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Die Nacht des schwarzen Zaubers

Die Nacht des schwarzen Zaubers

Titel: Die Nacht des schwarzen Zaubers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Menschenfresser, keine Räuber und keine Mörder. Die werden höchstens importiert!«
    »Tomamai wird kommen«, sagte Alexander mit einem tiefen Seufzer. Sathras Lippen – er meinte sie jetzt noch zu spüren. Ihr Kuß brannte wie Feuer auf seinem Mund.
    »Aha. Sie beten hier draußen, damit er kommt.«
    »So ähnlich. Sathra holt ihn.«
    »Sathra?« Dr. Rank sah Baumann mit schiefgeneigtem Kopf an. »Mein lieber Alex, ich kann zwar am besten in die Flasche gucken, aber ab und zu habe ich auch einen unbestechlichen Blick für meine Umgebung. Sie sehen ein weibliches Wesen mit Ihren treuen Augen an, und schwupp hat es geknackt, und gebrochen ist das arme Herz.«
    »Sie sind wieder betrunken, Vince!«
    »Das bin ich! Da gehen einem Wahrheiten widerstandslos von den Lippen. Sathra könnte Ihre Tochter sein. Aber auch das ist eine dumme Argumentation, ich weiß.«
    »Sie sehen Dinge, die absurd sind, Vince! Ich liebe meine Frau, ich lebe nur für meine Familie. Sathra tut mir einen Gefallen, das ist alles.«
    »Sie will Tomamai holen?«
    »Ja.«
    »Und das nennen Sie so einfach einen Gefallen? Alex, wenn ein Mädchen es für einen Mann wagt, den gesperrten heiligen Bezirk zu betreten, wenn es etwas tut, das noch keiner in Aimée getan hat, dann nehmen Sie das so einfach hin, als wär's ein lächerlicher Schluck Milch. Sind Sie denn wirklich so dämlich?«
    »Ich habe Sathra keinen Anlaß gegeben.« Baumann schwieg. Der Kuß, dachte er. Dieser verdammte Kuß, der doch nur ein Impuls von Dankbarkeit sein sollte.
    »Was könnte passieren, wenn Sathra den heiligen Bezirk betritt?« fragte er verwirrt.
    »Wer weiß das? Es hat doch noch keiner versucht! Der Ahnenkult sitzt den Leuten hier noch tief im Herzen. Sie kommen aus allen Himmelsrichtungen. Wir haben hier Mischlinge aus Negern, Indern, Weißen, Chinesen, Polynesiern, auch aus den Ureinwohnern von den Inselgruppen im Pazifik – Gottes ganze Farbpalette ist hier beisammen, Mohammed, Buddha und Christus haben hier Fuß gefaßt, doch heimisch sind sie nicht geworden. Mit ganzer Seele hängen die Leute von Aimée an ihren Ahnen, und Tomamai stellt das Bindeglied zwischen Leben und Tod dar. Vielleicht wird Sathra ihre Seele verlieren.«
    »Das ist doch finsterster Aberglaube, Doc!«
    »Aber für Sathra ist es das Opfer ihres Lebens! Und das für einen Mann! Alex, was haben Sie mit dem Mädchen bloß angestellt?«
    »Nichts!«
    »Ein Vorschlag. Verzichten Sie auf Ihren Dackelblick und lassen Sie Sathra deutlich spüren, wie gleichgültig sie Ihnen ist.«
    »Das kann ich nicht.«
    »Also doch …«
    »Verdammt nein!« Baumann schlug die Fäuste gegeneinander. »Wenn sie Tomamai bringt, kann ich sie dafür nicht wegjagen!«
    »Und sie ist so schön, daß einem Mann der Atem wegbleibt.« Rank ging hinüber zu seiner Fahnenstange. Der Union Jack war eingezogen. Er hißte die Flagge nur bei feierlichen Anlässen. Die Ankunft der Schnapskiste gehörte bevorzugt dazu. »Balolonga wollte sie längst verheiraten, aber sie wartet anscheinend auf irgendeinen Supermann. Wie friedlich diese Menschen hier sind, sehen Sie daran, daß es wegen Sathra unter den Jünglingen von Aimée noch keine Schlägereien gegeben hat.«
    »Warum erzählen Sie das alles, Doc?« fragte Baumann abweisend.
    »Um Ihnen klarzumachen, daß Sie alles tun müssen, um ja nicht Sathras Männertraum zu werden. Ihre grauen Schläfen schützen vor Torheit nicht, im Gegenteil, sie fördern sie noch.« Er stellte sich in Positur und hob die Trompete. »Ich werde wortbrüchig, Alex! Aber nur, um Sathra nicht in Konflikt zu bringen. Sie kann noch nicht bei Tomamai sein!«
    Er setzte die Trompete an die Lippen und blies die merkwürdigen Signale, die schon einmal Tomamai herbeigerufen hatten. Dann wartete er auf die Antwort der fernen Trommel.
    Doch nichts geschah. Die Nacht blieb still, nur das Meer rauschte leise; der sanfte Wind bewegte die Palmenzweige, und es entstand ein seltsam knarrendes Geräusch.
    »Er gibt keine Antwort!« sagte Rank, als hätte er gar nichts anderes erwartet.
    »Versuchen Sie es bitte noch einmal, Vince.«
    »Und wenn ich mir die Lunge rausblase, er kommt nicht mehr! Ihr habt ihm alle zu deutlich gezeigt, daß ihr ihn für einen Scharlatan haltet.« Er klemmte die Trompete wieder unter seinen Arm und kehrte vom Fahnenplatz zurück.
    »Alex!« sagte er sehr ernst. »Wenn Sathra Ihretwegen in den heiligen Bezirk eindringt, rate ich Ihnen, mit dem nächsten Schiff Aimée zu verlassen! Denn dann

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