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Die Nacht des einsamen Träumers.

Die Nacht des einsamen Träumers.

Titel: Die Nacht des einsamen Träumers. Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Andrea Camilleri
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unterschrieb und seine Hand immer ärger schmerzte. »Sag schon, was los ist.«

      Für einen Rückzieher war es inzwischen zu spät. Mimi räusperte sich.

    »Es ist uns nicht gelungen, Tarantino festzunehmen.«
    »Auch diesmal nicht?«
    »Auch diesmal nicht.«

      Es war, als ob das Fenster plötzlich aufgegangen wäre und ein heftiger Windstoß die Unterlagen weggeblasen hätte. Aber das Fenster war geschlossen, und wer die Papiere in die Luft warf, war der Commissario, den Mimis erschrockene Augen jetzt endlich sehen konnten.

    »Scheiße, Scheiße und noch mal Scheiße!« Montalbano kochte vor Wut, er sprang auf, lief im Zimmer auf und ab, steckte sich eine Zigarette in den Mund, Mimi reichte ihm die Streichholzschachtel, Montalbano zündete sich die Zigarette an, warf das noch brennende Streichholz auf den Boden, und mehrere Bögen Papier fingen sofort Feuer, als hätten sie in ihrem Leben auf nichts anderes gewartet. Es war hauchdünnes Durchschlagpapier. Mimi und Montalbano legten zu einer Art Indianertanz los, um das Feuer mit den Füßen zu löschen, und als klar war, dass sie die Partie verloren, griff Mimi nach einer Flasche Mineralwasser, die auf dem Tisch seines Chefs stand, und leerte sie über den Flammen aus. Als der Brand gelöscht war, war den beiden klar, dass es sich nicht lohnte, in dem unbrauchbar gewordenen Büro zu bleiben.

      »Komm, wir gehen schnell einen Kaffee trinken«, schlug der Commissario vor, dessen Wut vorübergehend verraucht war. »Aber sag Fazio vorher noch Bescheid, was passiert ist.«

      Das schnelle Kaffeetrinken dauerte eine halbe Stunde. Als sie ins Büro zurückkamen, war alles aufgeräumt, es roch nur noch ein bisschen brandig. Die Unterlagen waren verschwunden. »Fazio!«
    »Ja bitte, Dottore?«

    »Wo sind die Unterlagen?«
      »Ich sortiere sie gerade in meinem Büro. Außerdem sind sie pitschnass. Ich lasse sie trocknen. Aus dem Unterschreiben wird heute nichts mehr, freuen Sie sich.« Sichtbar froh grinste der Commissario Mimi an. »Also, mein Freund, hast du dich mal wieder linken lassen?« Jetzt machte Augello eine finstere Miene. »Der Kerl ist ein Teufel.«

    Giovanni Tarantino, der seit ein paar Jahren wegen Betrugs, ungedeckter Schecks und gefälschter Wechsel gesucht wurde, war ein distinguierter Vierzigjähriger mit einer herzlichen und offenen Art, die ihm Vertrauen und Sympathie verschaffte. Sodass die Witwe Percolla, die er um mehr als zweihundert Millionen geprellt hatte, in ihrer Aussage gegen Tarantino nichts anderes herausbrachte als ein bekümmertes: »Aber er war so distinguiert!« Im Lauf der Zeit war die Festnahme von Tarantino, der untergetaucht war, für Mimi Augello zur Ehrensache geworden. Nicht weniger als achtmal innerhalb von zwei Jahren war er, überzeugt, dass er ihn erwischen würde, in Tarantinos Haus eingedrungen, und von dem Betrüger nie die geringste Spur.
      »Aber warum hast du dich drauf eingeschossen, dass Tarantino seine Frau besucht?«

      Mimì antwortete mit einer Gegenfrage. »Hast du Signora Tarantino schon mal gesehen? Sie heißt Giulia.«

    »Ich kenne Giulia Tarantino nicht. Wie ist sie?«
      »Schön«, sagte Mimi, der von Frauen etwas verstand, entschieden. »Und sie ist nicht nur schön. Sie gehört zu dieser Kategorie Frauen, die man bei uns früher ›Bettgefährtinnen‹ nannte. Sie hat eine Art, dich anzuschauen, eine Art, dir die Hand zu geben, eine Art, die Beine übereinander zu schlagen, dass es dir ganz anders wird. Sie gibt dir zu verstehen, dass sie über oder unter dem Bettlaken Feuer fangen könnte wie vorhin das Papier.«
    »Durchsuchst du das Haus deswegen meistens nachts?«

      »Du irrst dich, Salvo. Ich will dir die Wahrheit sagen. Ich bin zu der Überzeugung gekommen, dass sich diese Frau darüber freut, dass ich ihren Mann einfach nicht erwische.«

    »Na ja, ist doch logisch, oder?«
      »Zum Teil, ja. Aber daran, wie sie mich anschaut, wenn ich wieder gehe, habe ich gemerkt, dass sie sich auch darüber freut, weil ich als Mann gescheitert bin, als Mimi Augello, nicht als Bulle.«

      »Machst du die ganze Geschichte zu deiner persönlichen Angelegenheit?«

    »Ja, leider.«
    »Oje!«
    »Was heißt hier ›oje‹?«
      »Dass das in unserem Job die beste Möglichkeit ist, Dummheiten zu machen. Wie alt ist diese Giulia?«

    »Sie dürfte gerade dreißig sein.«
      »Du hast mir aber noch nicht gesagt, wieso du so sicher bist, dass er seine Frau ab und zu

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