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Die Nacht in mir: Roman (German Edition)

Die Nacht in mir: Roman (German Edition)

Titel: Die Nacht in mir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Baker
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sich um und küsste seine vom Blut dunklen Finger.
    Auf dem Bett, neben der Leiche der blonden Frau, gaben sie sich ihrer Liebe hin, ekstatisch, wie Wölfe, die sich nach dem Töten paaren.
    Ardeth schlug die Augen auf und sah sich im Blick der toten Frau widergespiegelt. Einen schrecklichen Augenblick lang war sie von den glasig schwarzen Marmoraugen und der stumpfweißen Haut hypnotisiert. Das bin ich, dachte sie, das ist, was aus mir geworden ist. In einer plötzlichen Vision sah sie sich durch die Augen der toten Hure, zwei leblose Irispaare, die den Tod hin und her warfen.
    Dann regte sich etwas hinter ihr, und sie spürte, wie sich etwas Warmes gegen ihren Rücken presste, verspürte das Gewicht des Armes, der über ihrer Hüfte lag. Sie drehte sich um und blickte in ein anderes Augenpaar, diesmal grau und unverkennbar lebendig. Erstaunt legte sie die Hand auf die blasse, von Narben überzogene Brust und spürte das D-dumm seines Herzens. Er ahmte die Bewegung nach und drückte, bis sie den Schlag ihres eigenen Herzens gegen seine Hand ebenso deutlich spürte, wie sie das seine wahrnahm.
    »Ardeth …«, sagte er leise, mit einer Stimme, die ruhig und gelassen war, obwohl seine Augen wachsam blickten. Ardeth erinnerte sich, rief sich all das, was geschehen war und was sie jetzt war, ins Gedächtnis zurück. Lächelnd lag sie in seinem Arm und räkelte sich auf der roten Seide des Bettes. Seine Hand liebkoste sie und fiel dann widerstrebend herunter. »Wir müssen hier weg, ehe noch andere kommen.«
    Ardeth blickte auf die Leiche am Fußende des Bettes und sah sich dann im Saal um. Ihr Blick blieb an Roias’ Leiche hängen, die auf der kantigen Zinne des Fensters aufgespießt war. »Lass sie kommen.«
    Rossokow nahm ihr Gesicht in seine Hände und zwang sie, seinem ernsten Blick zu begegnen. »Junge Frau, wir sind nicht unverletzbar. Ganz besonders jetzt nicht. Wir müssen sehr vorsichtig und geschickt vorgehen. Hast du von Roias irgendetwas Wichtiges erfahren können?«
    »Nein, ich habe ihn nur getötet.« Das war ein Fehler gewesen, und sie wusste das, aber das Wissen reichte nicht aus, um den Trotz aus ihrer Stimme zu verbannen.
    »Wer, meinst du, wird das hier entdecken?«, fragte Rossokow nach einem langen Schweigen, das seine Missbilligung besser zum Ausdruck brachte, als Worte es vermocht hätten.
    Ardeth runzelte die Stirn, versuchte, über das triumphale Gemetzel, das hier stattgefunden hatte, hinauszudenken. »Ihre Bosse oder Komplizen.«
    »Werden sie es den Behörden melden?«
    »Das ist unwahrscheinlich. Dann würden sie es ja erklären müssen.«
    »Gut. Und was ist mit den Filmen?«
    »Die haben sie wahrscheinlich bereits verkauft. Aber es wird ihnen ohnehin niemand glauben.« Sie entzog sich seinem Griff und sprang vom Bett, entzückt von der Kraft und dem Selbstvertrauen, das sie empfand. »Worüber machst du dir Sorgen? Sie sind alle tot.« Sie drehte sich im Kreis, um die im Raum verstreuten Leichen in einer weit ausholenden Armbewegung einzuschließen.
    »Ardeth«, begann Rossokow geduldig, »es gibt vieles, was du über dieses Leben lernen musst. Aber das Allerwichtigste ist Vorsicht. Die Folgen auch nur eines einzigen Fehltritts können tödlich sein.«
    Sie seufzte. Er hatte natürlich Recht, aber Vorsicht schien ihr jetzt etwas völlig Fremdartiges, ein ungewolltes Überbleibsel aus einem Leben, das sie in einem flachen Grab im Wald zurückgelassen hatte.
    »Wahrscheinlich gibt es hier irgendwo Originalbänder«, räumte sie ein, »die sollten wir löschen.«
    »Dann müssen wir sie finden. Aber zuerst«, lächelte Rossokow plötzlich amüsiert, »solltest du Kleider für dich organisieren. So wie du bist, lenkst du mich zu sehr ab.«
    Sie lachte und drehte sich um, um ihn anzusehen. Er saß auf dem zerwühlten Bettlaken und schlüpfte gerade in seine Hosen. Das war eine so alltägliche Geste, so menschlich, dass ihr plötzlich das Herz von einer undefinierbaren Sehnsucht schmerzte. »Ich hatte nicht geglaubt, dass Vampire sich von anderen Vampiren angezogen fühlen«, sagte sie flapsig, um der Intensität ihrer Gefühle entgegenzuwirken.
    »Das ist eine Hypothese, die wir vor einer Weile widerlegt haben. Ich muss gestehen, das hatte ich nicht erwartet. « Unter dem lockeren Humor in seiner Stimme konnte sie einen Hauch von Unsicherheit heraushören. Bis vor einem Augenblick hatte Ardeth nicht über den Hunger nachgedacht, den sie für ihn empfand; sie hatte ihn begehrt, als sie gelebt

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