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Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)

Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)

Titel: Die Nacht des Ta-Urt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Bödeker
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Träumen vorkomme und seine offensichtliche Erleichterung darüber, dass dem nicht so war, waren ihr schon seltsam vorgekommen. Und sein an ein Verbot grenzender Versuch, sie vom Besuch des Archivs fernzuhalten, war nicht nur eine Unverschämtheit, sondern auch eine Herausforderung. Was hatte Eckhardt zu verbergen? Sie hatte von seinen Kenntnissen über das Okkulte profitiert, er war der erste Mensch in ihrem Leben gewesen, der diese Ader in ihr ernst genommen und unterstützt hatte. Aber jetzt sah sie, dass diese Unterstützung ihre Grenzen hatte. Offensichtlich verfolgte Eckhardt eigene Ziele. Sie schämte sich etwas, dass sie nicht eher sensibel dafür gewesen war, aber seit dem Mord bekamen die Dinge ein anderes Gewicht. Diese verdammte Karte schien mit ALLEM etwas zu tun zu haben, mit Marion, mit ihr selbst und mit Eckhardt. Sie erinnerte sich,   wie sie damals im Park das undeutliche Gefühl gehabt hatte, als brauche Eckhardt sie.
    Wofür?
    Vielleicht könnte dieser nette Professor ihr wirklich helfen.
    Und so erzählte sie ihm von ihren Recherchen, von ihrer seltsamen Bekanntschaft mit Eckhardt, von ihrer toten Nachbarin und von ihren Träumen die sich im Laufe der letzten Zeit so rapide verändert hatten. Nur den Kampf mit Eckhardt ließ sie aus. Obwohl sie sich als Siegerin in dieser Auseinandersetzung sah, schämte sie sich etwas.
    Der Professor nickte verständnisvoll. Er wusste, dass die Suche nach Wahrheit kaum Tabus kannte, und wenn dieses junge Mädchen meinte, ihre Wahrheit in der Vergangenheit zu finden, dann verstand er das, schon aus professionellen Gründen. Die Vergangenheit war eine oft vernachlässigte Größe, gerade in dieser Zeit, die viel auf den oberflächlichen Reiz des Neuen hielt. Aber er wusste auch, dass man im Umgang mit Magie und Zauberei sehr vorsichtig sein musste. Es war ein schmaler Grat, von dem man sehr leicht in Richtung des Irrsinns abstürzen konnte. Seiner Meinung nach war die Wissenschaft der einzige Weg, sich mit solchen Phänomenen auseinanderzusetzen, ohne in Gefahr zu geraten, sich Lächerlich zu machen oder sich im Wahnsinn zu verstricken. Was normal war und was nicht, das bestimmte allein die Gesellschaft. Und Magie war momentan mit dem Etikett 'nicht normal' behaftet.
    Aber er wusste auch, dass es mehr zwischen Himmel und Erde gab, als zwischen allen Buchdeckeln der Welt zu finden war. Und was er da hörte, passte in gewisser Weise zu dem, was er in den letzten Monaten durch seine Arbeit gelernt hatte.
    Aber man musste sehr vorsichtig mit solchen Dingen sein.
    Er wollte gerade etwas sagen, als plötzlich der Archivar neben ihnen auftauchte. Sie zuckten zusammen. Keiner von beiden hatte sein Näherkommen bemerkt. Wie lange hatte der Mann schon neben ihnen gestanden? Er blickte sie aus unruhig flackernden Augen an, als lauere er auf etwas, und Elaine beschlich langsam das Gefühl, dass es nicht seine normale Neugier war, die ihn so nervös werden ließ.
    "Wir schließen jetzt."

 
 
    ***

 
    Elaine half Rosner dabei, seine Sachen zusammen zu packen und gemeinsam verließen sie das Gebäude.
    Rosner sah sie an. Besorgnis spiegelte sich in seinem Gesicht.
    "Seien Sie bitte vorsichtig mit Ihrem Leben, glauben Sie einem alten Mann, wenn er Ihnen sagt, dass Sie dabei sind, einen gefährlichen Weg zu wählen. Verstricken Sie sich nicht in Phantasien, auch wenn sie noch so wahr erscheinen."
    Er hätte gern mehr gesagt, aber hier auf der Straße war wohl nicht der rechte Ort, um einem jungen Mädchen eine vorsichtige Standpauke zu halten, also nahm er einen Zettel aus seiner Tasche und kritzelte etwas darauf, dann reichte er ihr den Zettel.
    "Rufen sie mich an, wenn Sie Hilfe brauchen."
    Er drehte sich um und ging in Richtung des Parkplatzes. Als er etwa zwanzig Meter entfernt war, drehte er sich noch einmal um.
    „Ach, übrigens ,“ rief er, „da gab es noch ein anderes Wesen in dem Mythos, mit dem der Typhon dieses Monstrum, Ta-Urt , zeugte." Und zu sich selbst gewandt fuhr er leiser fort: "mir will aber nicht einfallen, was für ein Wesen das war."
    Aber Elaine war schon fort. Sie hatte auch nur halb hingehört. Zu sehr war sie damit beschäftigt, zu überlegen, wie sie an die fehlenden Dokumente im Archiv kam.
    Sie musste unbedingt erfahren, was in dieser vierten Nacht damals geschehen war. Was war mit der Frau geschehen, die so grausam gefoltert wurde? Sie war sich fast sicher, dass diese Frau mit der Frau identisch war, die sie aus ihren Tagträumen kannte.

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