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Die Nacht des schwarzen Zaubers

Die Nacht des schwarzen Zaubers

Titel: Die Nacht des schwarzen Zaubers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Familie Baumann aus und trugen sie, von Kopf zu Kopf weiterreichend, an Land. Irgendwo in einer finsteren Ecke seines Hauses rumorte Dr. Rank herum. Ein träger Wind trug den Geruch von gebratenem Fleisch zu ihnen herauf … da und dort stiegen Rauchsäulen zwischen den Hütten in den Himmel.
    »Hier wollen Sie also bleiben?« fragte Skey.
    »Ja!« antwortete Volker, bevor Baumann sich die Antwort überlegt hatte.
    »Ich könnte Ihnen auf Mahé einen Bungalow direkt am Strand besorgen. Romantik mit Kultur.«
    »Sie hören doch: Wir bleiben!« sagte Hansen grob. »Wir danken Ihnen für Ihre Hilfe, Ihr Geld für den Transport haben Sie bekommen, und im übrigen glaube ich nicht, daß wir Sie noch einmal benötigen.«
    »Ich bin ein Menschenfreund und komme freiwillig.« Bob Skey grinste Hansen böse an. Dann wandte er sich ab, setzte seinen Fuß auf das Gebilde, das Dr. Rank Terrasse oder Freisitz nannte, und steckte die Hände in die Taschen seiner weißen Hose.
    »Du magst ihn nicht leiden, Titus?« fragte Marga. Im Innern des Hauses schepperte etwas. Rank schien sich mit seinen Antiquitäten zu befassen.
    »Ein aalglatter Bursche!« sagte Titus Hansen.
    »Aber er kann uns viel helfen.« Es war Claudia, die das sagte. Sie hockte auf einer Holzbank, die Beine angezogen, das Kinn auf die Knie gestützt. Sie sah Hansen dabei nicht an, aber sie sagte es so, daß es wie eine versteckte Verteidigung klang.
    Es ist einfach zum Kotzen, dachte Hansen. Eine behaarte Brust mit einem goldenen Medaillon, das Lächeln mit dem Traumgebiß, eine routiniert zur Schau gestellte Männlichkeit, und schon rasselt der Puls der Weiber! Was hat unsereiner dem entgegenzusetzen? Vernunft? Ich lache. Welche Chance hat die Vernunft je gegen das Muskelspiel eines Mannes gehabt?
    »Wenn es gleich knallt«, rief Dr. Rank aus der Tiefe seines Hauses, »dann ist das keine Explosion, sondern die Bereitschaft meines Spirituskochers, mir zu gehorchen! Ich will Ihnen einen Tee machen, und das wird mir gelingen, verdammt noch mal!«
    »Hört mal alle zu«, sagte Alexander Baumann ernst. Er legte den Arm um Volkers Schulter und sah seine Frau an. Margas Blick verriet ihm alles: Hilflosigkeit vor dieser fremden Welt, Angst vor der Zukunft, Enttäuschung vor der Wirklichkeit. Ein Paradies sieht anders aus, las er in ihren Augen. Denk an Essen, Alex, an unser Haus. Der schöne Garten, die Möbel und die Teppiche, die tausend Kleinigkeiten, die einem lieb geworden waren, das Segelboot auf dem Baldeney-See, die vielen Freunde … Was haben wir nun dagegen eingetauscht?
    »Wir werden uns hier eine neue eigene Welt zusammenzimmern!« sagte Baumann fest. »Und ich weiß, daß wir glücklich sein werden!«
    »Ich bin glücklich«, sagte Volker leise.
    »Das ist die Hauptsache.« Baumann sah seine Frau fast flehend an. »Was wollen wir mehr?«
    Ein dumpfer Knall ließ sie zusammenschrecken. Dann roch es plötzlich penetrant nach Spiritus. »Es brennt!« jubelte drinnen der Doktor. »Freunde, in zehn Minuten gibt es Tee à la Aimée!«
    Der Tee schmeckte säuerlich und hatte wenig Ähnlichkeit mit einem normalen Tee. Dr. Rank erklärte stolz, dies sei Eigenbau und erfülle den Zweck jeden Tees: Er rege kräftig an. Man trank nur einen Becher davon – Tassen konnte Rank im Augenblick nicht finden –, und man wurde alsbald durch Häuptling Balolonga von diesem Getränk erlöst, der mit drei übers ganze Gesicht strahlenden Eingeborenen auf Ranks Haus zukam. Balolonga verbeugte sich mehrmals, brüllte etwas auf Kreolisch, und Dr. Rank übersetzte: »Er will Ihnen das Grundstück zeigen, das die Regierung Ihnen verpachtet hat. Ich kenne den Bauplatz. Ein herrliches Fleckchen Erde mit einer eigenen Bucht und einem Sandstrand. Gehen wir.«
    Später standen sie auf einer kleinen Anhöhe und blickten über das tiefblaue Meer, zu ihren Füßen der weißschimmernde Strand, im Rücken der Palmenwald, den man roden mußte und in dem einmal – windgeschützt durch eine Felsenwand, die wie eine flache Hand aufragte – das Haus stehen sollte.
    Die Familie Baumann stand dicht beisammen am Rand der Böschung. Das gleichmäßige Rauschen des Meeres und das Knattern der großen Palmenfächer umgab sie. Schwarzweiße Vögel, den Möwen ähnlich, umkreisten sie kreischend. Über eine Felsenspitze, die in die See hineinstieß, klatschten die Wogen. Eine Welt im Urzustand, ergreifend ihre Schönheit, und doch zugleich wie eine stumme Drohung.
    »Fantastisch!« rief Baumann

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