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Die Nacht des schwarzen Zaubers

Die Nacht des schwarzen Zaubers

Titel: Die Nacht des schwarzen Zaubers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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schwiegen die Dieselmotoren. Das Übersetzen an Land mußten jetzt die Eingeborenenboote übernehmen. Von Stechpaddeln getrieben, kamen sie schnell näher. Die braunen nackten Oberkörper glänzten in der Sonne. Eine helle Stimme gab den Rhythmus an, ein skandierender Singsang, begleitet vom Klatschen der Paddel. An einer hohen, weißlackierten Fahnenstange, die man erst zwischen den Palmen am Rand der flachen Felsen sah, stieg eine Fahne hoch: der Union Jack.
    »Er lebt also noch!« sagte Bob Skey sarkastisch. »Das macht er nun seit fast zwanzig Jahren. Immer, wenn ein fremdes Schiff kommt, hißt er die Fahne und bläst auf seiner alten Trompete God save the Queen.«
    »Wer?« fragte Baumann.
    »Dr. Vince Rank. Wo andere ein Hirn haben, plätschert bei ihm Schnaps! Ein harmloser Paralytiker.«
    »Wie schön!« sagte Volker leise. Eng an seinen Vater geschmiegt, blickte er den Booten und den paddelnden Eingeborenen entgegen. Am Ufer hatten sich die Frauen versammelt, Blütenketten in den Händen. Eine Schar Kinder, nackt und mit Trommelbäuchen, standen bis zu den Knien im seichten Wasser. Vom Land her erklang jetzt Trompetengeschmetter. God save the Queen. Tatsächlich. Dr. Rank stand breitbeinig vor seiner Flagge und blies mit aller Kraft. Ein paar Töne mißlangen, aber das trübte den Spaß keineswegs.
    »So habe ich mir das immer vorgestellt, Paps«, sagte Volker. Sein Herz klopfte heftig. »Bleiben wir hier wirklich?«
    »Wenn du willst, mein Junge.«
    »Und ob ich will.«
    Die Ausschiffung gelang ohne Schwierigkeiten. Man kletterte über eine Strickleiter in die Eingeborenenboote und hockte sich auf die schmalen Sitzbretter. Bob Skey bemühte sich um Marga; er half ihr beim Herunterklettern, umfaßte ihre Hüften und hob sie ins Kanu. Er ließ seine Hände wie unbeabsichtigt an ihr hochgleiten. Sie nahm es gar nicht wahr, vollauf damit beschäftigt, im schwankenden Boot Fuß zu fassen. Aber Hansen, der noch an Deck war, sah es deutlich. Bob Skey grinste hämisch zu ihm hinauf.
    Wir werden uns in allerkürzester Zeit die Fresse einschlagen, dachte Hansen wütend. Du bist zwar zehn Jahre jünger als ich, aber in der Not kann aus einem Hund wieder ein Wolf werden.
    Dr. Rank stand am Ufer, seine alte, verbeulte Trompete unter den Arm geklemmt, als die drei Boote mit den Fremden an Land gingen. Neben ihm wartete ein brauner massiger Eingeborener in buntbedruckten Shorts amerikanischer Provenienz, einem bis zum Hals zugeknöpften weißen Hemd und einer schwarzen Anzugjacke. Die Füße waren nackt, aber auf dem dicken runden Schädel trug er einen Hut à la Homburg, geschmückt mit den Federn des Kardinalvogels. Neben ihm stand ein schlankes Mädchen mit langen, bis in die Kniekehlen wehenden Haaren, den Körper in ein buntbedrucktes Baumwolltuch eingerollt, so eng, daß sich die Hüften, der schlanke Leib deutlich abzeichneten.
    »Ganz großer Bahnhof!« sagte Skey lachend. »Ein Besoffener. Häuptling Balolonga und seine Tochter Sathra. Wir können wieder umkehren, Herrschaften, noch ist es nicht zu spät!«
    »Warum?« Baumann legte den Arm um Volkers Schulter. »Hier wollen wir leben.«
    Bob Skey lachte schadenfroh. »In vier Wochen denken Sie anders. Sie bekommen doch sicherlich ein Funkgerät«, sagte er. »Ich bin immer da, wenn Sie Hilfe brauchen.«
    »Das werden Sie nie erleben!« sagte Hansen feierlich. »Und wenn wir vor Heimweh in die Palmen beißen müssen.«
    Ein Gewimmel von braunen Händen griff zu, als sie ans Ufer stiegen. Man zog sie fast aus den Booten, um ihnen sogleich die Blütenketten um den Hals zu werfen. Ein Schwall von Stimmen brach über sie herein, eine eigenartige wohlklingende Sprache mit vielen Vokalen war zu vernehmen. Das Kreolisch der Seychellen. Dr. Rank setzte seine Trompete an die Lippen und blies einen Tusch.
    »Willkommen im Arsch der Welt!« brüllte er. Mit der Trompete bahnte er sich einen Weg durch die Mauer der Eingeborenen. Erst sah er Volker, dem Sathra gerade eine Blütenkette umhängte. Er stutzte, blieb stehen, betrachtete den Jungen flüchtig und drängte sich dann vollends durch die Menge.
    »Sind Sie der Boß?« fragte er, als er auf Baumann stieß. Marga und Claudia waren von den schnatternden Frauen eingekreist.
    »Man kann's so nennen, Alex Baumann. Sie sind Dr. Rank?«
    »Ha! Man hat Ihnen von mir erzählt, was? Der versoffene Vince! Seien Sie froh, daß es mich gibt. Ich bin die einzige Abwechslung auf diesem bewohnten Scheißhaufen!« Er klemmte die

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