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Die Nacht des schwarzen Zaubers

Die Nacht des schwarzen Zaubers

Titel: Die Nacht des schwarzen Zaubers Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Schritt zurück. »Bleiben Sie stehen!« rief er mit fester Stimme. »Es ist geladen und entsichert.«
    »Ich bin es, Sathra …« Die honigsüße Stimme war ihm nicht fremd. Jetzt erkannte Volker das Mädchen und senkte das Gewehr. »Tomamai schickt mich. Er hat gehört, daß deine Mutter krank ist. Er sendet heilende Kräuter.« Sie lächelte ihm betörend zu, und ihre schwarzen Augen glänzten wie im Fieber. »Läßt du mich vorbei?«
    »Dich immer.« Volker lachte. »Aber meine Mutter schläft noch.«
    »Das ist gut.« Sathra rückte den verdeckten Korb enger an sich. »Dann wird sie Dämpfe einatmen und bald gesund sein …« Sie ging an Volker vorbei, strich ihm zärtlich über den wirren Blondschopf und öffnete leise die Tür.
    Marga schlief, noch von den Tabletten beruhigt, tief und fest. Ihre Atemzüge gingen ganz regelmäßig. Sathra drehte den Kopf zur Seite; hinter ihr stand Volker.
    »Laß uns jetzt allein«, sagte sie sanft.
    »Ich will zusehen, was du da machst«, sagte Volker unbefangen.
    »Das geht nicht. Dann wirkt der Zauber nicht. Kein Fremder darf zusehen.«
    »Ich habe ein paarmal bei Tomamai zugesehen, wie er meine Medizin gebraut hat. Und sie hat geholfen!« Er lehnte sich gegen den Türrahmen. »Ich mag den schwarzen Zauber, wie Tomamai das nennt. Unsere Ärzte lachen bestimmt darüber, aber Dr. Rank sagt, es gibt Dinge, die man einfach nicht versteht. Dazu gehört auch Tomamai.«
    Sathra sah den Jungen mit starren Augen an. Es war ein hypnotischer Blick, der aber seine Wirkung verfehlte. Für Volker waren es nur große glänzende Augen und nichts weiter.
    »Du mußt gehen! Das ist eine ganz besondere Medizin«, sagte sie leise. »Was Tomamai dir gezeigt hat, war auch für dich bestimmt. Einen Zauber, der andere Menschen heilt, darf kein Dritter sehen.«
    »Schade.« Volker hob die Schultern und ging in den Vorraum. Er setzte sich wieder in den alten Korbsessel und legte das Gewehr quer über seine Knie. Gleich wird es wieder stinken, dachte er. Bei Tomamai ist es so, wenn er zaubert. Warum muß das immer so stinken? Gleich mußte das wohlbekannte Zischen einsetzen. Er blickte erwartungsvoll auf die Schlafzimmertür.
    Lautlos glitt Sathra zum Bett und beugte sich über Marga. Sie betrachtete es genau, dieses im Schlaf gelöste, schöne Gesicht mit den blonden Haaren, die gerade Nase, die feingeschwungenen Lippen, die kleinen Fältchen in den Augenwinkeln, die glatte makellose Haut. Haßerfüllt richtete sie sich plötzlich auf. Ihre Augen blitzten. Sie riß das Tuch vom Korb und griff hinein. Er war leer bis auf einen langen Dorn, der von irgendeiner Tropenpflanze stammte. Vorsichtig, mit zwei Fingern, faßte sie das untere Ende des Dorns und nahm ihn heraus. Die Spitze war so dünn, daß man den Einstich unmöglich sehen konnte, und das lähmende Gift war so stark, daß der Tod in Sekundenschnelle eintrat.
    Draußen wurde es wieder laut, und Volker legte das Gewehr an. Er wollte schon wieder »Halt!« rufen, als er Tomamai erkannte, der diesmal seltsamerweise nicht in seinem schrecklichen amerikanischen Hemd erschien. Er trug nur seine Jeanshose. Sein Oberkörper war nackt, doch auf dem Kopf hatte er den gewaltigen Schmuck mit der grinsenden, furchterregenden Götterfratze. Eine merkwürdige Zusammenstellung; Tomamai dürfte keine Zeit mehr gehabt haben, sein Zaubergewand zu vervollständigen. Seine lederne Haut glänzte im Schweiß. »Wo ist sie?« fragte er atemlos. »Ist sie schon hier?«
    »Sathra? Sie ist bei meiner Mutter. Sie behandelt sie mit deinen Dämpfen, Tomamai …«
    »Bleib ganz ruhig sitzen, mein Freund«, sagte Tomamai erregt. »Rühr dich nicht! Und was du sehen wirst, erzähl es keinem! Vergiß es! Schwöre!«
    »Ich schwöre es!« sagte Volker mit zugeschnürter Kehle.
    Tomamai riß die Schlafzimmertür auf. Ein Laut, wie ihn Volker noch nie gehört hatte, entfuhr seinem Mund, ein Laut, mit keinem Tierschrei vergleichbar. Dabei streckte Tomamai beide Arme weit von sich und spreizte die Finger. Sathra hatte sich gerade über Marga gebeugt und den Dorn stoßbereit in der Hand. Sie zielte auf eine Stelle unter der linken Brust, unmittelbar auf das Herz. Plötzlich hielt sie inne. Ihr herrlicher Körper straffte sich, ihre Hand blieb in der Luft stehen, den Dorn zwischen den Fingern. Die großen schwarzen Augen erstarrten, sie wurden merkwürdig gläsern und ausdruckslos. Der leidenschaftliche Haß in ihrem Antlitz gefror zur Fratze.
    »Komm«, sagte Tomamai mit seiner

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