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Die Nacht des einsamen Träumers.

Die Nacht des einsamen Träumers.

Titel: Die Nacht des einsamen Träumers. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Palermo?«
      »Ich bin wegen einer Ermittlung hier. Ich bleibe ein paar Stunden und fahre dann nach Vigàta zurück. Ich habe gehört, Sie haben sowohl in Vigàta als auch in Montelusa den ganzen Besitz Ihrer seligen Frau verkauft.«
      »Commissario, glauben Sie mir, ich konnte einfach nicht mit all diesen schmerzlichen Andenken leben. Ich habe diese Villa in Palermo gekauft, und hier werde ich bleiben. Was keine schmerzliche Erinnerung in mir hervorruft, habe ich hierher bringen lassen, den Rest habe ich, wie soll ich sagen, veräußert.«
    »Den Kater haben Sie auch veräußert?«, fragte Montalbano.

      Awocato Giuseppe Joppolo verschlug es für einen Augenblick die Sprache. »Welchen Kater?«

      »Dudù. Den Kater, an dem die arme Signora, Ihre Frau, so hing. Sie hatte auch einen Distelfink. Haben Sie die beiden mit hergenommen?«

      »Na ja, nein. Ich wollte eigentlich, aber im Durcheinander des Umzugs ist der Kater... leider fortgelaufen, der Distelfink ist weggeflogen. Leider.«
      »Die Signora hing sehr an den beiden, dem Kater und dem Distelfink.«

      »Ich weiß, ich weiß. Die gute Seele hatte diese infantile Art, sich...«

      »Verzeihen Sie, Awocato«, unterbrach Montalbano ihn. »Aber ich habe gehört, dass zwischen Ihnen und Ihrer Frau zehn Jahre Altersunterschied waren. Ich meine, Sie waren zehn Jahre jünger als die Signora.«
      Awocato Giuseppe Joppolo sprang vom Stuhl auf und machte ein empörtes Gesicht. »Was hat denn das damit zu tun?«
    »Gar nichts, in der Tat. Wenn man sich liebt...« Der Awocato
    sah ihn aus schmalen Augenschlitzen an und sagte nichts. Montalbano fuhr fort.
      »Als Sie geheiratet haben, waren Sie praktisch ein Habenichts, nicht wahr?«
    »Raus aus diesem Haus.«

      »Ich bin gleich weg. Jetzt, mit der Erbschaft, sind Sie sehr reich geworden. Über den Daumen gepeilt haben Sie gut zehn Milliarden geerbt. Der Tod der Menschen, die wir lieben, ist nicht immer ein Unglück.«
      »Was wollen Sie mir unterstellen?«, fragte der Awocato leichenblass.
      »Nichts weiter, als dass Sie Ihre Frau haben umbringen lassen. Und ich weiß auch, von wem. Sie haben einen genialen Plan ausgeheckt, alle Achtung. Die ersten drei Überfälle waren Scheinziele, das wahre Ziel war der vierte, der tödliche Überfall auf Ihre Frau. Es ging nicht darum, die Handtaschen zu rauben, sondern mit den fingierten Diebstählen das wahre Ziel, den Mord an Ihrer Signora, zu vertuschen.«

      »Entschuldigen Sie, aber meines Wissens gab es in Vigàta nach dem Mord an der armen Ninetta einen weiteren Mordversuch.«
      »Awocato, ich sagte bereits: alle Achtung. Das war Ihr Geniestreich, um endgültig einen eventuellen Verdacht von sich abzulenken. Aber Sie haben nicht daran gedacht, wie sehr Ihre Signora an dem Kater Dudu und dem Distelfink hing. Das war ein Fehler.«
      »Würden Sie mir vielleicht erklären, was das für eine bescheuerte Geschichte ist?«

    »Sie ist gar nicht so bescheuert, Awocato. Sehen Sie, ich habe nachgeforscht. Sorgfältig nachgeforscht. Als ich Sie nach dem Unfall und dem Mord an Ihrer Frau im Krankenhaus aufsuchte, sagten Sie, Sie hätten am Telefon darauf bestanden, dass Ihre Frau in Vigàta bleibt. Stimmt das?«
    »Natürlich stimmt das!«
      »Nun, Sie wurden unmittelbar nach dem Unfall in die Klinik eingeliefert, in ein Doppelzimmer. Der andere Patient war durch einen Paravent von Ihnen getrennt. Benommen von dem fingierten Unfall, der Ihnen dennoch ein paar Beulen beschert hat, rufen Sie Ihre Frau an. Danach werden Sie in ein Einzelzimmer verlegt. Aber der andere Patient hat das Gespräch mitgehört. Er ist bereit auszusagen. Sie flehten Ihre Frau an, Sie im Krankenhaus zu besuchen, Sie sagten ihr, es gehe Ihnen sehr schlecht. Doch mir haben Sie erzählt, und eben haben Sie es wiederholt, Sie hätten darauf bestanden, dass Ihre Frau in Vigàta bleibt.«

    »Wie soll ich mich erinnern können, nach so einem Unfall...«
      »Lassen Sie mich ausreden. Es kommt noch was. Ihre Frau, die nach allem, was Sie ihr am Telefon sagten, in größter Sorge ist, beschließt, sofort nach Palermo zu fahren. Aber da sind noch der Kater und der Distelfink, sie weiß nicht, wie lange sie von zu Hause fortbleiben wird. Also weckt sie die Nachbarin, mit der sie befreundet ist, und erzählt ihr, Sie hätten gesagt, dass Sie praktisch im Sterben liegen. Sie müsse sofort los. Sie vertraut der Nachbarin und Freundin den Kater und den Distelfink an und geht

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