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Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)

Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)

Titel: Die Nacht des Ta-Urt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Bödeker
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Näheres darüber“ fragte Tanner noch einmal, um zum Schluss zu kommen
    „Nein, ich weiß gar nichts. Wie ich schon sagte, hatte ich bis auf einmal keinen Kontakt zu meiner Nachbarin. Kann ich jetzt gehen, bitte?“
    Tanner winkte wieder müde.
    „Aber sicher. Sie können gehen, aber verlassen sie bitte nicht die Stadt, sie wissen ja ,“ und mehr zu sich selbst schloss er „heutzutage wissen ja alle, was wir so erzählen.“
    Elaine stand auf und verließ den Raum.
    Nachdenklich sah der Kommissar ihr nach.
    Auf der Stelle würde er seine Ringe verpfänden wenn die Kleine nicht doch mehr wusste als sie sagte.

 
    ***

 
    Elaine zog die Tarot-Karte, die sie bei Marion mitgenommen hatte, hervor.
    „Haben Sie so etwas schon einmal gesehen?“ fragte sie.
    Jörn Rosner zögerte. Elaine hatte sich, ohne ihn zu begrüßen, vor seinem Tisch im Lesesaal des Archivs aufgebaut.
    Glücklicherweise war der Saal leer, sonst hätte ihr Auftritt sicher Aufsehen erregt. Aber so war der unheimliche Archivar mit der faltigen Kehle der Einzige, der von ihrem Auftritt Kenntnis nahm. Als Rosner einer seiner neugierigen Blicke auffing, wandte er sich scheinbar gleichgültig um, drehte ihnen seinen schmalen Rücken zu und fuhr fort, in seinem Zettelkasten zu wühlen, aber man konnte bis in die letzte Ecke des Saales an seiner angespannten Nackenmuskulatur erkennen, dass er aufmerksam lauschte.
    "Bitte, setzen Sie sich doch ," sagte der Professor, "und lassen Sie mich sehen, was Sie da haben."
    Elaine setzte sich neben ihn. Tränen standen in ihren Augen. Ihre Nerven lagen blank. Sie wollte nur schnell wissen, was das für eine Karte war und dann wieder weg. Aber der Professor schien sich nicht aus der Ruhe bringen zu lassen. Also setzte sie sich und gab ihm die Karte.
    Aufmerksam sah Rosner sie sich an.
    "Ja, tatsächlich. Das ist schon eine Weile her und ich bin mir nicht ganz sicher, aber soweit ich weiß, handelt es sich bei der Abbildung um eine ägyptische Gottheit, hier mit 'Typhon' bezeichnet. Aber ich bin kein Ägyptologe. Meines bescheidenen Wissens nach könnte es sich genausogut um Mastema , eine mythische Variation des Satans handeln. Mastema ist hebräisch und bedeutet soviel wie 'Abscheu', in anderer Lesart 'Feindschaft', also im eigentlichen Sinne 'Widersacher Gottes'. Mastema fraß die beim Totengericht verurteilten Seelen. Sehen Sie, der Körper ist unterteilt in den eines Nilpferdes und den eines Krokodils, angeblich wurde die Gottheit von Hunden begleitet. Sie galt unter anderem als Herr der Skarabäen, der heiligen Käfer, die die Weltkugel drehten. Einer alten Legende zufolge war Mastema ein Vorfahre des Namenlosen Gottes, des Ta-Urt , des Herren des letzten Tages der das Tor zur Hölle öffnet. Sie sehen, wir haben es mit einer geradezu biblischen Ahnenreihe zu tun.“
    Elaine sah ihn ratlos an.
    Was hatte das mit dem Tod ihrer Nachbarin zu tun?
    "Was ist denn los?" fragte Rosner, erschrocken über ihren verzweifelten Gesichtsausdruck. Und weil er das junge Mädchen wirklich mochte, faßte er sich sein altes Professorenherz und setzte hinzu, "Was es auch ist, meine Liebe, sie können mir vertrauen. Vielleicht hilft es Ihnen, mir zu erzählen, was sie auf dem Herzen haben, und vielleicht kann ich Ihnen sogar einen Rat geben, der nicht aus dem letzten Jahrhundert stammt."
    Elaine blickte sich um. Der Archivar war in einem kleinen Raum hinter der Ausgabetheke verschwunden. Elaine wusste, dass sich dort Kopierer und Lesegeräte für Mikro-Verfilmungen befanden.
    Der leere Saal ermutigte sie.
    Vielleicht könnte ihr der Professor wirklich mehr sagen, wenn sie ihm erzählte, was sie wusste. Obwohl sie den alten Mann kaum kannte, glaubte sie, ihm vertrauen zu können. Der Mord an ihrer Nachbarin und diese mysteriöse Karte schienen die unheimliche Stimmung, die sie seit einiger Zeit in ihrem Leben verspürte, auf einen Höhepunkt zu bringen. Die Unruhe, die sie schon seit Monaten gespürt hatte, und die sie zunächst durch ihre Nachforschungen gehofft hatte zu besiegen, war in ein Gefühl der Bedrohung umgeschlagen. Sie hatte das Gefühl, ihrer eigenen Vergangenheit auf der Spur zu sein. Und die Auseinandersetzung mit Eckhardt, seine offensichtliche Abneigung gegen ihre Recherchen verstärkten noch ihren unbestimmten Verdacht. Er wollte nicht, dass sie gewisse Dinge erfuhr. Warum, konnte sie sich nicht vorstellen. Aber der Schlüssel schien in der Vergangenheit zu liegen. Seine Neugier darüber, ob er in ihren

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