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Die Nacht zum Dreizehnten

Die Nacht zum Dreizehnten

Titel: Die Nacht zum Dreizehnten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Dr. Thomas Bruckner
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Schreck lachen, den sie bekommen hatte, als sie das Geräusch hörte. Sie schritt rascher aus. Vor ihr tauchte das rote Backsteingebäude der Chirurgischen Klinik auf.
    Einige Fenster waren erleuchtet. Ariane blieb stehen und blickte an der Fassade hoch. Welche Schicksale spielen sich wohl hinter diesen hellen Fensterscheiben ab? fragte sie sich. Vielleicht kämpft dort jemand um sein Leben, vielleicht ist jemand dort bereits gestorben. Die Schicksale in einer Klinik sind vielgestaltig …
    Sie mußte sich einen Ruck geben, um weiterzugehen. Am liebsten hätte sie sich auf eine Bank im Krankenhausgarten gesetzt. Aber der Dienst wartete auf sie.
    Die alte Schwester Angelika saß hinter dem Schreibtisch. Sie erhob sich, als Ariane eintrat. »Sie können doch nicht einfach davonlaufen, wenn eine Operation fertig ist!« Ihre Stimme klang zwar vorwurfsvoll, war aber nicht, wie Ariane erwartet hatte, böse.
    »Ich wußte es nicht. Ich bin schließlich –«, sie zögerte, »noch neu hier.«
    »Das ist doch an allen Kliniken dasselbe! Oder haben Sie an der Klinik, von der Sie kommen, keinen Nachtdienst zu machen brauchen?«
    Ariane Quenstadt wußte nicht, was sie auf diese Frage antworten sollte. Sie zuckte nur mit den Schultern.
    »Ich habe Ihnen eine Tasse Kaffee aufgebrüht. Ich bringe sie Ihnen nachher; jetzt wollen wir rasch zu dem Patienten gehen. Er hätte eigentlich auf die Intensivstation gemußt, aber die ist voll. Da haben wir ihn in einem Einzelzimmer untergebracht. Deshalb brauchen wir eben eine Schwester, die sich um ihn kümmert. Unsere Nachtschwester ist so ausgelastet, daß sie sich unmöglich um einen Schwerkranken, wie dieser Herr Streiber es ist, kümmern kann.«
    Die Tür zu dem Krankenzimmer, in dem der Verletzte lag, stand halb offen. Schwester Angelika stieß sie auf, trat mit Schwester Ariane ein und deutete auf einen Stuhl neben dem Bett.
    »Setzen Sie sich und passen Sie vor allem auf«, sie deutete auf den Irrigatorständer, an dem die Blutkonserve hing, »daß die Flasche nicht leer läuft. Wenn sie bis hier –«, sie zeigte auf eine Marke, die weit unten an der Flasche angebracht war, »durchgelaufen ist, dann schellen Sie! Dann bringt Ihnen die Nachtschwester eine neue Flasche.«
    Schwester Angelika trat an die andere Seite des Bettes. Sie faßte nach dem Puls des Patienten, angelte aus ihrem Schürzenausschnitt die an einer goldenen Kette hängende kleine Uhr heraus und zählte die Pulsschläge. Sie nickte zufrieden.
    »Ich glaube, Sie werden mit dem Patienten nicht viel Ärger haben. Er hat sich trotz der schweren Verletzungen außerordentlich rasch erholt. Aber – sicher ist sicher! Deswegen ist es schon besser, wir haben eine Schwester bei ihm.« Sie ging wieder zur Tür. »Ich hole Ihnen jetzt Ihren Kaffee, damit Sie den Rest der Nacht munter bleiben.«
    Schwester Angelika verließ das Krankenzimmer. Ariane setzte sich auf den Stuhl. Sie griff nun ihrerseits nach dem Puls und stellte fest, daß Schwester Angelika nicht übertrieben hatte. Verwundert betrachtete sie den Verletzten. Er muß eine Natur wie ein Pferd haben, fuhr es ihr durch den Kopf.
    Solche Zweihöhlenverletzungen sind im allgemeinen lebensgefährlich. Dieser Patient hier aber schien alles mit Leichtigkeit überstanden zu haben.
    Die Schwellung des Kopfes war auch ein wenig zurückgegangen. Man glaubte schon, die Konturen des Gesichts erkennen zu können. Schwester Ariane drückte mit der Hand auf die Wange. Es knisterte noch immer. Das Unterhautgewebe war noch mit Luft gefüllt.
    Sie hob die Decke hoch und prüfte die Kanüle, die dort unter einem Drahtkorb lag. Wenn er sie bis morgen früh behielt, dann war wohl jede Gefahr gebannt. Es entwich nur noch ganz selten Luft aus dem Fingerling, der die dicke Nadel nach außen hin verschloß.
    Schwester Angelika kam und trug ein Tablett in der Hand. »Ihr Kaffee! Ich habe ihn ziemlich stark gemacht. Ich hoffe, Sie vertragen einen guten Mokka.«
    Ariane Quenstadt lächelte sie dankbar an. »Das ist genau das, was ich mir im Augenblick gewünscht habe! Einen starken Kaffee. Ich bin ziemlich müde.«
    »Das verstehe ich. Die lange Reise, dann die Operation …« Schwester Angelika zog einen Bett-Tisch heran, stellte die Tasse darauf und goß sie aus der Kanne voll. »Ich habe Sie bewundert!« Die Augen der alten Schwester ruhten fast zärtlich auf Arianes Gesicht. »Wie Sie das Kommando übernommen haben, war einfach großartig! Und unsere Herren haben Ihnen gehorcht. Dr.

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