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Die Nacht des einsamen Träumers.

Die Nacht des einsamen Träumers.

Titel: Die Nacht des einsamen Träumers. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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Sie wollen also Anzeige wegen Körperverletzung erstatten?«
      Guarnotta und Tortorici verständigten sich mit einem Blick. »Mitnichten!«, verkündete Tortorici generös.

      »Ich habe nachgezählt«, sagte Augello. »Im Ganzen hängen fünfundzwanzig Plakate. Das ist wenig, und sie sind handgemacht, aber es hat gereicht, um diesen ganzen Wirbel anzurichten. In der Stadt redet man von nichts anderem mehr. Und dass Briguccio mit Tortorici und Guarnotta aneinander geraten ist, wissen die Leute mittlerweile auch.«

    »Gibt es schon erste Antworten zu der Volksabstimmung?«
      »Allerdings! Eine Mehrheit wie früher im Ostblock. Alle mit ja. Die arme Eleonora ist nach Überzeugung des Volkes unbestreitbar eine Hure.«
    »Und? Ist sie eine?«

    Mimi zögerte einen Augenblick, bevor er antwortete. »Erst mal liegt zwischen Eleonora und Saverio Briguccio ein erheblicher Altersunterschied. Eleonora ist dreißig, eine elegante, schöne, intelligente Frau. Und er ist fünfzig, rothaarig, ein tüchtiger Geschäftsmann. Alles trennt sie, Geschmack, Bildung, Lebensart. Außerdem munkelt man in der Stadt, dass Briguccios Schießpulver feucht ist. Sie haben in der Tat keine Kinder.«
      »Mimi, du zählst wohl die Gründe dafür auf, warum die Signora durch die Umstände gezwungen ist, ihrem Mann Hörner aufzusetzen.«
    »Na ja, in gewissem Sinn ist es so, wie du sagst.«

      »Die Signora ist also keine Hure, sondern eine Frau, die Trost sucht, weil ihr Mann halb impotent ist.«
    »So könnte man es sagen.«

    »Und wie oft hat sie bis jetzt Trost gesucht?«
    »Ich habe nicht mitgezählt.«

    »Komm, Mimi, zier dich nicht so.«
    »Na ja, ziemlich oft.«
    »Bei dir auch?«

    »Das sage ich dir nicht, und wenn du mich folterst.«
      »Mimi, weißt du, wie man dein Verhalten heutzutage nennt? Stillschweigend Ja sagen nennt man das.«
    »Es ist mir scheißegal, wie man das nennt.«
    »Sag mal, weiß ihr Mann davon?«

      »Davon, dass Eleonora ihm Hörner aufsetzt? Doch, doch, er weiß es.«

    »Wehrt er sich denn nicht?«
      »Der arme Kerl, mir tut er Leid. Er erträgt es, oder zumindest hat er es ertragen, weil er genau weiß, dass er nicht in der Lage ist, die – sagen wir mal – Wünsche und Sehnsüchte von Eleonora – sagen wir mal – zu befriedigen, denn sie ist – sagen wir mal...«
      »Mimi, wir sagen nicht mal, wir sagen, wie es ist. Er ist ein geduldiger Hahnrei.«

    »Ja, aber gerade das macht mir ja Sorgen. Solange die ganze Geschichte stillschweigend ablief, konnte er so tun, als wäre nichts. Als wären das nur Gerüchte, Bosheiten. Aber jetzt hat man ihn gezwungen, sich zu outen. Und man weiß nie, wie ein geduldiger Hahnrei, wie du ihn nennst, reagiert, wenn er gezwungen ist, die Geduld zu verlieren.«

    »Glaubst du, es ist eine politische Intrige seiner Gegner?«
      »Kann sein. Aber es kann auch die Rache eines Liebhabers sein, den Signora Briguccio entlassen hat. Weißt du, Eleonora will keine sentimentalen Geschichten, die lange dauern. Auf ihre Art ist sie den Gefühlen, die sie ihrem Mann gegenüber empfindet, treu. Möglicherweise hat jemand Eleonoras, wie soll ich sagen, begrenzte Absichten nicht verstanden und träumt von der großen Liebe, von einer dauerhaften Beziehung...«
      »Ich verstehe schon, was du meinst, Mimi: Signora Eleonora ist eher für den schnellen Fick.«

      »Salvo, du kannst wirklich bestürzend vulgär sein. Aber ich muss zugeben, dass es tatsächlich so ist.«

      »Gut«, sagte Montalbano. »Jetzt zu ernsten Dingen. Ich habe den Eindruck, dass diese Geschichte mit Briguccio nur ein Bauernschwank ist.«

      Ein Schwank, natürlich. Aber er dauerte eine Woche. Als die Plakate abgenommen waren und es so aussah, als sei alles vergessen, wechselte der Schwank das Genre und wurde zur Tragikomödie.

      »Spreche ich persönlich mit Commissario Montalbano selber?«

      Dieser Morgen war nichts für ihn. Der Nordwind machte Montalbano nervös, außerdem hatte er am Abend zuvor einen kleinen telefonischen Streit mit Livia gehabt. »Catarè, nerv mich nicht. Was ist los?«
    »Der Signore Briguccio hat geschossen.« Um Himmels willen, war der geduldige Hahnrei etwa aufgewacht, wie Augello befürchtet hatte? »Auf wen hat er geschossen, Catarè?«
      »Auf einen, den ich mir aufgeschrieben hab, Dottore. Da, er heißt Manifò Carlo.«
    »Ist er tot?«
       »Nonsi, Dottore. Zum Glück hat seine Hand gezittert, und da hat er ihn am osso pizziddro

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