Die Nacht in mir: Roman (German Edition)
hatte, und deshalb schien es nur natürlich, dass sie ihn auch noch wollte, nachdem … Obwohl der Genuss von ganz anderer Art gewesen war, war es seltsam befriedigend gewesen. »So, und jetzt geh und such dir saubere Kleidung. Komm anschließend wieder hierher, dann suchen wir diese Originalbänder.«
Sie verharrte kurz am Rand des Podests – sie wollte ihn nicht verlassen –, stieg dann aber über den ausgestreckten Körper der toten Schauspielerin hinweg und strebte auf die Tür zu.
In der Schauspielergarderobe fand sie eine schwarze Hose, die ihr nur ein klein wenig zu weit war, und ein Paar einigermaßen bequem sitzende, kurze schwarze Stiefel. Sie musterte einen Augenblick lang die zwei Tops, die über den Stuhl drapiert lagen, tat sie dann aber amüsiert ab, denn weder das schwarze Bustier noch das Körbchen-Top im Leopardenmuster würden ihr mit ihrer kleinen Oberweite passen. Schließlich entschied sie sich für ein weißes Hemd, das sie in einem der anderen Räume fand. Nach dem Durcheinander von Heavy-Metal-CDs auf dem Boden zu schließen, war es Petersons Zimmer gewesen. Ein Totenschädel mit wirrem, grünem Haar starrte sie an. Er hatte ein T-Shirt damit besessen, erinnerte sie sich, und wieder durchflutete sie heiße, weißglühende Wut. Sie trat wild nach dem Haufen CDs, dass die einzelnen Hüllen über den Boden schlitterten. Das stillte ihre Wut etwas. Anschließend stand sie mitten im Raum und atmete tief durch, bis sie sich ganz gelegt hatte.
Es war Zeit, zu Rossokow zurückzukehren, die Aufzeichnungen zu finden, die den perversen Beweis seiner Existenz enthielten, und sie zu zerstören. Nicht dass jemand es wirklich glauben würde, dachte sie, alle würden es für einen Spezialeffekt halten. Aber er hatte Recht: Das Filmmaterial war zu gefährlich, als dass sie es zurücklassen durften, wo der Rest der Bande oder die Polizei es finden konnte. Sie würden auch die Filmrollen in den Kameras im Studio zerstören müssen, für den Fall, dass etwas von dem Gemetzel dort aufgezeichnet worden war.
Rossokow befand sich immer noch im Studio. Er hatte ebenfalls neue Kleidung aufgetrieben: Ein teures weißes Hemd, das in starkem Kontrast zu einer abgewetzten schwarzen Jeans stand. An die Kameras hatte er bereits gedacht – sie lagen inmitten eines Haufens herausgerissener Filmrollen zertrümmert auf dem Boden.
»Reicht das, um diese Filme zu zerstören – oder sollten wir sie verbrennen?«, erkundigte er sich, und Ardeth lächelte.
»Ich denke, das wird reichen. Jetzt müssen wir noch die anderen Filme finden, insbesondere verbliebene Kopien, falls es die gibt. Lieber würde ich eigentlich den ganzen Bau in Brand stecken.« Der Gedanke an die brennende Irrenanstalt vor dem Nachthimmel ließ sie erneut lächeln, wenn auch nicht besonders freundlich.
»Das würde mir auch Freude machen, aber es würde zu viel Aufmerksamkeit erregen. Also – wie sehen diese Filme aus?«
Sie fanden sie in dem Raum neben Roias’ Allerheiligstem. Vier Regale mit Videobändern säumten über Videorecordern eine Wand. Geständnisse eines Schulmädchens, Robohure. Heiße Betten. Drei Videos waren nur mit V1, V2 und V3 gekennzeichnet. Ardeth nahm sich V1, schob es in einen der Videorecorder und schaltete den Fernsehbildschirm ein.
Im Schnellvorlauf wirkte die Folterung des dunkelhaarigen Opfers fast komisch, aber trotzdem verdeckte das Tempo der Szene den Schrecken nicht ganz, und Ardeth spürte, wie die Wut – schwarz und befriedigend – gegen ihre Brust presste.
Wie in dem Film, dessen Dreh man sie anzusehen gezwungen hatte, trat Rossokow erst am Ende auf. Sie schaltete den Videorecorder auf Normalgeschwindigkeit und starrte seine skelettartigen Züge und die heißen, brennenden Augen an. Vor ihrem inneren Auge sah sie ihn so, wie er bei ihrer ersten Begegnung gewesen war, und sie spürte den entfernten Schauder erinnerter Angst. Rossokow beugte sich über sie und drückte auf STOPP. »Genug«, sagte er mit brüchiger, leiser Stimme. »Zerstöre sie.«
Ardeth stellte das Gerät ab und holte das Video heraus. Was wäre wohl der einfachste Weg, das ganze Material zu zerstören, ohne allzu viel Zeit zu verlieren? Sie sah sich im Raum um, und ihr Blick fiel auf einen Aktenvernichter. Das Gerät sah leistungsstark aus – würde es wohl auch Videobänder zerstückeln? Es gab nur einen Weg, das herauszufinden. Sie ging zu dem Gerät und stellte es an.
Dann kehrte sie zu den Regalen zurück, griff sich den Stapel Videos
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