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Die Nacht des schwarzen Zaubers

Die Nacht des schwarzen Zaubers

Titel: Die Nacht des schwarzen Zaubers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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bisher den heiligen Bezirk betreten.«
    »Dann werden wir die ersten sein!« rief Hansen.
    »Sie Klugscheißer! Wie wollen Sie Tomamai finden? Immer dem Geruch nach? Sind Sie ein Hund?«
    »Ich biete mein ganzes Geld!« rief Baumann völlig außer sich.
    »Man kann keine Götter kaufen. Jeder auf dieser Insel pfeift auf Ihr Geld. Sie haben ja keine Ahnung von der Macht Tomamais.«
    »Aber Sie hatten eine Ahnung davon, Rank!«
    »Natürlich! Hat denn einer von Ihnen auf mich gehört? Was ist das schon, was so ein altes Saufloch sagt! Tomamai sehen Sie nie wieder! Jetzt bleibt Ihnen wirklich nichts anderes übrig, als den Hubschrauber aus Mahé herzufunken. Ich bin gespannt, ob sie im Hospital das Fieber mit ihren Mitteln genauso schnell wegbekommen wie Tomamai mit seiner Pissenbrühe. Ah, wahrhaftig, es ist zum Kotzen mit diesen Zivilisations-Idioten!«
    »Und wenn Sie ihn wieder herbeiblasen, Doktor?« fragte Hansen.
    »Ach! Auf einmal wieder Doktor. Traratrara, komm her, du schwarzes Aas, die Herren sind so gnädig, deinem Mumpitz zuzuschauen! Ohne mich, meine Herren!«
    »Es geht um den Jungen«, sagte Marga leise. »Soll er sterben?«
    »Ich such' ihn!« sagte Baumann laut. »Lieber Doktor, darf bei Ihnen ein Mensch denn nicht mehr irren? Sind Sie so verbittert?«
    »Irrtum ist etwas anderes als Arroganz!« sagte Rank. Bin ich verbittert? dachte er. Bin ich total verbittert, wenn es um Menschen geht? Wenn ihr wüßtet, was mir die Menschen angetan haben … »Gehen Sie!« sagte er rauh. »Und wenn Sie Tomamai wieder hierherschleppen, schlage ich einen neuen Nobelpreis für verwirklichte Unmöglichkeiten vor! So sicher bin ich mir, daß Tomamai nie wieder dieses Haus betritt!«
    Baumann rannte hinaus. Draußen, in der schwarzen Nacht, blieb er stehen, wischte sich über die Augen und blickte dann hinunter ins Dorf. Die Hütten und Häuser lagen wie helle Schatten in der Dunkelheit. Er wollte schon weiterlaufen, als er das unbestimmte Gefühl hatte, nicht allein zu sein. Er fuhr herum und sah dicht hinter sich Sathra stehen. Ihre großen Augen strahlten ihn an, ihr Haar wehte im leichten Wind, der vom Meer heraufzog.
    »Sathra?« sagte Baumann leise. Die Angst um Volker schnürte ihm die Kehle zu, aber sie ließ ihn auch nicht erkennen, welchem Schicksal er jetzt gegenüberstand. Er ergriff Sathras schmale Hände und drückte sie an seine Brust. Ein Zittern lief über ihren schlanken Leib, die Nackenmuskeln versteiften sich, aber der Glanz ihrer Augen war wie Feuer.
    »Sathra, ich brauche dich«, sagte Baumann flehend. »Nur du kannst mir noch helfen.«
    »Was willst du, Herr?« entgegnete das Mädchen.
    »Weißt du, wo Tomamai wohnt?«
    »Ja, Herr.«
    »Hole ihn her. Ich flehe dich an, hole ihn her! Sag ihm, der Junge habe kein Fieber mehr, aber wir hätten die Medizin verschüttet. Er muß helfen, nur er allein kann es! Willst du das tun, Sathra?«
    »Ich werde alles tun, was du willst, Herr«, sagte sie demütig. »Ich hole Tomamai.«
    »Danke, Sathra, danke.« Und dann tat Baumann etwas, aus einem arglosen Impuls heraus, ohne Überlegung, nur weil er sich befreit fühlte von einem ungeheuren Druck. Doch was er nun tat, sollte nicht ohne Folgen bleiben: Er zog Sathra an sich und küßte sie.
    Nur für die Dauer eines Atemzugs hielt sie still, dann warf sie die Arme um seinen Nacken und küßte ihn wieder mit einer Glut, die ihn mit heißem Erschrecken erfüllte. Plötzlich riß sie sich von ihm los und lief, lautlos, als berührte sie kaum den Boden, den Hügel hinab.
    Ihr schwarzes Haar wehte wie eine Fahne hinter ihr her, und er stammelte, während er ihr nachblickte: »Wie schön ist sie! Mein Gott, was habe ich da getan! Ich liebe doch meine Frau …«

8
    Er stand ganz benommen auf der Terrasse und starrte in die Dunkelheit, in die Sathra wie ein scheuer Vogel verschwunden war, als Dr. Rank aus dem Haus kam, seine zerbeulte Trompete unterm Arm. Er schwankte leicht. Auf dem Weg von Volkers Bett bis zur Haustür stand der Schrank, in dem er seinen Gin aufbewahrte. Wenn auch alles in seinem Haus und in seinem Leben ein bißchen chaotisch war; strengste Ordnung herrschte allemal bei seinen Flaschen. Das Versorgungsschiff, das jeden Monat in Aimée landete, brachte immer eine Kiste mit Schnaps an Land, und Rank begrüßte sie jedesmal mit einem Tusch auf seiner Trompete.
    »Was ist?« fragte er jetzt und rülpste ungeniert. »Haben Sie Angst, durch die Dunkelheit zu laufen? Hier gibt es keine Giftschlangen oder

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