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Die Nacht des schwarzen Zaubers

Die Nacht des schwarzen Zaubers

Titel: Die Nacht des schwarzen Zaubers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Jungen. Bitte.«
    Tomamai sah ihn stumm an. Dann hob er wie segnend die Hand, drückte Baumann mit einer Kraft, die für diesen alten Körper ebenso rätselhaft war wie der ganze Zauber, zur Seite und ging mit ruhigen, langsamen und feierlichen Schritten den Hügel hinab ins Dorf. Schon nach wenigen Metern hatte ihn die Dunkelheit verschlungen. Der schwarze Junge mit dem Sack auf dem Rücken lief hinterher wie ein Frosch, der es sehr eilig hat.
    »Ich weiß, ich sollte euch jetzt alle aus dem Haus schmeißen!« sagte Dr. Rank energisch. Er stand am Fußende von Volkers Bett und hatte die Hände tief in die Hosentaschen vergraben. Marga und Claudia saßen auf dem Bettrand, Hansen und Alex Baumann hockten auf der alten Kommode – die einzige Sitzgelegenheit in dieser Rumpelkammer. Das Licht der Petroleumlampe erhellte nur schwach den Kopfteil des Bettes und das schmale im Schlaf entspannte Gesicht des Jungen. Rank hatte die Lampe zurückgedreht.
    »Der einzige Mensch, vor dem ich noch Achtung habe, ist von Ihnen vertrieben worden.«
    »Sie haben Ihre Nerven im Schnaps konserviert; wir haben sie noch und hängen an ihnen«, sagte Hansen. »Es tut uns leid, Doc …«
    »Was Ihnen leid tut, ist mir scheißegal. Mein Gott, wie friedlich war diese Insel! Aimée, das vergessene Paradies! Und kaum, daß die Zivilisierten aufkreuzen, ist die Hölle los!«
    »Sie haben nie ein Kind gehabt«, sagte Marga leise und hielt Volkers schlaffe Hand fest. »Sie haben immer nur … sich selbst geliebt.«
    »Wissen Sie das so genau, schöne Dame? Wer hat Ihnen von mir erzählt? Was von meinem Leben bekannt ist, sieht ungefähr aus wie ein von Motten zerfressener Sack!« Dr. Rank stützte sich gegen das eiserne Bettgestell. »Ich hatte eine Tochter, sie starb an Hirnhautentzündung. Nicht sofort. Sie starb vier Jahre lang in völliger Verblödung. Als wir sie begraben hatten, warf sich meine Frau vor einen Zug. Mittendurch geteilt und aus … O nein, ich weiß nicht, wie es einem Mann und Vater zumute ist! Und ich habe auch kein Recht gehabt, zum Säufer zu werden, ich hätte mehr Nerven haben sollen, nicht wahr, Nerven wie Sie! Leckt mich doch alle am … Abend!« Er schnaufte durch die Nase und betrachtete Volker mit zusammengekniffenen Augen.
    »Mich wundert, daß Tomamai seine Medizin zurückgelassen hat«, sagte Rank plötzlich ruhiger. »Sonst gibt er nur soviel her, wie nötig ist.«
    »Ja.«
    »Ich habe daran gerochen. Sie stinkt nach … nach …«
    »… Pisse! Sprechen Sie's ruhig aus.« Dr. Rank ging um das Bett herum, führte die hölzerne Schüssel an die Nase und schnupperte. Dann nahm er einen kleinen Schluck und hustete verdächtig. »Das zieht jeden Tuberkel aus der Lunge. Donnerwetter!«
    »Ob Volker das getrunken hat?« fragte Baumann besorgt.
    »Unter Garantie! Wollen Sie mal, Alex?« Rank hielt ihm die Schüssel hin. Baumann und Hansen tranken einen kleinen Schluck und gaben die Schüssel mit verzerrten Lippen zurück.
    »Wenn Sie nicht ein alter Mann wären, Charlie«, sagte Hansen gepreßt, »würde ich Sie jetzt verprügeln für die Idee, diesen Zauberer geholt zu haben. Und wir verdienen Prügel, daß wir es zugelassen haben.« Er warf die Schüssel in das Gerumpel. Dr. Rank sah Hansen entgeistert an und tippte dann an seine Stirn.
    »Wird Volker morgen früh transportfähig sein?«
    »Blind sind Sie auch noch?« Rank trat ans Bett und beugte sich über den Jungen. »Mrs. Baumann, Sie halten doch seine Hand. Merken Sie denn nichts?«
    »Er … er schläft ganz ruhig«, stotterte Marga.
    »Er schläft ganz ruhig!« äffte Rank sie nach. »Alex, kommen Sie mal her. Legen Sie Ihre Vaterhand mal auf Volkers Stirn! Na? Sagen Sie es schön laut …«
    Baumann legte vorsichtig seine Hand auf die Stirn des Jungen. Dann starrte er der Reihe nach Rank, Marga und die anderen an. »Er hat kein Fieber mehr …«, sagte er stockend, dann lauter, und es klang wie ein unterdrückter Schrei: »Mein Gott, er hat ja gar kein Fieber mehr! Das Fieber ist weg!«
    »Die Medizin …« Hansen starrte die geschnitzte Schüssel an, die er zum Gerumpel geworfen hatte.
    »Jawohl, die Medizin, die Sie in die Ecke geworfen haben!« sagte Rank aufgebracht. »Er hat den Rest für morgen hiergelassen.«
    »Wir müssen sofort Tomamai wieder rufen!« Baumann rannte zur Tür, doch Rank hielt ihn fest.
    »Wissen Sie, wo er wohnt?«
    »Nein! Aber jeder im Dorf kann es mir sagen!«
    »Keiner wird es Ihnen sagen, keiner Sie hinführen! Noch niemand hat

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