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Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)

Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)

Titel: Die Nacht des Ta-Urt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Bödeker
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Angehörige seiner Bruderschaft der Albions . Brüder, die die Warnungen ihrer Generale nicht ernst genommen hatten oder nicht schnell genug davongekommen waren.
    Wessel wusste, dass die heutigen Verhöre nur der Anfang des Unglücks für ihre Stadt waren. Je mehr die Gefolterten unter Schmerzen von ihren Geheimnissen preisgeben würden, um so mehr Männer und Frauen würden wiederum in den Abgrund gerissen werden, denn von keinem ließ man ab, bis er nicht drei weitere Komplizen benannt hatte.
    So wollte es die Heilige Inquisition.
    Er war also auf Schlimmes gefasst, aber als er nun Carda im Verlies unter dem Rathaus sah, schien etwas in seinem Inneren zu reißen.
    Tränen der Wut und Verzweiflung stiegen ihm in die Augen.
    Sie hatten sie an die Ringe in der Wand gefesselt. Über sie gebeugt stand der Scharfrichter und redete halblaut auf sie ein. In der Ecke saß auf einem Schemel ein Gerichtsbüttel. Als Wessel hereinkam drehte er sich zu ihm um und überwachte jede seiner Bewegungen mit argwöhnischen Blicken, aber als ihm klar wurde, dass Wessel lediglich der vom Rat bestimmte Schreiber war, der die Untersuchung zu protokollieren hatte, wandte er sich gleichgültig wieder in Richtung des Scharfrichters.
    Wessel unterdrückte den Impuls, zu Carda zu stürzen und sie in die Arme zu nehmen.
    Als hätte der Scharfrichter seinen Gedanken gelesen, drehte er sich kurz zu Wessel um und schaute ihn teilnahmslos aus seinen Bulldoggenaugen an, dann redete er weiter auf Carda ein.
    "Frau, könnt ihr mich verstehen? Könnt ihr hören, was ich sage? Wenn ihr noch bei Sinnen seid, so gebt mir ein Zeichen.“
    Wessel konnte sehen, dass Carda etwas murmelte. Blut tropfte aus ihrem zerschlagenen Mund auf den linken Schuh des Scharfrichters. Der Mann strich mit einer kurzen, gleichgültigen Bewegung das Blut an seinem rechten Hosenbein ab und drehte sich wieder zu Wessel um.
    "Schreiber, protokolliert die Vernehmungsfähigkeit der Angeklagten.“
    Wessel nahm seinen Block und kritzelte etwas mit der Feder auf das Papier. Er wusste selbst nicht, was er da schrieb, Tränen vernebelten ihm den Blick, automatisch vollführten seine Finger die eingeübten Bewegungen.
    Als er wieder aufsah, blickte er direkt in Cardas Augen.
    Das Herz drehte sich ihm vor Mitleid und Verzweiflung in seiner Brust herum.
    Unter ihren geschwollenen Lidern hervor sah sie ihn an und versuchte zu lächeln. Schwarze Lücken verrieten, dass der Scharfrichter sich bereits an ihren Zähnen zu schaffen gemacht hatte.
    Wessel wandte den Kopf ab.
    Er konnte es nicht mit ansehen, wie sie sie zugerichtet hatten. Aber das schlimmste stand ihr noch bevor, das wusste er. Das Verlangen danach, sich auf den Mann vor ihm zu werfen und ihm die Daumen in seine verfluchten Augen zu drücken, brannte in ihm. Aber was hätte es genutzt, sie hätten ihn nur neben Carda auf den Scheiterhaufen gebunden.
    Er musste frei sein, um dem Wahnsinn ein Ende zu machen.
    Er musste frei sein und zusehen, wie sie Carda zerbrachen.

 
    ***

 
    Als sie vor Wessels Haus ankamen, kroch der Käfer in einen Spalt in der Wand und verschwand im Haus. Ohne zu überlegen, warf Barnabas sich gegen die Tür und brach mit ihr in das innere des Hauses ein.
    Im Zwielicht konnte er einen großen Tisch mit Büchern darauf, einen Schemel vor dem Tisch und ein schäbiges Regal an der Wand, mit Flaschen und seltsamen Geräten darin, erkennen. Im Ofen in der Ecke glühte noch ein Holzscheit.
    Sicher befanden sie sich im Haus dieses Schreibers.
    Er brauchte nur seinem kleinen Führer zu folgen, der unter dem Tisch verschwunden war. Er bückte sich und fand ein Bündel mit Dokumenten, das er aufnahm und auf den Tisch legte.
    Was sollte er damit? Er war seinem Käfer gefolgt, weil dieser ein Abgesandter seines Meisters war, und er zweifelte keinen Moment daran, dass der Meister wusste, warum er ihn hierhergeführt hatte. Sicher sollte er lesen, was in diesen Rollen stand. Wahrscheinlich war hier ein Geheimnis verborgen, das er seinem Meister würde mitteilen müssen.
    Das konnte länger dauern. Er fürchtete nicht, dass der Besitzer dieser Rollen schnell wieder kommen würde, zu genau wusste er, dass die peinlichen Verhöre oft über Tage und Nächte hin geführt wurden. Er konnte sich Zeit lassen.
    Also lehnte er zunächst die herausgebrochene Tür wieder in den Rahmen und suchte dann nach einer Kerze oder einem Kienspan, der ihm Licht schenken sollte. Er fand zwei dicke, unbenutzte Kerzen, zündete sie im Ofen

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