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Die Nacht in mir: Roman (German Edition)

Die Nacht in mir: Roman (German Edition)

Titel: Die Nacht in mir: Roman (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nancy Baker
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gerechnet, dass ich zurückkommen würde, oder? Wo Sie doch ein so bezaubernder Gastgeber waren.«
    »Hören Sie, ich …« Er verstummte. Was konnte er zu ihr sagen? Dass es nicht seine Schuld war? Sag ihr irgendetwas, dachte er verzweifelt, sag ihr alles, was nötig ist.
    »Richtig, Roias, ich höre. Sie werden mir alles verraten.«
    »Ich weiß überhaupt nichts.«
    »Wer hat Sie engagiert?«
    »Keine Ahnung«, beharrte Roias und wünschte, er könnte sich davon abhalten, vor ihr zurückzuzucken, als sie näher trat und ihn immer weiter von der Konsole wegtrieb und damit auch von seiner verblassenden Hoffnung, eine Waffe gegen sie zu finden. Ihre Augen leuchteten hell und gierig, und ihre Lippen öffneten sich, um sich mit der Zunge über die blutigen Lippen zu fahren.
    »Wozu wollte er Rossokow?«
    »Rossokow?«
    »Wer ist … oh. Ich weiß es nicht. Ich schwöre, ich hab keine Ahnung.«
    »Sie mögen doch Blut, nicht wahr, Roias?«, fragte sie wie beiläufig und schob sich wieder näher. Er spürte, wie seine Knie ihm den Dienst versagten und er zusammenbrach. Die Glasscherben auf dem Boden schnitten ihm durch den Stoff seiner Jeans hindurch ins Fleisch, aber er spürte es kaum. »Solange es das Blut eines anderen ist. Ihre Arbeit macht Ihnen Spaß. Diese Filme haben Ihnen gefallen. Es hat Ihnen doch Spaß gemacht, ihn zu foltern, oder?«
    »Ich habe ihm Nahrung gegeben«, erwiderte Roias verzweifelt. Sie stand über ihm, aber er brachte es einfach nicht fertig, zu ihr aufzublicken. Stattdessen starrte er ihren blutbeschmierten Schenkel an.
    »Wie freundlich von Ihnen. Inzwischen mag ich natürlich auch Blut. Ganz besonders, wenn es das Blut eines anderen ist. Werden Sie mich mit Nahrung versorgen, mich, Roias?« Ihre Stimme war ein verführerisches Schnurren, halb Drohung, halb Versprechen. Er hörte aus ihrer Stimme, dass seine letzte Chance gekommen war. Ein Boss war schließlich genauso gut wie der andere. Er konnte beiden gleich gut dienen. Er schloss die Augen und traf seine Wahl.
    »Ja«, flüsterte er. »Ich werde Sie nähren. Ich werde alles tun, was Sie wollen.« Er beugte sich vor, küsste sie auf den blutigen Schenkel, zwang sich, nicht daran zu denken, wessen Blut er von ihrer kühlen Haut leckte. Sie ließ ihn eine Weile gewähren, bis er nach dem dünnen Streifen seidigen Stoffes griff, der ihm den Weg versperrte.
    Ihre Hände packten sein Haar und zerrten ihn auf die Füße. »Das würde dir gefallen, wie?«, sagte sie wild, und ihre Augen glitzerten rot. »Du könntest Blut für mich finden, wenn ich deines nicht mehr mag. Ich könnte dich vielleicht sogar zusehen lassen. Nun, das kommt nicht infrage, du gottverdammter Scheißkerl, kommt gar nicht infrage.«
    Sie schwang ihn an seinem Haar herum, und er schrie immer noch vor Schmerz, als sie ihn auf die kantigen Spitzen des zerschlagenen Fensters stieß. Der neue Schmerz war stechender und tiefer, als er je für möglich gehalten hätte, und sein Atem reichte nicht aus, um aufzuschreien, als die Dunkelheit durch seinen Blick schnitt.

14
     
    Ardeth kletterte ohne Mühe an dem Gerüst herunter. Nach Roias’ Leiche, die aufgespießt in den Überresten des Fensters hing, sah sie sich nicht noch einmal um. Sie hatte darauf verzichtet, sein Blut zu kosten – allein der Gedanke daran bereitete ihr Übelkeit.
    Einen kurzen Augenblick lang ergriff sie Bedauern darüber, dass ihre Wut sie davon abgehalten hatte, ihn weiter zu befragen – aber ihn zu töten war um ein Vielfaches befriedigender gewesen, als seine widerwärtige Berührung zu erdulden.
    Rossokow wartete neben dem Bett auf sie. Sie hielt inne und sah auf die ringsum verstreuten Leichen. »Sind noch mehr da?«, fragte sie und vertraute auf seine geübtere Wahrnehmung. Er schüttelte den Kopf. Er war sehr ruhig, aber sie spürte, dass er am Rande des Wahnsinns balancierte, dass der Tod ihrer Peiniger seinen Blutdurst nur zum Teil gestillt hatte.
    Auch in ihr selbst herrschte eine Wildheit, die sie mit einer Kraft und Selbstsicherheit erfüllte, die schwindelerregend und berauschend war. Sie streifte das blutgetränkte Hemd ab und warf es zu Boden. Zwar klebte noch immer Blut auf ihrer Haut und in ihren Haaren, aber das machte ihr nichts aus.
    Rossokows Augen glänzten heller, als sie die Sonne in Erinnerung hatte, während sie neben ihn auf das Podest stieg. Er streckte ihr die Hände entgegen, ließ sie über ihre Schultern zu ihrem Hals wandern und umfasste dann ihr Gesicht. Sie drehte

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