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Die Nacht von Sinos

Die Nacht von Sinos

Titel: Die Nacht von Sinos Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Jack Higgins
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Wasser.
    Zweihunderttausend Pfund. Alles, was ich in acht langen Jahren mühsam aufgebaut hatte. Das war jetzt alles weg, und wofür? Ich besaß nichts mehr.
    Meine Hartnäckigkeit hatte mir nichts genützt. Wenigstens jetzt am Ende wollte ich mir selbst gegenüber ehrlich bleiben. Ich trat ans Heck und schaute zurück zum Land.
    Die drei Männer waren inzwischen auf dem Trockenen, aber sie stand immer noch bis an die Hüfte im silbrig schimmernden Wasser, hinter ihr der leuchtende Himmel. Ich hätte sie mit Händen greifen können, jedenfalls hatte ich diesen Eindruck, als ich dastand und sie allmählich im Dunkeln versank.
    5

    Nördlich von Kyros erwachte ich aus tiefem, traumlosem Schlaf, blieb in meiner Koje liegen und starrte zur Decke empor. Ich fragte mich, wer ich war. Dann plötzlich fiel mir alles wieder ein. Ich schwang gähnend die Beine über die Bettkante.
    In der Kabine war es sehr warm, obwohl die Klimaanlage auf vollen Touren lief. Als ich die Leiter hinauskletterte, schlug mir die Hitze wie eine Ohrfeige ins Gesicht. Ich holte tief Luft und trat hinaus.
    Es war ein Tag, für den man dem Himmel dankbar sein mußte. Weit und breit keine Wolke am strahlendblauen Himmel. Im Norden verschwammen die Zykladen in der flimmernden Hitze, weit, weit weg im Südwesten ragte die Landmasse von Kreta auf. Wir lagen bewegungslos in dem spiegelglatten, kupferfarbenen Wasser, das jede Einzelheit des Schiffes peinlich genau widerspiegelte.
    Morgan hatte sich im Heck eine Zeltplane aufgespannt und lag sanft schnarchend darunter. Ich rüttelte ihn wach, dann hievte ich an einer Leine einen Eimer Wasser an Bord, goß ihn mir über den Kopf und dachte über den Nachmittag nach.
    Wir hatten ein paar Dutzend Schwämme zum Trocknen aufgehängt. Sie machten keinen besonders guten Eindruck. Schwammtaucher sind eine aussterbende Gattung, nicht nur, weil die künstlichen Badeschwämme inzwischen den Markt erobert haben. Es gibt auch keinen Nachwuchs. Die jungen Leute hatten zu viele von den Alten an der Taucherkrankheit sterben sehen. Zu viele, die für den Rest ihres Lebens zu Krüppeln wurden. Aber für manche Männer ist das immer noch der Lebensinhalt. Und so gibt es viele Boote, die in der Ägäis und in den Gewässern vor der Südwestküste der Türkei arbeiten.
    Wenn man sich auskannte, konnte man von der Schwammtaucherei knapp leben. Ich betrieb sie nun seit drei Wochen von Kyros aus und hielt mich gerade so über Wasser. Nach dem Kauf von Verpflegung und Treibstoff blieb nicht sehr viel übrig.
    Morgan mußte sich mit Landwein zufriedengeben. Die alte Frau in der Taverne, wo er den Wein immer kaufte, schenkte ihm reichlich ein, und er war ganz glücklich darüber.
    Es war schon ein seltsames Dasein, eine Art Schwebezustand zwischen dem Ende des alten Lebens und dem Beginn eines neuen. Wir besaßen ein Boot, hatten genug zu essen, und die Sonne schien warm. Überraschenderweise hörten wir nichts von Yanni Kytros.
    Ihm gehörte die alte Taverne am Hafen von Kyros, die er für die Touristen aufgeputzt hatte. Sie sah aus wie eine Filmkulisse. Fischer und Schwammtaucher waren als Gäste gern gesehen, nach Möglichkeit unrasiert und mit einem Messer im Gürtel, um den sensationshungrigen Touristen etwas zu bieten, aber im Grunde genommen war alles nur eine Schau; die einheimischen Jungs wurden zu anständigem Benehmen vergattert und bekamen dafür ihren Wein sehr billig. Gelegentliche Raufereien würzten das ganze, aber Yanni achtete darauf, daß die Sache nie aus dem Rahmen fiel.
    Sein Verwalter in der Bar war ein dicker, liebenswürdiger Athener namens Alexias Papas, der die Gemütlichkeit liebte und dafür sorgte, daß sich nichts veränderte. Der Ortspolizist bekam von ihm praktisch freie Unterkunft und Verpflegung, wozu anscheinend auch das Stillen seines riesigen Durstes gehörte.
    Wie gesagt, ich hörte nichts von Kytros, aber vielleicht wollte mich auch Alexias nur abschieben. So gab ich bald die unnützen Nachfragen auf und konzentrierte mich darauf, meinen Lebensunterhalt zu verdienen.
    Am Vormittag hatten wir nicht viel Glück gehabt. Ich beschloß, es auf der Nordseite der winzigen Insel Hios zu versuchen. Ein alter Türke, ruiniert durch die Taucherkrankheit, hatte mir diese Stelle empfohlen, nachdem ich ihm bei Yanni zwei Gläser Wein spendiert hatte.
    Morgan stand gähnend auf und kratzte sich übers Gesicht, während ich mir das Tauchgerät auf den Rücken schnallte. »Hoffentlich geht's besser als heute

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