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Die Nacht in mir: Roman (German Edition)

Die Nacht in mir: Roman (German Edition)

Titel: Die Nacht in mir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Baker
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viel besser schmecken, als das Kuhblut, an dem sie genippt hatte, ehe sie heute Abend ihren Marsch auf dem Highway begonnen hatte.
    Dann blickte sie zum Mond auf und dachte an Mark und den Berg und Rossokows fernes Profil im Mondschein. Er würde es tun, dachte sie bitter. Er würde die Gelegenheit nutzen, die ihm angeboten wurde, und sich nichts dabei denken. Aber ich bin stärker. Ich habe Marks Blut aufgegeben und Marks Liebe … und dieser blöde Bauerntölpel ist kein Ersatz dafür. Dieser Arsch stellt keine Rache dar.
    »Nein. Bringen Sie mich zum Highway zurück.«
    »Jetzt stell dich doch nicht so an. Bleib ein Weilchen.«
    »Nein.«
    »Also, ich bring’ dich nicht zurück. Nicht gratis. Du hast dir doch nicht eingebildet, dass ich dich umsonst mitnehme, was? Jetzt komm schon, ein Mädchen wie du auf der Straße. Du weißt doch Bescheid.« Seine Hand legte sich auf ihren Schenkel. Ardeth bildete sich ein, durch ihre Jeans seinen Schweiß spüren zu können. »Komm schon, sollst auch Spaß dran haben. Trink ein Bier.«
    »Sie haben nicht zugehört. Ich trinke kein Bier.« Ihre Finger schlossen sich über seiner Hand und zogen sie weg, spannten sich dabei langsam. Sie hörte, wie er unwillkürlich aufstöhnte, und drehte sich zu ihm herum. »Und meine Art von Party würde Ihnen ganz bestimmt nicht gefallen, das können Sie mir glauben.« Sie lächelte ein breites Lächeln und wusste, dass ihre Zähne im Mondlicht weiß wie Eis glänzten.
    Sie sah, wie widersprüchliche Empfindungen in seinen Augen miteinander kämpften: Ego, Aggressivität und eine schreckliche Sehnsucht, die jeder Vernunft widersprach, Schuld und Ansätze von Angst. Einen Augenblick lang dachte sie, dass sein Ego die Oberhand behalten und ihn weiter auf dem Weg vorantreiben würde, auf den er sich begeben hatte. Dass sein Ego es ihm unmöglich machen würde, kehrtzumachen, bis sie allem ein Ende machte. Dann schien etwas in ihm zu zerbrechen, und sein Blick senkte sich.
    »Herrgott, lass mich los. Schon gut, schon gut, ich bring’ dich zurück.« Er riss die Hand weg, als ihre Finger sich lockerten, und sie hörte, wie er »Miststück« murmelte, so leise, dass eine Sterbliche es nicht gehört hätte. Er fummelte mit dem Zündschlüssel herum, dann beleuchteten die Scheinwerfer den schmalen Feldweg vor ihnen. Ardeth beobachtete ihn, wie er rücksichtslos seinen Pick-up in das Weizenfeld zurücksetzte und dann in einem ungeschickten Bogen wieder zum Highway wendete.
    Er sah kein einziges Mal zu ihr hinüber, bis sie die nächste Ortschaft erreicht hatten, und hielt dort an einer Ecke an. »Steig aus.«
    »Gord.« Jetzt blickte er auf, konnte sich dem süßen, verführerischen Klang ihrer Stimme nicht entziehen. Er zuckte ein wenig zusammen, und dann begegneten seine blassblauen Augen den ihren. »Du weißt doch, was die Leute sagen. Tramper mitzunehmen kann gefährlich sein. An deiner Stelle würde ich mir das merken.« Das war alles, was sie für die Frauen tun konnte, die nach ihr kamen. Eine Warnung, in die sie alle Überzeugungskraft legte, die sie besaß. Dann knallte sie die Tür zu und blickte den Rücklichtern seines Trucks nach, bis sie hinter der nächsten Straßenbiegung verschwunden waren.
    Ardeth sah sich um. Im Osten verhieß das erste Leuchten der Morgendämmerung den kommenden Tag. Jetzt war keine Zeit mehr, sich ein Versteck zu suchen. Sie würde also etwas von ihrem Geld ausgeben müssen. Sie seufzte, zog sich den Rucksack zurecht und setzte sich in Richtung der Neonschrift des Motels in Bewegung, die hinter den Verkehrsampeln leuchtete, die im Ostwind in ihren Halterungen baumelten.

12
     
    Lisa Takara saß im behaglichen Halbdunkel der Hotelbar, dankbar für die massive Holztrennwand, die hinter ihrem Rücken angebracht war und ihre Nische von der nächsten abgrenzte. Sie strich mit dem Finger an dem Rand ihres Glases entlang und spürte, wie die kühle Feuchtigkeit des kondensierten Wassers ihre Haut belebte. Sie sah auf die Uhr.
    Beinahe sieben.
    Wieder sah sie sich im Raum um und musterte die Gesichter der Gäste. An dem Tisch vorne im Raum saß eine Anzahl von Geschäftsleuten, in der Nische auf der anderen Seite des schmalen Gangs waren zwei grauhaarige Frauen, und an der eigentlichen Bar drängte sich eine Gruppe junger Männer und Frauen. Alles sah beruhigend normal aus … so wie sie es geplant hatte.
    Sie hatte die ganze Zeit gewusst, dass sie keine andere Wahl hatte, als sich mit Sadamori Fujiwara zu treffen.

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