Die Nacht, in der er zurueckkehrte
später hatte er einen Brief von Jo bekommen, in dem sie nebenbei erwähnte, dass Easton einen Job in Denver angenommen hätte und die Ranch verlasse. Seinetwegen.
Er fand, dass Easton allen Grund hatte, den Kontakt mit ihm abzubrechen. Deshalb hatte er keinen Versuch gemacht, sie zu erreichen. Er wollte sie in Ruhe lassen und ihr Gelegenheit geben, sich ein Leben ohne ihn aufzubauen.
Eineinhalb Jahre lang hatte er die Ranch nicht besucht. Dann hatte Quinn ihn angerufen. Er wolle für Jo eine Geburtstagsparty geben, und falls Cisco seinen Hintern nicht auf der Stelle herbewege, würde er ihn eigenhändig auf die Ranch schleifen, in welchem Dreckloch auch immer er zurzeit stecke.
Also hatte er sich ein paar Tage freigenommen und war nach Hause gefahren. Da war Easton bereits wieder auf die Winder Ranch gezogen, weil sie anscheinend vom Stadtleben genug hatte.
Cisco war geschockt von ihrer Veränderung. Sie war still und blass und hatte ihn kaum angesehen.
Daran hatte sich in den drei folgenden Jahren nichts geändert. Wenn er zu Besuch da war, wich sie ständig seinem Blick aus, und wenn er sie bei der Begrüßung berührte, zuckte sie zusammen.
Dass es diesmal anders war, musste ein Zufall sein. Vermutlich war sie genauso müde wie er. Doch das durfte er nicht ausnutzen.
Unter Aufbietung aller Willenskraft ließ er sie los und trat einen Schritt zurück.
Sie blinzelte ihn verwundert an, doch ihre wahren Gefühle blieben für ihn im Verborgenen. Früher war sie so offen und überbordend fröhlich gewesen. Nun wirkte sie eher verschlossen.
„Wenn Quinn oder Brant hier wären, würden sie wie große Brüder handeln und dich davor warnen, mit mir allein in einem dunklen Raum zu sein. Tut mir leid, East.“
Sie bedachte ihn mit einem beinahe feindseligen Blick und sagte schroff: „Ich gehe wieder ins Bett.“
„Du brauchst dich morgen früh nicht um Belle zu kümmern. Ab jetzt übernehme ich das. Danke für alles, was du in den letzten Tagen getan hast.“
Sie sah ihn nur abweisend an und verließ ohne ein weiteres Wort die Küche.
4. KAPITEL
Es gab nur wenige Dinge auf der Welt, die der atemberaubenden Schönheit eines Frühlingsmorgens in Cold Creek gleichkamen.
Die Sonne war noch nicht aufgegangen, doch im Osten leuchteten die Berggipfel bereits rosarot. Die Luft war kühl und klar, und der Duft von Kiefern und wildem Salbei vermischte sich mit dem würzigen Geruch nach Pferd und Sattelleder.
An einem Morgen wie diesem war Easton glücklich.
Jack, ihr bester Hirtenhund, lief voraus und beschnupperte alles, was ihm in den Weg kam. Sie liebte diese Ausritte am frühen Morgen, obwohl sie ein bisschen ein schlechtes Gewissen hatte.
Bald würde Belle aufwachen, und sie war nicht sicher, ob sie Cisco trauen konnte. Womöglich war er wieder eingeschlafen, denn er war immer noch sehr geschwächt.
Andererseits hatte er bei seinem Kuss eine enorme Energie an den Tag gelegt. Warum sollte er also nicht mit einem Baby klarkommen?
Auf der Ranch gab es genügend Dinge für sie zu tun. Burt hatte ihr gemailt, dass der Fluss ziemlich hoch stehe und er Sorge habe, dass der nah am Fluss gelegene Heuschober überschwemmt werden könnte.
Deshalb war sie nun auf dem Weg zur Hochweide, um sich die Sache anzusehen.
Nach dem nächtlichen Zusammentreffen mit Cisco in der Küche war an Schlaf sowieso nicht mehr zu denken gewesen. Sein Kuss und seine Umarmung hatten sie viel zu sehr aufgewühlt. Seufzend versuchte sie, die Erinnerung beiseitezuschieben und sich auf die Schönheit der Morgenstunde zu konzentrieren.
Doch das wollte ihr heute nicht gelingen.
Die schreckliche Zeit vor fünf Jahren war unvermittelt wieder lebendig geworden. Wie verloren und von Trauer zerrissen war sie gewesen, als sie nach dem kurzen Aufenthalt in Denver nach Pine Gulch zurückgekommen war. Damals hatte sie nicht gewusst, wie ihr Leben weitergehen sollte.
Niemandem hatte sie etwas erzählt, nicht einmal Jo, obwohl sie beinahe sicher war, dass ihre Tante ahnte, was nach Guffs Tod passiert war. Doch Jo hatte sie mit offenen Armen aufgenommen und keine Fragen gestellt. Ihre mütterliche Fürsorge war Balsam für Eastons Seele gewesen.
Um sich abzulenken, hatte sie sich in die Arbeit gestürzt und alles gelernt, was sie brauchte, um die Ranch eines Tages übernehmen zu können.
Dann, ein Jahr nach Eastons Rückkehr, wurde bei Jo Krebs diagnostiziert. Drei Jahre lang kämpfte sie gegen die Krankheit, und währenddessen übernahm Easton nach
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