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Die Nacht Von Lissabon

Die Nacht Von Lissabon

Titel: Die Nacht Von Lissabon Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Erich Maria Remarque
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an eine letzte Liebesbeteuerung, an etwas, was er hätte mitnehmen können in seine Einsamkeit. Er hatte gelernt, viele Schablonenbegriffe abzustreifen, aber anscheinend nicht diesen.
      »Sie hätte nie aufhören können zu schreiben, wenn sie einmal angefangen hätte«, sagte ich. »Dadurch, daß sie Ihnen nichts geschrieben hat, hat sie Ihnen mehr gesagt, als sie je in Worten hätte können.«
      Er dachte darüber nach. »Haben Sie das Schild im Reisebüro gesehen?« flüsterte er dann. »Um einen Tag verschoben. Sie hätte noch einen Tag länger gelebt, hätte sie es gewußt!«
    »Nein.«
    »Sie wollte nicht mitkommen. Deshalb hat sie es getan!«
      Ich schüttelte den Kopf. »Sie konnte die Schmerzen nicht länger aushalten, Herr Schwarz«, sagte ich behutsam.
      »Das glaube ich nicht«, erwiderte er. »Warum hätte sie es sonst gerade am Tag vor der Reise getan? Oder dachte sie, man hätte sie als Kranke nicht nach Amerika hineingelassen?«
      »Warum wollen Sie einem sterbenden Menschen nicht überlassen, selbst zu bestimmen, wann er es nicht mehr ertragen kann?« erwiderte ich. »Es ist doch das Geringste, was wir tun können!«
    Er starrte mich an. »Sie hat bis zum Äußersten
    ausgehalten«, sagte ich. »Ihretwegen, sehen Sie das nicht? Nur Ihretwegen. Als sie Sie gerettet wußte, hat sie losgelassen.«
      »Und wenn ich nicht so blind gewesen wäre? Wenn ich nicht nach Amerika gewollt hätte?«
      »Herr Schwarz«, erwiderte ich. »Es hätte die Krankheit nicht aufgehalten.«
      Er bewegte seinen Kopf auf eine sonderbare Weise »Sie ist fort, und plötzlich ist es, als ob sie nie dagewesen wäre«, flüsterte er. »Ich habe sie angesehen, und da war keine Antwort. Was habe ich getan? Habe ich sie getötet, oder habe ich sie glücklich gemacht; Hat sie mich geliebt, oder war ich nur ein Stock, an dem sie ging, wenn es ihr paßte? Ich finde keine Antwort.«
    »Müssen Sie eine haben?«
      »Nein«, sagte er, plötzlich ruhig. »Verzeihen Sie Wahrscheinlich nicht.«
      »Es gibt keine. Es gibt nie eine andere als die, die Sie sich selbst geben.«
      »Ich habe es Ihnen erzählt, weil ich es wissen muß«, flüsterte er. »Was ist es gewesen? Ist es ein leeres, sinnloses Leben gewesen, das Leben eines nutzlosen Menschen, eines Hahnreis, eines Mörders -«
      »Das weiß ich nicht«, sagte ich. »Aber wenn Sie wollen, auch das eines Liebenden und, wenn Ihnen etwas daran liegt, das einer Art von Heiligen. Doch was sollen die Namen? Es war da. Ist das nicht genug?«
    »Es war da. Aber ist es noch da?«
    »Es ist da, solange Sie da sind.«
    »Nur wir halten es noch«, flüsterte Schwarz. »Sie und ich. Niemand sonst.« Er starrte mich an. »Vergessen Sie es nicht! Jemand muß es halten! Es soll nicht fort sein! Wir sind nur noch zwei. Bei mir ist es nicht sicher. Es soll nicht sterben. Es soll weiterleben. Bei Ihnen ist es sicher.«
      Mich überlief bei aller Skepsis ein sonderbares Gefühl. Was wollte der Mann? Wollte er mir mit seinem Paß auch seine Vergangenheit übergeben? Wollte er sich vielleicht doch das Leben nehmen?
      »Warum sollte es in Ihnen sterben?« fragte ich. »Sie werden doch weiterleben, Herr Schwarz.«
      »Ich werde mir nicht das Leben nehmen«, erwiderte Schwarz ruhig. »Nicht, seit ich den Lächler gesehen habe und weiß, daß er noch lebt. Aber mein Gedächtnis wird die Erinnerung zu zerstören versuchen. Es wird sie zerkauen, zerkleinern, fälschen, bis sie zum Überleben geeignet und nicht mehr gefährlich ist. Schon in einigen Wochen könnte ich Ihnen das nicht mehr erzählen, was ich Ihnen heute erzählt habe. Deshalb wollte ich, daß Sie mir zuhören! In Ihnen bleibt es unverfälscht, weil es für Sie nicht gefährlich ist. Und irgendwo soll es doch bleiben«, sagte er plötzlich trostlos. »In irgend jemand, so wie es war, wenigstens noch eine kleine Zeit.« Er zog zwei Pässe aus der Tasche und legte sie vor mich hin.
      »Hier ist auch der Paß Helens. Die Fahrscheine haben Sie ja schon. Jetzt haben Sie auch amerikanische Visa. Für zwei.« Er lächelte schattenhaft und schwieg.
      Ich starrte auf die Pässe. »Brauchen Sie den Ihren wirklich nicht mehr?« fragte ich mit großer Überwindung.
      »Sie können mir Ihren dafür geben«, sagte er. »Ich brauche nur einen für ein, zwei Tage. Für die Grenze.«
    Ich sah ihn an.
    »Bei der Fremdenlegion fragt man nicht nach Pässen. Sie wissen, daß man dort Emigranten nimmt. Und so lange es noch

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