Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)
hocken sehen. Sie vergaß ihre ungewöhnliche Situation, lächelte etwas in sich hinein und wurde, trotz des Lärms der Maschine, etwas müde.
Plötzlich ging in dem engen Raum das Licht aus.
Sie war so erschrocken über die plötzlich einsetzende Dunkelheit, dass sie zunächst gar nicht realisierte, dass auch das Geräusch der Antriebsketten plötzlich verstummt war.
Wie hatte sie nur die Taschenlampe verlieren können.
Sie wartete einige Zeit, um ihre Augen an die Dunkelheit zu gewöhnen. Es war stockdunkel um sie herum, nur von vorne, wo die Kabinen waren, hob sich matter Lichtschein aus der Dunkelheit. Ein konturloser Fleck Licht auf der linken Seite, wo das Loch in der Bretterwand war, und vertikale Streifen rechts, wo das Licht durch Ritzen in der intakten Wand fiel.
Vorsichtig kroch sie auf Knien in Richtung des Fleckes.
Jetzt erst bemerkte sie, dass der Fahrstuhl sich nicht mehr bewegte. Deshalb war es plötzlich so still.
Als sie etwas näher an den Fleck herangekommen war, stellte sie fest, dass eine der Kabinen direkt vor dem Loch zum Stehen gekommen war. Sie hätte zwar in die Kabine gehen können, von dort aus ging es aber nicht weiter. Durch einen Spalt zwischen Kabinenboden und dem Boden des Maschinenraumes drang ein Streifen Licht. Selbst, als sie sich ganz flach auf den Boden der Kabine legte, der Spalt zum Flur unter ihr war viel zu schmal um sich hindurch zu zwängen.
Für einen Moment verließ sie aller Mut. Sie kauerte in der Kabine und zitterte wie Espenlaub, ihre Hand schien stärker zu schmerzen als zuvor.
Wie sollte sie hier wieder hinaus kommen? Sie hatte nicht darauf geachtet, ob sich in dem kleinen Raum noch irgendwo eine Tür befand, natürlich könnte sie bis morgen warten, bis der Paternoster wieder in Gang genommen würde, aber dann war ihr ganzer Plan hinfällig.
Das kam gar nicht in Frage.
Langsam bekam sie sich wieder in den Griff. Sie lugte durch den Spalt in den unteren Flur. Das Licht stammte von einer Straßenlaterne direkt vor einem der Fenster des unteren Flures. Der Teppichboden des Flures hatte jetzt, im Licht der Laterne, eine gräuliche Farbe.
Sie drehte ihren Kopf bis ihr Nacken schmerzte und versuchte in beide Richtungen des Flures etwas zu erkennen, sah aber nichts, was ihr weiter geholfen hätte.
Sie beschloß , den Maschinenraum zu untersuchen. Auf allen Vieren kroch sie nach rechts, bis sie eine Wand vor sich spürte, dann tastete sie sich vorsichtig an ihr entlang durch den Raum. Aber sie entdeckte nichts weiter als einen klapprigen, leeren Spind um den sie herumkroch und in einer Ecke eine tote Ratte.
Sie schob sich weiter, bis sie die Kabine wieder erreichte, von der aus sie ihre Erkundung begonnen hatte.
Kein weiterer Ausgang.
Plötzlich hatte sie eine Idee. Sie kroch um den Mechanismus, der die Kabinen bewegte herum auf die andere Seite. Hinter diesem Teil der Bretterwand musste doch der Schacht sein, durch den sich die Kabinen wieder nach unten bewegten. Sie starrte durch die Ritzen.
Sie hatte Glück. Die Kabine hinter der Wand war in einer Position stehen geblieben, die es ihr erlauben würde sich herunterzulassen und das nächste Stockwerk zu erreichen, vorausgesetzt, sie käme durch die Wand.
Sie versuchte, einen Finger durch eine Ritze zu stecken.
Unmöglich.
Langsam geriet sie ins Schwitzen. Ihr Handballen schmerzte heftiger, das Herz schlug hart in ihrer Brust. Sie nahm das Taschenmesser, öffnete es, steckte die Klinge in den Spalt und versuchte ein Stück Holz aus einem Brett herauszuschneiden.
Plötzlich berührte etwas ihre linke Hand. Deutlich meinte sie die feuchte Nase einer Ratte zu spüren. Sie schrie laut auf, geriet in Panik, sprang in die Höhe, stieß in der Dunkelheit mit dem Kopf gegen irgend etwas über ihr und fiel auf den Rücken.
Ihr wurde schwarz vor Augen, kleine Lichtblitze zuckten durch die Dunkelheit.
Auf einmal war dieses verdammte Vieh auf ihr, sie spürte wie kleine Füße ihren Hals berührten und ein rauher Schwanz kurz ihre Lippen streifte. Sie schrie und schrie, schlug wild mit beiden Armen um sich und verlor das Messer in der Dunkelheit. Sie drehte sich auf den Bauch, versuchte auf die Beine zu kommen und spürte, wie sie mit der linken Hand die Ratte zerquetschte.
Das kleine, stinkende Monster quiekte und biß sich in ihrem Daumen fest.
Rattenblut spritzte warm über ihre Hand und in ihr Gesicht. Sie schüttelte das tote Tier ab, warf sich nach vorne, prallte gegen eine Wand ihres Gefängnisses und
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