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Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)

Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)

Titel: Die Nacht des Ta-Urt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Bödeker
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plapperte.
    Volkmar wollte aufstehen, aber seine Beine gehorchten nicht. Sie waren eingeschlafen. Das war alles. Sie saßen schon so lange hier, dass es ihm nicht aufgefallen war. Er wollte sie mit seinen Händen wach reiben. Aber auch seine Hände gehorchten ihm nicht. Sie lagen neben seinen Beinen und ließen sich nicht bewegen.
    Das war unmöglich.
    Furcht begann sich in ihm auszubreiten. Er wollte seinen Oberkörper bewegen, sich mit einer Drehung nach oben schrauben, aufstehen. Aber nichts ging mehr. Er saß in seinem Körper gefangen. Er fühlte, dass er nicht einmal die Augenlieder bewegen konnte, die Augäpfel begannen bereits schmerzhaft auszutrocknen.
    Er bemerkte, wie an seiner rechten Seite wieder etwas vorbei huschte.
    Der Alte grinste sein Grinsen, plapperte unbeirrt weiter und zwinkerte Volkmar zu.
    Und plötzlich stand da etwas hinter dem Alten. Volkmar hatte seine Augen genau darauf gerichtet, konnte aber nur undeutlich erkennen, was es war. Es war so grau wie der Himmel, der sich über allem niederdrückte, deshalb erschien es ihm, als ob sich das Ding da hinter dem Alten mit der Umgebung verbunden hätte.
    Es flitzte weg und stand wieder hinter dem Alten, schnell wie ein Kastenteufel.
    Der Ledermann grinste und deutete, ohne sich umzusehen, mit dem Daumen hinter sich.
    Seine Blicke schienen zu fragen: "Siehst du ihn?"
    Das Ding war weit über zwei Meter groß, hatte vier unglaublich dürre Beine, vier Arme und zwei Köpfe. Die Köpfe bewegten sich unruhig hin und her. Aus Echsenaugen schossen neugierige Blicke in alle Richtungen. Die dünnen Hälse schienen die Bewegungen der beiden Köpfe kaum auszuhalten. Sie pendelten wild hin und her, als wollten sie jeden Moment abreißen und zu Boden fallen. Wenn die Gesichter sich zufällig einander zuwandten, schnatterten die mit winzigen, spitzen Zähnen versehenen Münder aufgeregt los, als hätten sie angesichts ihres Gegenübers eine überraschende Entdeckung gemacht.
    Und plötzlich drehte sich das Ding um sich selbst.
    Es verdrehte sich wie ein nasses Handtuch in den Händen einer Waschfrau. Die dünnen Hälse schlangen sich umeinander und brachten die Köpfe in eine unmögliche Position zueinander. Wange an Wange aneinander geschmiegt schnatterte das Wesen sich selbst seine Empörung über die schwierige gymnastische Übung zu. Die Arme verdrehten sich zu einem Knoten, die Beine hielten in vierfacher Verschlingung den dünnen Körper kaum noch aufrecht.
    Und plötzlich ertönte ein schrilles Trällern, das sich in Volkmars Gehör bohrte wie ein Stilett.
    Dann löste sich das Handtuch wieder und auf einmal war das Ding Zwei.
    Es hatte sich geteilt und beide Teile verschwanden blitzschnell in verschiedene Richtungen.
    Eckhardt hatte versucht mit seinen Augen wenigstens eines der Dinger zu verfolgen, aber umsonst. Sein Kopf blieb steif und er sah nur unruhige Schatten an sich vorbei flitzen.
    Dann stand eines der Dinger wieder hinter dem Alten.
    Volkmar sah, wie eine dünne Zunge mindestens einen halben Meter aus dem schiefen Maul herausschoß und eine einsame Fliege aus der Luft über dem Kopf des Alten peitschte.
    Der Alte grinste und deutete in die Richtung hinter Volkmar. Der versuchte mit aller Macht, sich umzudrehen. Der andere Teil dieser unheimlichen Erscheinung stand hinter ihm. Deutlich spürte er einen schnellen Atem in seinem Nacken. Das Ding atmete so schnell wie ein Rentner während seines dritten Herzinfarktes.
    Volkmar spürte, wie der feuchte Atem des Dings in seinem Nacken zu Eis wurde.
    Das alles war keine Einbildung.
    Schon damals hatte Volkmar gewußt , dass Drogenhalluzinationen niemals konstant waren. Sie paßten sich den Stimmungen des Berauschten an. Hatte man glückliche Momente, sah man die Schenkel der heiligen Mutter Gottes in der Sonne leuchten, war man schlecht drauf, bohrten sich einem die schmutzigen Fingernägel des Teufels ins madige Gehirn.  
    Wenn es also danach gegangen wäre, dann hätte dieses Ding, oder diese Dinger, ihn bereits gefressen, denn im Moment war er verdammt schlecht drauf. Aber bis auf die Tatsache, dass diese Dinger sich vor seinen Augen geteilt hatten und jetzt wie hunderttausend Volt durch den Wald flitzten, waren sie konstant. Sie sahen immer gleich aus, keine Veränderungen. Sie waren ganz sie selbst.
    Sie waren echt.
    Er begann, Wut gegen den Alten zu verspüren, der da vor ihm saß, unentwegt plapperte und hinter Volkmar und sich selber deutete, sich aber nicht einmal nach dem Ding umdrehte,

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