Die Nacht, in der er zurueckkehrte
gemeint, ihre Mutter hätte vielleicht auf dem Weg zum Blumenladen im The Gulch zu tief ins Glas geguckt. Oder sie bräuchte vielleicht eine neue Brille.“
Easton seufzte entnervt. „Es ist einfach unmöglich, in diesem Kaff etwas geheim zu halten. Das sollte ich eigentlich inzwischen wissen.“
Nur das vor fünf Jahren war nicht herausgekommen. Unwillkürlich umfasste sie die Zügel fester. Irgendwie hatte sie es geschafft, dass keiner von dem tiefen Einschnitt in ihr Leben erfahren hatte.
„Also stimmt es?“
„Ja. Du kannst Tess beruhigen, ihre Mutter hat noch gute Augen und hat sicher auch keinen über den Durst getrunken. Cisco ist vor drei Tagen hier aufgetaucht.“
Mimi schwieg eine ganze Weile, und Easton konnte förmlich hören, wie es in ihrem Hirn tickte.
„Erklärst du mir das Ganze gleich oder muss ich noch länger am Hörer hängen? Wieso ist er zurückgekommen? Und was habt ihr im Krankenhaus gemacht? Und wo um Himmels willen kommt das Kind her?“
Unwillkürlich musste Easton über Mimis neugierige Fragen lachen.
„Das Baby ist ein kolumbianisches Waisenkind. Der Vater ist US-Amerikaner, und so hat die Kleine die doppelte Staatsbürgerschaft. Die Verwandten können sie aber erst in ein paar Tagen abholen, deshalb hat Cisco sie mitgebracht.“
„Und was hat er mit dem Kind zu tun?“
„Anscheinend war er mit den Eltern befreundet. Und er hat der Mutter kurz vor ihrem Tod versprochen, das Baby in die USA zu bringen.“
„Es ist also nicht seins?“
„Ich glaube nicht.“
„Und wieso wart ihr bei Jake? Ist jemand krank?“
„Was ist los, Mimi? Du hast mich noch nicht mal gefragt, was ich anhabe, und willst auch nicht wissen, was es heute zum Frühstück gibt.“
Aus der Leitung kam ein helles Lachen. „Du weißt doch, wie neugierig ich bin. Außerdem, sei froh, dass ich dich frage, und nicht Brant. Wenn der dich ins Kreuzverhör nimmt, musst du Farbe bekennen.“
„Ich glaube, da stehst du ihm in nichts nach“, sagte Easton etwas leiser, denn sie war gerade am Pferdestall angekommen.
„Also, wieso warst du bei Jake? Ist das Baby krank?“
Das Handy zwischen Ohr und Schulter geklemmt, stieg Easton vom Pferd und nahm Lucky den Sattel ab.
„Nein.“ Sie überlegte, wie viel sie Mimi anvertrauen sollte, und beschloss, ihr die Wahrheit zu sagen. Es würde sowieso irgendwann herauskommen.
„Ich musste Cisco zu Jake bringen, weil er eine Stichwunde hat, und die hatte sich entzündet. Aber macht euch keine Sorgen. Jake hat ihn gut versorgt.“
„Das bezweifle ich nicht“, sagte Mimi, und in ihrer Stimme klang große Sympathie für den Arzt mit, der ihr Baby auf die Welt gebracht hatte. „Woher hat Cisco denn die Stichwunde?“
„So genau hat er das nicht gesagt.“
Mimi schnaubte abfällig, was bei ihr irgendwie trotzdem vornehm klang. „Brant begibt sich ja auch gern in brenzlige Situationen. Aber er ist schließlich bei der Armee, und da ist das nicht zu vermeiden. Das müssen die Angehörigen akzeptieren. Aber bei Cisco wissen wir überhaupt nicht, was er da unten treibt. Darüber kann Brant sich furchtbar aufregen.“
„Mir geht es genauso.“
„Es ist sicher nicht leicht für dich, dass du ihn jetzt um dich hast“, sagte Mimi mitfühlend. „Kommst du denn mit der Situation klar?“
Nein, überhaupt nicht, dachte Easton. „Ja, ja, geht schon“, sagte sie lässig, obwohl sie sicher war, dass Mimi ihre Anspannung spürte.
„Soll ich mit Abby rüberkommen? Brant ist sowieso gerade zwei Wochen zu diesem Training unterwegs, und ich habe nichts Bestimmtes vor, außer dass ich mit Abby zu einer Audienz bei ihrem Großvater muss.“
Mimis Vater war ein temperamentvoller, dominanter Mensch, Immobilienmagnat und einflussreicher Filmproduzent, der sich zu Mimis Entsetzen plötzlich als liebender Großvater aufspielte.
Easton überlegte, wie es wäre, wenn Mimi und Abby hier wären. Durch Mimis unkomplizierte Art würde sich die Situation vielleicht entspannen. Außerdem könnten die beiden kleinen Mädchen sich miteinander beschäftigen.
Andererseits widerstrebte es Easton, ihrer Freundin mit ihrem Baby die weite Reise zuzumuten. Und wenn sie ehrlich war, musste sie sich eingestehen, dass sie Cisco für sich allein haben wollte. „Nett von dir, aber ich komme schon zurecht. Er wird sicher nicht lange bleiben. Du weißt ja, wie er ist.“
„Ja, unstet und flüchtig. Um ihn zu halten, müsste man ihn schon anbinden.“
„Dazu müsstest du ihn erst mal zu
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