Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)
die Halle gebracht und sie unter die Birke gelegt. Dann hatte er aus dem Kofferraum die vorbereiteten Utensilien geholt. Aus einer Metzgerei hatte er sich das Blut eines Lammes besorgt. Er hatte Gerda ausgezogen, sie mit dem Blut gewaschen, einige Zweige von der Birke abgeschnitten und die Leiche damit zum Zeichen seiner Hochzeit geschlagen. Dann kam der schwierigere Teil. Mit einem Messer hatte er einen tiefen Schnitt in die Bauchdecke durchgeführt, die Gebärmutter aus dem noch warmen Körper gelöst und sie gegessen.
So hatte er symbolisch seine Umwandlung in einen seelischen Zwitter vollzogen und dem Embryo einen Platz in seinem Leib angeboten.
Den Rest des Körpers hatte er unter der Birke vergraben. Er hatte noch einen Moment überlegt, dann hatte er die Birke aus dem Boden gerissen und sie draußen vor der Halle in ein Gebüsch geworfen.
Es war immer besser, markante Merkmale zu vermeiden.
***
Der Wagen der Bornsens hielt vor der Apotheke der Leuberich . Sie warteten eine Weile, dann kamen die Apothekerin und der Grieche aus dem Gebäude heraus, winkten ihnen kurz zu, stiegen in einen anderen Wagen, warteten bis sich der Wagen der Bornsens in Bewegung setzte und folgten.
Jetzt waren sie komplett.
Zum Archiv war es nicht mehr weit.
***
Nach der Geschichte auf dem Parkplatz hinter dem Kino waren die Bullen gekommen und hatten ihn in Untersuchungshaft gesteckt. Der Junge hatte ihn sehr gut beschrieben und er war von Überwachungsvideos, die die Polizei von den Veranstaltungen mit seinen Kameraden gemacht hatte, bekannt. Aber seine Kameraden hatten ihm ein astreines Alibi gegeben. Wo konnte man in dieser Nacht, in der eine junge Frau spurlos verschwunden und zwei weitere Menschen ermordet worden waren, besser aufgehoben sein als beim Ausländerklatschen am Zentralbahnhof?
Er saß seine Jugendstrafe von acht Monaten wegen Körperverletzung an einem Senegalesen, der ihn erkannt haben wollte, ab und hörte nie wieder was von der Angelegenheit.
Aber nach der Sache mit den Überwachungsvideos war er vorsichtiger geworden. In diesem Falle waren sie ihm zwar eine unerwartete Hilfe gewesen, trotzdem legte er großen Wert darauf, unauffällig zu bleiben.
Also brach er alle Verbindungen zur rechten Szene ab nachdem er aus dem Bau wieder raus war.
Ein- zwei Mal besuchten ihn seine ehemaligen Kameraden um ihn zum Bleiben zu bewegen, aber er wehrte jedes Mal ab. Und als sie schließlich begannen ihm zu drohen, dass Untreue unnachgiebig bestraft würde, gab er zum Schein nach und verabredete ein Versöhnungstreffen.
Als dann die Gaststätte in der sie sich immer trafen mitsamt der Creme de la Creme der Rechten der Stadt abbrannte, war Volkmar Hendrich bereits unter dem Namen Volkmar Eckhardt in eine andere Stadt verzogen.
Nie hatte ihn jemand mit dem Brand in Verbindung gebracht.
***
Kommissar Tanner stand vor dem Gebäude des Stadtarchives und drehte nervös eine Spielkarte zwischen seinen Fingern. Hinter ihm wartete in einem unauffälligen Bus eine Sondereinheit, bestehend aus sieben erfahrenen Polizisten. Alles die richtigen, stahlharten Männer, die man brauchen würde, um mit fanatischen Sektenanhängern fertig zu werden.
Er hatte die Nachbarin der Toten natürlich beschatten lassen und ihren kleinen Freund auch. Gleich nachdem er die Wohnung verlassen hatte, hatte sich einer seiner Männer an die beiden geheftet.
Sie waren zusammen zu einem gewissen Professor Rosner aufs Land gefahren, und dies sicher nicht allein, um die frische Luft zu genießen.
Er wusste noch nicht, welche Rolle der Professor in der Sekte spielte, aber das war im Moment auch ganz unwichtig. Zusammen waren die drei kurz vor Toresschluss im Stadtarchiv verschwunden und der Beamte, der sie beschatten sollte, hatte sie natürlich verloren.
So ein Idiot. Tanner knurrte in Gedanken an ihn. Aber das nützte jetzt auch nichts mehr.
Irgendetwas wollten die drei im Archiv.
Und als dann noch dieser Eckhardt einige Stunden später mit einer Gruppe Leute aufgetaucht und sogar von einem Angestellten eingelassen wurde, war alles klar.
Man traf sich zu irgendeinem perversen Ritual.
Tanner hatte sofort den Sektenbeauftragten der Stadt kontaktiert und der hatte ihm bestätigt, dass so etwas durchaus denkbar wäre.
Teile des Gebäudes waren älter als die Erfindung der Vernunft und die Spinner wurden nicht weniger. Aliens und Werwölfe, Vampire und schleimige Monster aus Gullideckeln . Er selbst verstand nicht,
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