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Die Nacht in Issy

Die Nacht in Issy

Titel: Die Nacht in Issy Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Alexander Borell
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Germaine. Als sie sich meldete, sagte ich mit Pierres näselnder Stimme:
    »Hier spricht Cormeilles — ist Monsieur Gravelle, Francois Gravelle, gerade bei Ihnen?«
    »Nein?« sagte sie zögernd, und gleich darauf hörte ich sie flüstern. Dann meldete sich Francois, und ich hängte ein. Er war also tatsächlich bei ihr.
    Ich schlenderte wieder zu meiner Bank und überlegte. Wenn nun Francois der Mörder war? Er hatte irgend etwas mit Alexandre gehabt und hatte ihn nun umgebracht. Vielleicht waren gewisse Dinge mit Germaine zu besprechen? Wenn Francois es getan hatte, dann war er zur Zeit außer Gefahr, denn er hatte sicherlich den Artikel über den Mord gelesen. Er konnte also mit Germaine sprechen, ohne daß sie Verdacht schöpfte. Er konnte auch so tun, als wisse er von Alexandres Tod noch gar nichts; er hatte viele Möglichkeiten. Nun schien es mir ratsam, ebenfalls mit Germaine zu sprechen.
    Der junge Mann neben mir stand auf. Er bat mich nochmals um Feuer, dann ging er fort. Ich drehte mir noch einige Zigaretten, dann sah ich Francois herauskommen. Er schaute nicht zu mir herüber, sondern ging ziemlich eilig in die Richtung, aus der er gekommen war. Er war ungefähr dreiviertel Stunde bei Germaine gewesen.
    Ich wartete noch, bis er außer Sichtweite war, dann ging ich durch das Gartentor.
    Die Haustür war offen. Im Treppenhaus stand ein Schreibtisch, und dahinter saß ein Mann, der mich fragend anschaute.
    »Wohin wollen Sie?« fragte er.
    »Privat«, sagte ich, »zweiter Stock.«
    Er nickte nur, und ich stieg die breite Marmortreppe hinauf.
    Im zweiten Stock waren drei Türen; an einer, der mittleren, stand der Name: >A. Suvac< und darunter >G. Mignard<.
    Ich klingelte.
    Ein älterer Herr öffnete mir, vermutlich derselbe, mit dem ich telefoniert hatte.
    »Ich möchte zu Mademoiselle Mignard«, sagte ich.
    Der Herr warf mir einen sonderbar fragenden Blick zu und gab die Tür frei.
    »Mademoiselle Mignard bewohnt diese Seite«, bemerkte er und deutete auf vier Türen, »am besten klopfen Sie dort.«
    Ich klopfte an die zweite Tür.
    Es kam keine Antwort. Ich klopfte nochmals und erschrak, als sich die Tür plötzlich öffnete. Germaine mußte dahinter gestanden und gelauscht haben.
    »Ich habe heute morgen schon angerufen«, sagte ich, »ich möchte mit Ihnen sprechen.«
    Ihre hellblauen Augen überflogen mich. Sie hatte einen etwas breiten, aber schönen Mund und war etwa eine Handbreit kleiner als ich.
    »Ich wüßte nicht — «, meinte sie zögernd, »um was handelt es sich denn?«
    Ich beugte mich ein wenig vor und sagte leise:
    »Um Alexandre Bouchard.«
    Ich sah, daß sie erschrak, aber sie hatte sich gut in der Gewalt. Wortlos trat sie zurück und hielt mir die Tür offen.
    Ich trat ein. Ihr Wohnzimmer war ein hoher, großer Raum mit Stuckornamenten an der Decke, die nicht mehr ganz weiß aussahen. Die Wände waren dunkel tapeziert. Auf dem Boden lag ein echter Täbris, an einigen Stellen durchgescheuert, und die Möbel waren aus dunkelrotem Mahagoni, schwer — ein schlechter Chippendale-Stil.
    »Es wird nicht so rasch gehen«, sagte ich, »wollen wir uns nicht setzen?«
    Sie nickte und setzte sich in einen der breiten Sessel. Ich schaute mich kurz um. Es war kein Telefon in diesem Zimmer.
    »Sind Sie auch von der Polizei?« fragte sie.
    »Wieso? — War denn schon Polizei hier?«
    »Ja. Gerade vorhin. — Es ist schrecklich.«
    »Nein«, sagte ich, »ich bin nicht von der Polizei. Sie wissen also schon alles?«
    Sie starrte vor sich auf den Boden.
    »Sie wissen schon alles?« wiederholte ich meine Frage.
    »Ja. Man hat mich heute morgen verständigt und sagte mir, es sei ein Unfall gewesen. Ich wollte hinausfahren, aber — «
    »Was wollte die Polizei von Ihnen?« fragte ich.
    »Es war ein Kriminalbeamter. Er sagte, Alexandre sei ermordet worden, und dann durchsuchte er meine Wohnung. Aber was - was wollen Sie eigentlich?«
    »Ich suche den Mörder«, sagte ich.
    Sie hob den Kopf und blickte mich an. Ihre großen, schönen Augen waren starr auf mich gerichtet.
    »Also sind Sie doch von der Polizei?«
    »Nein«, erklärte ich, »das bin ich nicht. Bestimmt nicht. Ich mache das sozusagen — aus privatem Interesse. Übrigens habe ich keinerlei Recht, Sie auszufragen. Sie können mich auch fortschicken.«
    Wieder blickte sie mich an, lange, prüfend.
    »Das verstehe ich nicht«, sagte sie endlich langsam, »wieso privates Interesse? Haben Sie ihn gekannt?«
    »Sehr gut«, erwiderte ich, »Alexandre

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