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Die Nacht des schwarzen Zaubers

Die Nacht des schwarzen Zaubers

Titel: Die Nacht des schwarzen Zaubers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Die wie Ameisen herumwimmelnden Eingeborenen hatte gerade das Dach gerichtet; so schnell geht ein Hausbau, wenn ungefähr fünfzig Männer und Frauen unter Häuptlingsgebrüll zehn Stunden am Tag arbeiten. Der besagte Zusammenbruch war da. Die höllische Krankheit schlug zu. Volker lag bei Dr. Rank auf einem Bett, umgeben von altem Gerümpel. Er glühte im Fieber. Unter der Sonnenbräune wurde seine Haut farblos: Eine seltsame Fahlheit war das, ein Braungrau, das wie Schmutz auf der Haut lag.
    Dr. Rank saß am Bett und stierte vor sich hin. Dann ging er vor die Tür, schickte Marga ins Zimmer und setzte sich zu Baumann auf die Balustrade seiner Terrasse. »Das ist wieder eine der Situationen«, sagte er, »da mir klar wird, welch ein wertloser Scheißkerl ich doch bin. Mit normaler Scheiße kann man noch düngen, aber ich bin zu nichts mehr nütze! Was habe ich an Medikamenten? Nichts! Meine Spritzen sind alt und verrostet. Als ich auf die Insel kam, hatte ich mir geschworen, den Arzt zu vergessen. Das ist verdammt schwer, Alex, wenn man einmal mit Leib und Seele Arzt gewesen ist. Hier brauchte man mich nicht; sie haben hier den alten Tomamai, den Medizinmann. Sie kennen ihn noch nicht. Er haust abseits in einer Höhlenwohnung, und wenn er einen Kranken behandelt, macht er einen Zauber, daß ein vernünftiger Mensch sich vor Lachen in die Hosen schrullt. Aber es hilft, Alex! Die Kranken werden gesund! Sie lassen den schwarzen Zauber über sich ergehen, verdrehen die Augen, fallen in Trance, zucken, und wenn sie wieder klar sind, springen sie auf, und alles ist vorüber. Ich habe mir das Jahrzehnte angesehen und festgestellt, daß wir Schulmediziner doch nur lateinisch behämmerte Idioten sind. Tomamai macht seinen schwarzen Zauber, verbrennt stinkende Wurzeln, verabreicht Säfte, die wie Pisse schmecken, ich hab' sie selbst probiert, und er sticht besonders prekären Patienten mit einer zwanzig Zentimeter langen Nadel in den Balg. Nein, keine Akupunktur, mit solchen Feinheiten hält sich Tomamai nicht auf. Er rammt die Nadel den Kerlen, sogar den Weibern, mit juchu in den Hintern, und die Patienten frohlocken: Alles ist weg!« Dr. Rank wischte sich über das zerknitterte Gesicht. »Nachdem ich das gesehen hatte, gab es keine andere Wahl, als mein Arztsein zu vergessen. Aber jetzt, verdammt noch mal, wäre ich nötig! Der Junge hat einen neuen Schub! Die Milz ist hart und geschwollen, ein bißchen auch die Lymphdrüsen. Vor einer halben Stunde hatte er Nasenbluten. Was konnte ich tun? Wie Urgroßmutter einen Lappen mit Essig auf die Nase klatschen! Zum Kotzen, Alex! Ich schäme mich! Ich kann absolut nichts tun, und ich mache Ihnen den Vorwurf, daß Sie Volker hier in die Wildnis schleppen, statt ihm in einem Krankenhaus die Chance einiger Jährchen zu schenken!«
    »Zwei Jahre, Charlie, höchstens. Es war Volkers Wunsch, sie nicht im Bett liegend zu verbringen, sondern seine Jugendträume erfüllt zu bekommen.« Baumann starrte hinunter zum Meer. Träge lief es den Strand an. Von fern hörte man das Hämmern und Sägen beim Hausbau. In der Mischmaschine kochte zum erstenmal eine dicke Suppe und wurde durch die rotierende Trommel gerührt. Rank hatte die Maschine eingeweiht, nachdem die Feuerung, eine Eisenwanne, angeschweißt worden war. Balolonga selbst drehte die Trommel mit dem glückstrahlenden Gesicht eines Kindes.
    »Wie lange dauert so ein Schub?« fragte Baumann leise.
    »Unbehandelt? Da fragen Sie mich zuviel, Alex.«
    »Soll ich den Jungen nach Mahé ins Krankenhaus bringen?«
    »Mit einem Katamaran der Eingeborenen? Verrückt! Der Junge ist jetzt nicht transportfähig.«
    »Ich würde Bob Skey über Funk rufen …«, sagte Baumann stockend. »Man muß in solchen Situationen vergessen können.«
    »Auch Bob kann ihn nicht wegbringen. Nicht jetzt! Jede körperliche Anstrengung muß verhindert werden; das ist bei mir noch haftengeblieben vom medizinischen Wissen! Ungeheuer viel, was?« Dr. Rank lachte bitter. Dann blickte er hinunter ins Dorf und wurde sehr nachdenklich. »Wir sollten Tomamai holen«, sagte er langsam.
    »Den Medizinmann? Charlie! Das schlagen Sie als Arzt vor?«
    »Zum Teufel, ich bin kein Arzt mehr! Ich sehe voll Neid zu, wie dieser Tomamai mit seinen übelriechenden Säften Krankheiten heilt, für die wir in der übrigen Welt ganze Industrien beschäftigen! Alex, ich hole ihn! Ich blase ihn herbei.«
    Er klemmte seine Trompete unter den Arm und wollte zu seiner Fahnenstange gehen, seinem

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