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Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)

Die Nacht des Ta-Urt (German Edition)

Titel: Die Nacht des Ta-Urt (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Wolfgang Bödeker
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sich nach seiner Freundin auch nur umzusehen.
    So ein Früchtchen war das also, dachte Volkmar, ließ seine kleine Muschi allein beim bösen Onkel.
    Zwischen den parkenden Autos war der Junge sofort aus Volkmars Sicht verschwunden. Das Mädchen blieb unschlüssig stehen und blickte ihn aus weit aufgerissenen Augen weiter an.
    Anscheinend dachte sie, er sei eine Art Hund, der nur angriff, wenn man sich bewegte.
    Sie täuschte sich.
    Volkmar trat ihr in den Magen und versetzte dem fallenden Körper einen Handkantenschlag ins Genick. Er freute sich über das laute Geräusch, das die Wirbel machten als sie brachen. So viele unerwartete Erfahrungen heute. Aber er hielt sich nicht mit seiner Freude auf. Mit einem Sprung setzte er über das schlaffe Bündel aus Haaren und Kleid hinweg und verfolgte den Jungen.
    Die Straßen waren menschenleer. Mit all dem Blut auf seiner Kleidung und in seinem Gesicht sah er aus wie einem Horrorfilm entsprungen. Weitere Zeugen, und dies auf offener Straße, hätten sein Ende bedeutet.
    Vom Parkplatz fort, rannte er auf Verdacht über die Hauptstraße in die nächste Seitenstraße. Er hatte Glück. Er sah den Jungen gerade noch über eine Mauer in einen Hinterhof klettern. Mit einem Satz nahm Volkmar die Mauer in Angriff und ließ sie hinter sich. Er war topfit.
    Jetzt stand er in einem dieser Hinterhöfe, wie sie für die älteren Teile der Stadt typisch waren. Durch niedrige Mauern abgegrenzt, wechselten sich Parzellen mit Baumbewuchs und solche, die zu Parkplätzen umgebaut waren, ab. Einige kleinere Laternen spendeten nur ungenügend Licht. Jeder Bewohner hatte seinen eigenen, kleinen Hof. In die Höfe hinaus gingen Küchenfenster und Balkone. Die meisten Bewohner saßen um diese Zeit vor ihren Fernsehern in ihren Wohnzimmern auf der anderen Seite der Gebäude. Nur aus einigen Fenstern klang Radiogedudel.
    Volkmar sah den Jungen über eine der niedrigen Mauern klettern. Er hatte eine Parzelle Vorsprung.
    Er rannte hinterher und setzte ebenfalls über die Mauer. Ein leerer, betonierter Parkplatz. Der Junge war schon wieder weiter. Jetzt hatte Volkmar die Wahl zwischen zwei Mauern, über die der Junge gestiegen sein konnte. Zu seiner Rechten lag der Balkon einer Erdgeschoßwohnung, vor ihm und zu seiner Linken zwei Mauern. Er lief zur Mauer auf seiner linken Seite und blickte hinüber. Ein weiterer Parkplatz. Sonst nichts. Er lief zu der anderen Mauer. Eine Wiese, ein paar dünne Büsche und zwei rostige Gartenstühle.
    Fifty-Fifty-Chance. Er liebte das.
    Er entschied sich für den Parkplatz, sprang über die Mauer und nahm sich sofort, ohne weiter zu überlegen, die nächste vor. Er stand auf einem weiteren Parkplatz neben einem alten VW-Kastenwagen, als er links von sich ein lautes Scheppern hörte. Das musste der Junge sein.
    Drei Höfe weiter hatte er ihn wieder im Blick. Der Junge hinkte. Er musste sich verletzt haben. Volkmar konnte sehen, dass er Schwierigkeiten hatte, über die nächste Mauer zu kommen. Das war gut. Volkmar konnte bereits seinen Angstschweiß riechen.
    Jetzt waren sie nur noch einen Hof auseinander. Gleichzeitig setzte jeder über seine nächste Mauer. Volkmar hatte gerade die erreicht, die der Junge eben überwunden hatte, als er eine Stimme hörte.
    "Was machst du denn hier, Junge?"
    Gottverflucht, noch ein Zeuge.
    Er würde eine verdammte Blutspur durch die Stadt ziehen müssen, bevor das hier vorbei war.
    Er wollte schon über die Mauer springen, als er eine weitere Stimme hörte. Eine Frauenstimme.
    " Laß ihn doch Erich, er wird uns sicher erklären können, was er hier macht."
    Volkmar bremste seinen Sprung und hockte sich hin. Jetzt konnte er auch den Geruch von angebranntem Schweinefleisch wahrnehmen.
    Er hörte weitere Stimmen. Ob man nicht lieber die Polizei rufen solle. Ach, doch nicht wegen eines Jungen, mit dem würden sie schon selber fertig. Gelächter.
    Eine beschissene Grillparty. Ein Haufen hosenpissender Rentner feierte eine beschissene Grillparty. Er schätzte, dass sich sieben bis acht dieser alten Scheißer auf der anderen Seite der Mauer befinden mussten.
    Das war’s.

 
    ***
    Der Film in seinem Kopf war zu Ende.
    Im Abspann hatte er zusehen müssen, wie er aus dem Hof ungesehen wieder herauskam. Er war zurück zum Wagen gegangen, hatte Gerda auf den Rücksitz und eine Decke über sie geworfen und war losgefahren. Der Wagen war   vorne kurz hochgesprungen, als er über die Leiche des jungen Mädchens gerollt war.
    Er hatte Gerda dann in

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