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Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)

Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)

Titel: Die Nacht des Ta-Urt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Bödeker
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ein Gott SEIN.
    Und so hatte er sehr bald gemerkt, dass das Ehepaar ihm nichts mehr zu geben hatte. Sie waren Hippies, die vollkommen unverständig Bräuche nachahmten, ohne das Geringste von dem zu verstehen, was sie taten.
    An diesem Punkt seines Auslandsaufenthaltes hatte er überlegt, ob er nach Deutschland zurück kehren sollte.
    Aber dann hatte er auf einer ihrer zahlreichen Partys einen echten Schamanen kennengelernt. Quesalid war ein kleiner, drahtiger Alter mit funkelnden Augen und einer Haut, die vom Leben in der Natur die Beschaffenheit von Leder angenommen hatte. Er war aus Kanada emigriert, weil die dortige Regierung es nicht gern sah, dass er die Eingeborenen von der staatlichen Gesundheitsfürsorge fernhielt und sie lieber in einem Erdbunker irgendwo im kanadischen Unterholz heilte. Jetzt war er auf Rundreise durch Norwegen, um sich als letztes schamanistisches Urgestein auf Partys wie dieser herumreichen zu lassen. Er verstand kaum die Landessprache und nur sehr wenig Englisch. In seiner Heimat sprach er einen Eingeborenendialekt, der kaum bekannt war, aber Volkmar sah sofort, dass er von diesem kleinen Mann etwas lernen konnte.
    Der kleine Ledermann hatte eine irre Ausstrahlung gehabt. Auch jetzt noch, zwanzig Jahre danach, war die Erinnerung an das Gesicht des Ledermannnes , mit seinen scharfen Augen und dem entspannten Lächeln, in Eckhardts Gehirn festgebrannt.
    Er hatte gesehen, dass der Ledermann sehr wohl bemerkte, dass er hier nicht mehr als ein Party-Highlight war, obwohl er nicht verstehen konnte, was die Gäste über ihn erzählten. Aber er schien nicht beleidigt oder böse zu sein, im Gegenteil, seine Art stilles Vergnügen an der Überheblichkeit der Norweger ließen Volkmar erkennen, dass der Mann sich sehr wohl bewußt war, dass in Wirklichkeit er der Überlegene war.
    Er persönlich verstand zwar nicht, warum der Alte sich das gefallen ließ, er hätte es diesen Pennern schon gezeigt, aber es ging ihn ja auch nichts an. Er hatte nur daran gedacht, dass der Alte ihm vielleicht nützlich sein könnte und so beschloß er, den Mann mit Respekt zu behandeln. In vorsichtigen Worten bat er ihn, ihm am nächsten Tagen doch etwas von seiner Kunst zu zeigen. Ein paar Tricks vielleicht, Tricks, die er jemandem wie ihm, einem Uneingeweihten, zeigen durfte?
    Der Ledermann hatte freundlich genickt.
    Offensichtlich verstand er zunächst nicht, was genau der junge Mann von ihm wollte, aber dann schien er zu begreifen.
    Tricks.
    Vielleicht würde dieser junge Mann ihm die Langeweile seines Exils etwas erleichtern.

 
    ***

 
    Gleich am nächsten Morgen waren sie damals in einem geliehenen Geländewagen in ein außerhalb Narviks gelegenes Waldstück gefahren. Der Boden war dort die meiste Zeit des Jahres hartgefroren, aber es hatte seit Wochen nicht geschneit, und so hatte nur eine ganz dünne aber harte Schneedecke den Waldboden und die blätterlosen Birken, die ihre schwarzen Zweige in einen stahlgrauen Himmel gereckt hielten, bedeckt.
    Der Ledermann hatte eine grobe Matte auf dem Boden ausgebreitet, sich darauf gesetzt, ihn angegrinst und etwas in seinem Kauderwelsch gesagt. Volkmar hatte sich ihm gegenüber gesetzt.
    Dann begann der Alte in seinem Dialekt zu plappern und auf verschiedene Dinge zu zeigen, auf die Erde, die Bäume, den Himmel, auf sich selbst und auf Volkmar. Dabei zog er einen Beutel aus seiner grellblauen Daunenjacke und nahm ein Pulver zwischen seine Finger, streute das Pulver in die Luft und plapperte weiter unverständliches Zeug.
    Volkmar hatte bereits begonnen daran zu zweifeln, ob das ganze eine gute Idee gewesen war, als er am Rande seines Blickfeldes eine Veränderung bemerkte.
    Etwas war an ihnen vorbei gehuscht.
    Der Ledermann grinste und plapperte, plapperte und grinste. Er zwinkerte Volkmar zu. Anscheinend hatte auch er etwas bemerkt.
    Sie warteten und der Alte raunte weiter seine Erklärungen, ab und an deutete er auf etwas in ihrer Umgebung. Volkmar folgte mit den Augen aufmerksam seinen Fingern, aber er sah nichts.
    Er wurde schon ungeduldig, als plötzlich die Erde unter der Matte auf der sie saßen, leicht zu zittern begonnen hatte. Volkmar hatte sich instinktiv mit beiden Händen am Boden abgestützt.
    Das Zittern hörte auf.
    Dafür fingen seine Knie an zu vibrieren, ihm wurde flau und leichte Kringel bewegten sich vor seinen Augen. Er überlegte. War er stoned ? Hatte der Alte eine Droge in der Luft verstreut?
    Der Ledermann grinste ihn an und

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