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Die Nacht des schwarzen Zaubers

Die Nacht des schwarzen Zaubers

Titel: Die Nacht des schwarzen Zaubers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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jetzt in Ihnen vorgeht. Sie halten das alles für Humbug.«
    »Genau! Machen Sie ein Ende, Doktor!«
    Der kleine schwarze Junge hatte unmittelbar nach dem Schrei ein Feuer entfacht und setzte die flachen Metallschalen auf die flammenden Holzknüppel. Es war trockenes Holz, das sofort prasselnd brannte und angenehm roch.
    »Jetzt geht es los!« sagte Dr. Rank leise. »Gleich stinkt und kracht es.«
    »Warum hat er nur so fürchterlich geschrien?« fragte Marga tonlos. »Doktor, lassen Sie mich zu meinem Jungen. Ich muß sehen, was er mit ihm gemacht hat. Bitte …«
    »Ich habe Tomamai hundertmal bei seinen Beschwörungen zugesehen, um hinter sein Geheimnis zu kommen.« Dr. Rank starrte auf die Tür seines Hauses. Gleich mußte der große Zauberer erscheinen. Wie er sich bewegte, wie er den Kopf hielt, wie er um das Feuer schreiten wird, all das konnte Aufschluß geben über seine Einstellung zu Volkers Krankheit. Eines war sicher: Von Leukämie hatte Tomamai keine Ahnung. Aber sein geheimnisvolles Wissen von der Natur des Menschen hatte jene unheimliche Kraft, die selbst der modernsten Medizin ein Rätsel bleiben wird.
    »Es mag dämlich klingen«, sagte Dr. Rank, »aber manchmal erinnert er mich an Rasputin. Ich wußte, daß Sie mich jetzt mitleidig ansehen, Alex! Erinnern Sie sich? Niemand konnte den Zarewitsch, der ein Bluter war, heilen, aber Rasputin legte nur seine Hände auf den Jungen, streichelte ihn, und die Blutungen kamen zum Stillstand. In Rußland wurde Rasputin ein Heiliger, so heilig, daß man ihn ermordete. Natürlich ist medizinisch alles erklärbar, auch das gewisse Streicheln eines Rasputin. Mesmerismus, könnte man sagen. Beeinflussung physiologischer Zustände durch ein Magnetfeld. Aber in der letzten Konsequenz ist es eben unerklärbar.« Er schwieg, klopfte sich an die Stirn und lächelte traurig. »Erstaunlich, was dieses versoffene Gehirn noch denken kann, was?«
    »Warum kommt er nicht heraus?« stammelte Marga. »Was macht er mit Volker? Sehen Sie doch einmal nach, Doktor.«
    »Ich werde mich hüten! Tomamai würde nie wieder kommen!« Er zuckte wie die anderen zusammen. Wieder ein gellender Schrei! Dann erschien Tomamai in der Tür. Hüpfend und mit krallenartig gebogenen Fingern bewegte er sich auf die Feuer zu und umkreiste sie. Der schwarze Junge rannte zur Seite, warf sich bäuchlings auf die Erde und vergrub sein Gesicht in den Armen.
    »Aha!« flüsterte Rank Marga zu. Sie zitterte heftig und klammerte sich an Baumann fest. Titus Hansen, der bisher stumm auf einem Hauklotz gesessen hatte, legte den Arm um Claudias Hüfte. In ihren Augen stand die nackte Angst.
    »Was heißt Aha?« fragte Hansen leise. »Das ist doch billigstes Theater. Im Fernsehen machen sie das besser.«
    »Warten Sie es ab!« Rank kratzte sich den eisgrauen Stoppelkopf. »Auch unsere Medizin arbeitet mit dem Glauben! Geben Sie einem Patienten eine harmlose Kalktablette und sagen Sie ihm, daß das ein starkes Schlafmittel ist – hupp, schon schläft er!«
    »Hier geht es um Leukämie, Charlie!« entgegnete Hansen heftig.
    »Zum Teufel, still jetzt!« Rank knurrte wie ein angeketteter Hund. »Ich weiß selbst, daß man mit Bluttransfusionen und Milzbestrahlungen arbeitet und am Ende doch den Kampf verliert.«
    »Ich halte das hier für ein Verbrechen!« Hansen blickte zu Baumann hinüber. »Alex, du solltest per Funk einen Hubschrauber aus Mahé anfordern. Der Junge muß ins Krankenhaus!« Ein Klirren unterbrach ihn. Tomamai tanzte um die kleinen Feuer, auf denen jetzt die drei eisernen Schalen glühten. Eine Kette aus Muscheln und Knochen hüpfte in seinen Händen. Erst schwang er sie durch die Luft, dann schlang er sie um seinen Hals und zog an ihr, als wolle er sich damit erwürgen. Mit einem schrillen Schrei brach er dann in die Knie, riß aus den Säcken getrocknete Kräuter und Wurzeln, warf sie in die glühenden Pfannen, schüttete aus einem Blechkanister eine Flüssigkeit darüber, wobei er den Oberkörper zuckend hin und her bewegte. Sein Kopfputz tanzte, und die grinsende Göttermaske wurde auf unheimliche Weise lebendig.
    Ein fürchterlicher Gestank stieg mit den Rauchwolken aus den Pfannen. Es roch nach verbranntem Vogelmist. Beizend legte sich der Gestank auf die Schleimhäute, machte das Atmen schwer und trieb Übelkeit und Würgen in die Kehle. Marga wandte sich ab. Baumann mußte sie stützen und drückte ihren Kopf fest an seine Brust.
    Plötzlich sah er Sathra. Sie stand abseits im Schatten der

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