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Die Nacht des Zorns - Roman

Die Nacht des Zorns - Roman

Titel: Die Nacht des Zorns - Roman Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Fred Vargas
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habe den Eindruck, die Wirkung lässt bereits nach. Wir nehmen ihn mit, ich werde das Aufwachen behutsam beschleunigen. Aber das Sprechvermögen wird frühestens in zwei Stunden wiederhergestellt sein, kommen Sie also nicht vorher, Kommissar. Er hat einige Prellungen, von dem Schlag auf die Carotis herrührend und seinem Sturz auf die Gleise. Doch ich glaube nicht, dass etwas gebrochen ist. Unter den Zug gekommen, ich fasse es nicht.«
    Adamsberg sah die Trage sich entfernen, und eine Woge der Verzweiflung kam im Nachhinein über ihn. Aber die Elektrizitätskugel machte sich nicht wieder im Nacken bemerkbar. Dank Dr. Hellebauds Behandlung, zweifellos.
    »Und Léo?«, fragte er Merlan.
    »Gestern Abend hat sie sich aufgesetzt und etwas gegessen. Wir haben die Magensonde entfernt. Aber sie spricht nicht, sie lächelt nur ab und zu, als machte sie sich so ihre Gedanken, bekäme sie nur nicht richtig zu fassen. Man könnte meinen, Ihr Dr. Hellebaud habe ihre Sprachfunktion blockiert, es ist, als hätte er einen Schalter umgelegt. Und dass er sie wieder in Gang setzen wird, wenn er die Zeit für gekommen hält.«
    »Das sähe ihm ähnlich.«
    »Ich habe ihm an sein Haus in Fleury geschrieben, um ihn über den neuesten Stand zu unterrichten. Den Brief habe ich an den Direktor adressiert, wie Sie mir rieten.«
    »An sein Gefängnis in Fleury«, präzisierte Adamsberg.
    »Ich weiß, Kommissar, aber ich sage und ich denke es nicht gern. Wie ich ja auch weiß, dass Sie es waren, der ihn festgenommen hat, aber ich will nichts von seinen Verfehlungen wissen. Ist es wenigstens nichts Medizinisches?«
    »Nein.«
    »Unter den Zug gekommen, ich fasse es nicht. Nur Selbstmörder werfen sich vor einen Zug.«
    »Eben, Doktor. Es ist keine gewöhnliche Waffe. Aber weil es eine bekannte Methode ist, sich das Leben zu nehmen, sollte Danglards Tod ohne weiteres als Selbstmord erscheinen. Gegenüber dem gesamten Krankenhauspersonal halten Sie bitte diese Version aufrecht, und sehen Sie zu, soweit dies möglich ist, dass nichts nach außen dringt. Ich möchte den Mörder nicht nervös machen, der in diesem Augenblick noch vermutet, dass sein Opfer von den Rädern des Zuges zerstückelt wurde. Lassen wir ihm diese Gewissheit für ein paar Stunden.«
    »Ich verstehe«, sagte Merlan und kniff die Augen zusammen, mit einem Ausdruck, der mehr Scharfsinn als nötig zu erkennen geben wollte. »Sie wollen überraschen, beobachten, belauern.«
     
    Nichts dergleichen tat Adamsberg. Die Ambulanz fuhr weg, und er lief von einem Ende des Bahnsteigs A zum anderen, eine kurze Strecke von zwanzig Metern, denn es widerstrebte ihm, sich von Veyrenc zu entfernen, dem Blériot – das hatte er gesehen – drei oder vier Stück Zucker verabreicht hatte. Blériot, der Zuckerer. Ungewollt verzeichnete er, dass der Brigadier die Papierchen nicht auf den Boden fallen ließ. Er knüllte sie zu einer kleinen Kugel zusammen, die er dann in seine vordere Hosentasche schob. Émeri, dessen Uniform erstmals schlecht saß, so hastig hatte er sich angezogen, um zu ihnen zu stoßen, kam kopfschüttelnd herüber.
    »Ich finde keinerlei Spuren um die Bank herum. Nichts, Adamsberg, wir haben nichts.«
    Veyrenc bedeutete Émeri, ihm eine Zigarette zu geben.
    »Und es würde mich wundern, wenn Danglard uns helfen könnte«, sagte Veyrenc. »Der Kerl kam von hinten und hat ihm nicht die Zeit gelassen, sich umzudrehen.«
    »Wie kommt es, dass der Zugführer ihn nicht gesehen hat?«, fragte Blériot.
    »Zu dieser Zeit hatte er die Sonne voll im Gesicht«, sagte Adamsberg. »Er fuhr genau Richtung Osten.«
    »Selbst wenn er ihn gesehen hätte«, ergänzte Émeri, »hätte er die Maschine nicht unter mehreren hundert Metern stoppen können. Lieutenant, wie kamen Sie auf die Idee, Danglard nachzufahren?«
    »Einhaltung der Dienstvorschrift, nehme ich an«, sagte Veyrenc lächelnd. »Ich habe ihn das Haus verlassen sehen und bin ihm gefolgt. Denn bei so einer Art Ermittlung zieht man nicht allein los.«
    »Und warum ist er allein gegangen? Er scheint mir doch eher ein vorsichtiger Mensch zu sein.«
    »Aber auch ein Einzelgänger«, fügte Adamsberg zu Danglards Rechtfertigung hinzu.
    »Und der, der ihn zu dem Treffen bestellt hat, hat sicherlich verlangt, dass er ohne Begleitung kommt«, seufzte Émeri. »Wie immer. Wir sehen uns in der Gendarmerie, um die Wachrunden bei Mortembot zu organisieren. Adamsberg, hast du deine beiden Mitarbeiter aus Paris bekommen?«
    »Sie müssten vor 14

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