte euch rausgeholt.«
»Aber wir haben doch nichts getan«, sagte Clay.
»Nur, weil ihr keine Gelegenheit dazu hattet.«
»Aber –«
»Gestern war ein Mutt in der Stadt. Heute ist er tot, und drei neue sind aufgetaucht. Nicht nur das, sondern zwei davon sind Karl Marsten und Zachary Cain, zwei Mutts, von denen jeder für sich genommen schon ein massives Problem wäre.«
»Seid ihr absolut sicher, dass es Marsten und Cain waren?«, fragte Antonio. »Ich könnte mir so ziemlich jede Kombination eher als Team vorstellen als diese beiden. Was sollten die denn gemeinsam haben?«
»Sie sind beide Mutts«, sagte Clay.
»Ich könnte mir vorstellen, sie sind gar kein Team«, bemerkte ich. »Marsten muss Einfluss auf Cain haben. Irgendeine Art von Anführer-Gefolgsmann-Verhältnis. Karl will ein Territorium. Das hat er seit Jahren gewollt.«
»Wenn er Territorium will, muss er sich dem Rudel anschließen«, sagte Jeremy.
»Ach, scheiß drauf«, explodierte Clay. »Karl Marsten ist ein diebischer, hinterhältiger Hurensohn, der seinen eigenen Vater erstechen würde, um zu kriegen, was er haben will.«
»Vergiss die Neuen nicht«, sagte
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