Die Nacht des Satyrs
Feuer unter dem Behälter erhitzte und verdampfte das Quecksilber, das Salerno aus der Glasflasche genommen und zu Füßen des Bischofs geschüttet hatte. Die Dämpfe waberten über seine Haut und stiegen ihm in die Nase. In regelmäßigen Abständen kam eine hübsche junge Sizilianerin, die das Feuer schürte, bis er glaubte, bei lebendigem Leibe zu kochen, und entlockte ihm eine Tirade von Flüchen.
»Euer sogenanntes Heilmittel ist schlimmer als meine Krankheit!«, brüllte er.
»Ihr könnt jederzeit aus dem Dampfbad steigen«, erwiderte Salerno. »Was ich Euch allerdings nicht empfehlen würde, denn Euer Fall ist fortgeschritten.«
»Was sagt Ihr mir das, als wüsste ich es nicht?«, schimpfte der Bischof.
»Es gibt nicht allzu viele Behandlungsmöglichkeiten für die französische Krankheit. Übrigens heißt sie bei den Franzosen ›die italienische Krankheit‹. Keine Nation möchte sich ein solch berüchtigtes Leiden zuschreiben lassen. Isabella!«, rief Salerno. »Mehr Holz!« Auf seinen Befehl hin kam das Mädchen heraus und schürte das Feuer abermals.
Zischender Dampf brachte den Bischof zum Keuchen. »Ich koche, Ihr Narr! Lasst mich aus diesem Kasten, bevor ich sterbe!«
Salerno bedeutete der jungen Frau, ins Haus zu gehen. »Lass uns einen Moment allein!«
Kaum war sie fort, tippte er auf den Riegel des Kastens und sah den Bischof an. »Ihr kamt mit Neuigkeiten. Lasst sie mich hören, und ich befreie Euch! Wo finde ich La Maschera?«
»In der Toskana! In der Toskana, verdammt!«
Salernos Lippen wurden zu schmalen Linien. »Die Toskana ist recht ausgedehnt. Wo genau dort?«
»Auf dem Satyr-Weingut. Der mittlere der drei Brüder treibt es mit Eurem kleinen Schützling. Er will das Ding sogar heiraten, stellt Euch vor!«
Salernos Hand packte den Bischof an der Gurgel. »Ist das die Wahrheit?«
»Ja, ich schwöre es beim Namen meiner Mutter!«
»Nun gut.« Salerno öffnete den Riegel des Dampfkastens, und der Bischof kroch gerade aus dem grausamen Behälter, als das sizilianische Mädchen wieder in den Hof trat. Beim Anblick des geröteten, tropfenden Nackten kreischte sie entsetzt, schlug sich die Schürze vors Gesicht und rannte ins Haus zurück.
Der Bischof sah ihr nach. »War das wirklich ein Heilmittel, oder wolltet Ihr mich bloß quälen?«, japste er.
»Angeblich soll es helfen. Lasst mich wissen, ob es gewirkt hat.«
Als er bemerkte, wohin der Bischof schaute, fügte Salerno hinzu: »Es wird gesagt, einer Jungfrau Gewalt anzutun, könne einige der Symptome lindern. Das könntet Ihr zur Sicherheit noch versuchen. Ich wäre bereit, etwas für Euch zu arrangieren – gegen ein gewisses Entgelt.«
Der Bischof blickte nachdenklich zur Tür, durch die das Mädchen eben verschwunden war, und fühlte, wie sein Schwanz zuckte. Dann sah er zu Salerno. »Wie viel?«
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25
Ä rger und Enttäuschung waren Jordans einzige Gefährten, als sie eine volle Stunde nach dem Abendessen wartete. Sie lief auf und ab, las, lief wieder auf und ab, nahm sich ihre Stickarbeit vor, und lief abermals auf und ab. Um Schlag neun verließ sie nur in ihrem Nachthemd und einem Morgenmantel ihr Zimmer, ein kleines sorgfältig geschnürtes Päckchen in der einen Hand. Leise stieg sie die Wendeltreppe hinunter, die zum Weinkeller führte.
Als sie die letzte Stufe erreichte, konnte sie die langen Fässerreihen überblicken, die sich unendlich hinzuziehen schienen. Weit hinten war ein schwaches Licht zu erkennen.
Wieder arbeitete Raine bis spät abends hier bei seinen Weinen. Seine Versuche mit Kreuzungen, das Prüfen der frisch gepressten Trauben, der Abstich von Weinen aus Vorjahren und das Mischen sowie sämtliche Pflichten Lyons, die er übernahm, solange sein Bruder in Paris weilte, hielten Raine von morgens bis weit in den Abend hinein beschäftigt.
Dennoch fand er die Zeit, jede Nacht seiner Pflicht bei ihr nachzukommen und beständig den Schutz zu verstärken, von dem er behauptete, der Liebesakt würde helfen, diesen besonderen Schleier um sie zu weben. Doch leider haftete seinen Zärtlichkeiten in letzter Zeit etwas Distanziertes an, was ihr verriet, dass er ihr nach wie vor die Ablehnung seines Antrags verübelte. Alles Erdenkliche hatte sie probiert, um ihn aus der Reserve zu locken, aber sein Kopf wie sein Herz blieben unbeteiligt. Und mittlerweile verzehrte sie sich nach seiner vollen Zuwendung.
Also hatte sie einen Plan geschmiedet. Heute Nacht wollte sie ihn ganz für sich haben.
Früher am
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