Die Nacht des Satyrs
weiteren dieser merkwürdigen Talismane zu machen. Es war peinlich. Verrückt.
Sie versuchte, sich ihre Nervosität nicht anmerken zu lassen, als sie aufstand und zu ihrem Schrank ging, das Holzgebilde vor sich herschiebend, und warf es zu den anderen hinein. Da waren so viele.
Bald hätte sie nichts mehr von dem Band übrig, das Raine ihr an dem Abend gab, als sie sich kennenlernten. Was dann? Sie schloss die Spiegeltür und sah, dass er näher kam. Hatte er etwas bemerkt?
Um ihn abzulenken, legte sie verführerisch ihre Arme um ihn. »Natürlich erinnere ich mich. Wir haben uns geliebt, draußen auf der Lichtung«, antwortete sie. »Obwohl ich nicht mehr weiß, wie wir dorthin gelangt sind.«
»Du bist geschlafwandelt, und ich habe dich gefunden. Morpheus, eine Kreatur der Anderwelt, der dich mir wegnehmen will, hatte dich zur geweihten Klamm gelockt.«
Sie wurde blass. »Ich dachte, das wäre ein Traum.«
»Nein. Du hast letzte Nacht empfangen.« Ob von ihm oder Morpheus, konnte er nicht sagen. Wusste sie es?
Sie legte eine Hand auf ihren Bauch. »Das ist ausgeschlossen! Es ist mehr als wahrscheinlich, dass ich unfruchtbar bin.«
»Für einen Mann mit Satyr-Blut ist keine Frau unfruchtbar. Wie ich dir schon erklärte, kann ich Frauen schwängern, die fünfmal so alt sind wie du, wenn ich will.«
»Aber es ist fast sicher, dass ich nicht einmal einen Uterus habe«, erwiderte Jordan, die ihm nicht glauben konnte. »Und selbst wenn ich einen habe, wurde mir gesagt, dass meine männlichen Organe die weiblichen dominieren und ich folglich nie ein Kind austragen könnte.«
»Nimm mich beim Wort. Du bist guter Hoffnung. Ich schätze, dass du in vier Wochen gebären wirst.«
Jordan grinste spöttisch. »Dich sollte dringend jemand in menschlicher Biologie unterrichten.«
»Nicht nötig. Ich bemühe mich gerade, dich in die Satyr-Biologie einzuweihen«, entgegnete er. »Satyr-Kinder wachsen vier Wochen im Mutterleib heran wie alle Kinder, die der Anderwelt entspringen.«
Verblüfft tastete Jordan ihren Bauch ab. Er war tatsächlich schon fest und ein bisschen gewölbt. »Wie praktisch!«
In diesem Augenblick fiel ihr ein Traumfetzen ein. »Waren Nick und Lyon letzte Nacht mit uns in der Klamm? Oder habe ich das nur geträumt?«
Raine sah sie prüfend an, weil er nicht sicher war, wie viel sie wusste. »Nick war dort, mit Jane. Aber wir verbrachten den Ruf getrennt von ihnen.«
»Und Lyon?«
Raine stutzte. »Er ist in Paris. Hast du das vergessen?«
»Nun tu nicht so, als sei meine Frage ganz besonders abwegig! Auf Satyr-Grund geschehen viele unmögliche Dinge – wie beispielsweise vierwöchige Schwangerschaften bei Frauen ohne Schoß.«
»Du hast einen Schoß, vertrau mir! Mein Schwanz hat ihn mehr als einmal berührt. Angesichts deines Zustandes siehst du hoffentlich ein, dass wir heiraten müssen, nicht wahr?«
Sie wirkte besorgt. Jordan zu heiraten, würde ihm Schwierigkeiten bescheren, aber er könnte ihr nie vergeben, wenn sie darauf bestand, dass ihr Kind unehelich zur Welt kam.
Doch er irrte sich, was den Grund ihrer Sorge anging. »Es ist nicht ungewöhnlich, dass Erstgeborene zu früh auf die Welt kommen.«
Es dauerte einen Moment, bis sie verstand, was er meinte. »Acht Monate zu früh? Alle werden glauben, dass wir unsere Treueschwüre vorweggenommen haben, so wir denn welche leisten.«
»Macht es dir etwas aus?«
»Nicht im mindesten. Ich dachte, es würde dir etwas ausmachen.«
Er zuckte mit den Schultern. »Mit Klatsch und Tratsch kann man leben.«
Und das von dem Mann, der Gerede zutiefst verabscheute?
»Ich wünsche mir lediglich gesunde Satyr-Kinder«, sagte er.
»Wird die Niederkunft normal verlaufen?«, fragte sie.
»Ziemlich.«
»
Ziemlich?
«
»Ja, ziemlich normal für eine Satyr-Geburt.« In Wahrheit konnte er ihr nicht versprechen, dass es ein Satyr-Kind wäre und kein anderes, was sie gebären sollte.
»Ein wenig ausführlicher dürften deine Erklärungen gern ausfallen.«
»Komm mit, ich habe einiges mit Nick zu besprechen. Wir gehen zu ihm, und dort kannst du Jane deine Frauenfragen stellen.«
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30
A ls sie beim Castello di Blackstone ankamen, waren Hof und Gärten ein einziges Blumenmeer. Selbst im Herbst grünte und blühte es hier, wohin man auch schaute. Jordan staunte jedes Mal darüber, wenn sie herkam, und auch heute wieder schüttelte sie verwundert den Kopf.
»Deine Schwester hat wahrlich einen grünen Daumen«, murmelte Raine.
»Und das ist
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