Die Nacht wird deinen Namen tragen (German Edition)
einmal ein Schiff oder ein Flugzeug gesichtet worden sei, machte sich Ernüchterung breit.
Pietro und Falco standen über eine Karte gebeugt, sie sahen kaum auf, als Stefano den Raum betrat. Hayden und einer der Monarchisten, Pitti, wenn sich Stefano richtig erinnerte, war bei ihnen.
„Es geht los, Simon!“ Pietro war um den Tisch herumgegangen, um ihm die Hand auf die Schulter zu legen. „Endlich!“ Er nahm seinen Arm und führte ihn zur Karte. „Unsere Einheiten stoßen von Nordosten an der Marmorbahn entlang bis Monte Sant’Angelo vor...“
„Dort sind Hunderte von Flüchtlingen“, wandte Stefano ein.
„Eben.“ Seine Hand wanderte über die Karte und beschrieb einen weiten Bogen. „Ganz nebenbei befreien wir die ganzen Bergarbeiterdörfer. Major Hayden und Pitti kommen von Süden“ - er nickte den beiden Männern zu - „so nehmen wir Massa in die Zange. Die 28. und 29. Matteotti bleiben hier“ - er tippte auf eine Stelle im Landesinnern - „und halten uns den Rücken frei.“
„Was ist mit Lewis?“
Pietro hob die Schultern. „Lewis ist zu weit weg. Er soll versuchen, sich oberhalb von La Spezia einzunisten, um den deutschen Rückzug zu stören.“
Stefano betrachtete schweigend die Karte.
„Was hältst du von unserem Plan?“
„Wenn die Amerikaner nicht kommen, sitzen wir in der Falle.“ Langsam schüttelte er den Kopf. „Dann können wir nur noch senkrecht den Berg hoch.“
Falco schlug auf den Tisch, dass der Aschenbecher hochsprang. Er fluchte laut und anhaltend in seinem für Simon unverständlichen Dialekt. „Immer findet ihr einen guten Grund, nichts zu tun.“ Sein Bart war gewachsen und ließ seine dunklen Augen noch finsterer erscheinen. „Ihr habt eine große Klappe“ - er pochte auf die Karte - „aber es ist nur die Tat, die zählt.“ Leiser fügte er hinzu: „Nur an ihr wird man euch eines Tages messen.“
Lewis hat Recht, durchfuhr es Stefano. Sie alle denken weiter. Nur wir leben von heute auf morgen, versuchen uns, von einem Tag zum anderen zu retten. Ruhig sagte er: „Es ist gar nicht so lange her, da waren wir es, die euch Untätigkeit vorgeworfen haben.“ Und dann lächelnd: „So ändern sich die Zeiten.“
„Ja, Simon, man muss wissen, wann es Zeit ist.“
Schweigend maßen sie sich mit Blicken. Dann sagte Pitti: „Wir haben uns zusammengerauft, und jetzt marschieren wir auch gemeinsam.“
„Wenn ihr eine Aufgabe für mich habt, werde ich sie übernehmen“, antwortete Stefano. Dann nickte er in die Runde, drehte sich um und ging hinaus.
Die Partisanen wurden wie Befreier gefeiert. In den Dörfern wurde gesungen und getanzt, als sei der Krieg schon zu Ende. Doch die Amerikaner landeten nicht. Sie landeten nicht am nächsten Tag und auch nicht am Tag danach. Stattdessen kamen am Morgen des dritten Tages die Deutschen.
Der Kampf dauerte bis zum Abend. Als am nächsten Morgen die gefangenen Widerstandskämpfer am Flussufer erschossen wurden, floss rotgefärbtes Wasser den Berg hinunter und ins Meer hinaus.
Unterstützt von einer Abteilung alpini kam die X. MAS Flottille über dem Berg und schnitt ihnen den Rückweg ab. Die Männer von der 28.und 29. Matteotti hatten ihnen wenig entgegenzusetzen. Starke Verbände der SS stießen unter schweren Verlusten von Massa her auf Monte Sant’Angelo vor und zwangen Hayden sich östlich in Richtung Altissimo zurückzuziehen. Um die Straße zum Dorf wurde erbittert gekämpft. Pitti fiel in den ersten Stunden. Ein Teil der Lunense konnte sich über die westlichen Bergdörfer absetzen, der Rest wurde rund um Monte Sant’Angelo eingeschlossen. Stefano und Vieri, die mit ihren Männern einen Felsüberhang vermint und gesprengt hatten und so die Zugangsstraße für mehrere Stunden blockierten, retteten sich auf die Berge. Als die letzten Patronen verschossen waren, ergaben sich die Überlebenden.
Zwei Tage später kam eine Ordonnanz in Maximilians Büro in Monteforte.
Der SS-Mann überbrachte ihm die Nachricht, Hauptsturmführer Engel wünsche sein sofortiges erscheinen.
Der Soldat wartete unbewegten Gesichts, bis Maximilian sich fertig gemacht hatte. In Begleitung einer Eskorte fuhren sie aus dem Städtchen hinaus. Zuerst ging es in südliche Richtung, dann bogen die Wagen in eine schmale Straße, die bergan führte. Obwohl Maximilian sicher war, sie schon einmal gefahren zu sein, brauchte er lange, bis die Erinnerung zurückkam.
„Wohin fahren wir?“ Der Fahrtwind pfiff in ihren Helmen, und der Mann neben
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